Wandeling met Sjoerd Karsten in Zwolle, stad van Joan Cele


Michael Schoengen (1898). Die Schule von Zwolle von ihren Anfängen bis zur Einführung der Reformation (1582). I. Von der den Anfängen bis zu dem Auftreten des Humanismus. Freiburg: Buchdruckerei und Buchhandlung des Werkes vom heiligen Paulus.

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Een beroerde tekst is beter dan helemaal geen tekst, maar de tekst waar bovenstaande link naar verwijst is in feite onbruikbaar. Ik heb een betere tekst proberen te maken, voor hoofdstuk II heb ik mijn best gedaan om de fouten en foutjes er allemaal uit te halen, ook wat de Latijnse citaten betreft. Voor de overige hoofdstukken is dat nog niet overal gebeurd.


VORWORT


Vorliegende Arbeit wurde angeregt durch 
den Kirchenhistoriker Prof. J. G. R. Acquoy in 
Leiden. Derselbe wies mich darauf hin, dass der 
Einfluss Gerhard de Grootes und der der Brüder 
des gemeinsamen Lebens auf das Schulwesen des 
ausgehenden Mittelalters noch nicht genügend 
erforscht sei, und dass durch die Bearbeitung neu 
aufgefundener Quellen das Leben und Wirken 
der Fraterherren in einem ganz anderen Lichte 
erscheinen würden als bisher. Bei der Sammlung 
des Materials erschien mir eine Darstellung des 
Einflusses der Brüder des gemeinsamen Lebens 
auf das Schulwesen im Allgemeinen als unmöglich, 
einmal weil von den im 15. und 16. Jahrhundert 
so bedeutenden und blühenden Schulen der Nieder- 
lande sehr wenig bekannt ist, ferner aber die 
Thätigkeit der Brüder des gemeinsamen Lebens 
an den verschiedenen Schulen verschieden war. 
Um den Einfluss der Brüder auf das Schulwesen

[p. vi en vii ontbreken in de scan. Aangevuld uit het boek zelf december 2012, b.w.]

— VI —

richtig zu würdigen, ist eine Bearbeiting jeder 
einzelnen Schule erforderlich.

Es lag nun auf der Hand, dass ich zuerst 
die Schule der Stadt Deventer ins Auge fasste. 
Aber bald kam ich zur erkenntnis, dass der
Haupteinfluss de Grootes auf das Schulwesen 
seiner Vaterstadt verhältnismässig gering war im 
Vergleiche zu dem Einflüsse, den er auf die
Schule der Nachbarstadt Zwolle ausgeübt hat.
Die Ursache hiervon liegt in dem Umstande, 
dass die Schule der Stadt Deventer einde Stifts- 
schule war, mithin unter dem Patronate der Stifts- h
herren stand, welche jede fremde Einmischung  
mit aller Strenge abzuweisen suchten, die Schule
von Zwolle aber, als Stadtschule, leichter dem
Einflusse de Grootes und seiner Gesinningsge- 
nossen zugänglich war. Diesen Einfluss de Grootes 
und seiner Anhänger auf das Schulwesen vion 
Zwolle bis zum Auftreten des Humanismus fest- 
zustellen, wird in vorliegender Arbeit versucht.

Das Material dieser Arbeit stammt zum 
grossen Teil aus folgenden Archiven und Biblio- 
theken:


A. Aus dem Archiv der Stadt Zwolle

1. Boek van Anneminge der Stadt Dieneren 
Ende verscheiden vicarien Collatien sampt etlicke 
andere verdragen, citiert Boek van Anneminge.


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2. Antiquum Registrum, cit. Ant. Reg.
3. Liber Sententiarum, cit. Lib. Sent.
4. Jahresrechnungen von 1401-1500, cit. J.R.
5. Monatsrechnungen von 1391-1500, cit. M.R.
6. Registrum bonorum domus Pauperum.


B. Aus dem Museum
van Oudheden der Genootschap van Overysselsch 
Recht en Geschiedenis in Zwolle

Aus der Sammlung J. N. J. Heerkens:
1. Nr. 25, enthaltend die Abschriften der
Chronik von Gerrit Holt — 1673, Auszüge aus
dem Boek van Anneminge, der Chronik von
Theodor Grevenbroeck u.a., cit. S. H., Nr. 25.

2. Nr. 75, Aanteekeningen omtrent de Mannen 
en Vrouwenkloosters te Zwolle, cit. S.H., Nr. 75.

3. Nr. 84, Clercken en Fraterhuis, cit. S.H., Nr. 84.

4. Nr. 45, Extracten uit de Cameraarsreke- 
ningen der stad Deventer (1340-1393), cit. Käm- 
merrechnung von Deventer.

5. Das Chartularium des Fraterhauses zu
Zwolle. Dasselbe ist eine Sammlung verschiedener 
Aktenstücke, welche besonders auf die Gründung 
des Fraterhauses under Konvikte der Frater- 
herren in Zwolle Bezug haben.

Diese Akten wurden sehr wahrscheinlich von


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dem Zwoller Altertumsforscher Dr. jur. J. N. J. 
Heerkens im Laufe dieses Jahrhunderts gesammelt 
und geordnet. Die Akten sind in 4o. Sehr viele 
Stücke sind nur Fragmente, welche der Sammler 
mit grosser Sorgfalt auf Papier geklebt hat. Nach 
dem Tode des Advokaten Heerkens kam das 
Sammelwerk in den Besitz seiner Schwester 
Fräulein J. Heerkens. Nach derem Tode ging 
dasselbe an die Gesellschaft von Overysselsch 
Recht en Geschiedenis über. 

Die hauptsächlichsten Aktenstücke sind her- 
ausgegeben im Archief voor de Geschiedenis van 
het Aartsbisdom van Utrecht, Utrecht 1875. 

6. Frensweger Handschrift. Dieselbe stammt 
aus dem Kloster Frenswegen. Das Original 
(150 Pergamentblätter in 8o, welches im Besitze 
des Predigers W. T. Visch in Wilsum (frühere 
Grafschaft Bentheim) war, konnte durch mich 
nicht ausfindig gemacht werden. Eine Abschrift 
über das Leben de Grootes und die Stiftung des 
Fraterhauses in Zwolle befand sich unter dem 
Nachlasse Heerkens und ist jetzt Eigentum der 
Genootschap voor Overysselsch Recht en Ge- 
schiedenis in Zwolle. Gemäss Begleitschreiben 
des Herrn Visch befindet sich dieser Bericht, 
welcher die überschrift “ Van het Clerkenhues 
toe Zwolle” trägt, auf Fol. 131-137. Die Frens- 
weger Handschrift war sehr wahrscheinlich eine 
übersetzung eines Sammelbandes, der jetzt in 


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der Burgundischen Bibliothek in Brüssel unter 
Nr. 8849-69 sich befindet. 

Letztere Handschrift in 12o enthält 281 Papier- 
blätter und war früher Eigentum der domus do- 
mini Florentii in Deventer (Fol. 246v und Fol. 281). 
Die erste Abhandlung ist eine Lebensbeschreibung 
de Grootes von Petrus Horn. Dann folgen Lebens- 
beschreibungen der ersten Brüder wie Johannes 
Brinckerinck, Evardus von Eza, Heinrich von 
Gouda, Diedrich van Herxen u. s. w. Sehr belang- 
reich für die Kenntnis der Zwoller Stiftung ist der 
Abschnitt “ de domo clericorum Sti Gregorii in 
Civitate Zwollensi auf Fol. 119r-122v. Bei näherer 
Untersuchung fanden wir, dass der Abschnitt der 
Frensweger Handschrift “ Van het Clerkenhues 
toe Zwolle ” eine wortgetreue übersetzung der 
Fol. 119r-122v der genannten Handschrift ist. 

Eine Beschreibung dieser H. S. befindet 
sich im Catalogue des manuscrits de la biblio- 
theque de Bourgogne (Bruxelles 1842) III, part 2,234 
sub Nr. 8854, 1747, 1748 : ferner bei Delprat : Ver- 
handeling over de Broederschap van G. Groote, 
II. Afl., S. 345. Acquoy : Het Klooster van Windes- 
heim I. Bd., S. 15 und Gerretsen : Florentius Rade- 
wyns, S. 44. Ausser einigen kleinen Auszügen bei 
den genannten Autoren ist nichts herausgegeben. 
Wir citieren den Codex : H. S. Nr. 8849-59. 


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C. Aus der königlichen Bibliothek in 
’sGravenhage. 

Handschrift X, 92 : Chronik des Fraterhauses 
in Zwolle. Der Codex besteht aus 65 unpaginierten 
Papierblättern in klein 4o Format. Ein Pergament- 
band dient demselben zum Schutze. Auf der äussern 
Seite desselben ist von einer diesem Jahrhunderte 
angehörigen Hand geschrieben : Patris Jacobi de 
Trajecto Narratio de Origine et Progressu Con- 
gregationis Religiosae Praes. Florentio in Zwollâ, 
et de Monte stae Agnetis propé Zwollam. Diese 
Aufschrift entspricht jedoch nicht dem Inhalte, 
da erstens Florentius Radewyns niemals Rektor 
im Zwoller Fraterhause war, und zweitens nur 
im Vorübergehen einige kleine Notizen über das 
Kloster des St. Agnietenberges darin enthalten 
sind. Eine genauere Inhaltsangabe der Hand- 
schrift finden wir aber gleich auf der ersten Seite 
in der überschrift : “ Incipit narratio de inchoa- 
tione Status nostri et deinde de fratribus hujus 
domus nostre autore domino Jacobi Trajecti alias 
Voecht seniore nostro LXXXario. Der Name des 
Verfassers der Chronik kommt in derselben öfters 
vor. Zuerst treffen wir denselben Fol. 32r. Der 
Abschnitt handelt über den Tod des zweiten 
Rektors des Zwoller Fraterhauses Diedrich van 
Herxen (21. März 1457). Bei dieser Gelegenheit 


— XI — 

zählt er die in Zwolle anwesenden Brüder nach 
dem Alter ihres Eintrittes auf und nennt sich an 
viertletzter Stelle. Voecht war damals noch nicht 
Geistlicher, da er allen uns bekannten Priestern 
des Fraterhauses den Ehrentitel dominus beigelegt, 
sich selbst aber unter die Laienbrüder oder 
Novizen aufführt. Hieraus dürfen wir schliessen, 
dass Voecht im Jahre 1457 noch im jugendlichen 
Alter stand. Fol. 50v nennt sich Voecht beim 
Tode des dritten Rektors des Zwoller Frater- 
hauses Albert von Galcar (4. Mai 1482) der 
siebent Älteste des Hauses und legt sich selbst 
den Titel dominus bei. Unter den damals An- 
wesenden nennt er auch den Pater Johann Koech- 
man mit der Hinzufügung : “ postea sextum patrem 
nostrum ”. Nachweislich wurde aber Koechman 
nicht vor dem Jahre 1500 Rektor des Zwoller 
Fraterhauses. Hieraus geht nun hervor, dass die 
Abfassung der Chronik nicht vor 1500 fallen kann. 
Nehmen wir nun an, dass Jacobus Voecht beim 
Tode Diedrichs van Herxen im Alter von 20-26 
Jahren stand, so würde er, da er Octogenarius 
genannt wird, zwischen 1612-20 gestorben sein. 
Ist nun der Codex X, 92 das Original oder 
eine Kopie ? Delprat neigt zur Annahme des 
Ersteren hin. Acquoy hält ihn für eine Kopie, 
denn, so sagt er : Es wäre doch auffallend, dass 
ein achzigjähriger Mann eine solch feste gleich- 
massige Hand zum Schreiben gehabt hätte, aber 

— XII — 

noch auffallender wäre es, dass der Rubrikator 
ihn am Anfange seiner eigenen Handschrift als 
“ senior noster Octogenarius ” bezeichnet hätte. 
Wir schliessen uns der Ansicht Acquoys aus 
folgendem Grunde an : Von Fol. 1 bis Fol. 65 ist 
die Chronik von ein und derselben gleichmässigen 
Hand geschrieben. Auf Fol. 65 befinden sich nur 
noch 3 Zeilen dieser schönen Schrift. Der Schreiber 
schliesst mit der Lebensbeschreibung des Frater- 
herrn Petrus von Dinslaken († 17.Sept.1487). Dann 
folgen 34 Zeilen eines Schreibers, der durch reine 
aber doch bedeutend undeutlichere Schrift von 
seinem Vorgänger unvorteilhaft absticht. Von der- 
selben Hand befinden sich zahlreiche, manchmal 
fast unleserliche Korrekturen teils im Texte selbst, 
teils auf dem Rande der Handschrift angebracht. 
In den oben erwähnten 34 Zeilen wird das Leben 
des Fraters Reyner de Trajecto († 4. Februar 1489) 
beschrieben. Am Anfange des Abschnittes steht 
auf dem äusseren Rande folgende Bemerkung : 
“ De Revnero fratre nostro sic scribit dominus 
Jacobo de Trajecto ”. Mithin war der Schreiber 
nicht der Verfasser, sondern nur der Abschreiber 
einer durch Jacob Voecht verfassten Vorlage. 
Überhaupt macht der Schluss den Eindruck als 
ob der ganze Codex nur eine unvollendete Ab- 
schrift der Vorlage sei. 

Der Codex X. 92 wurde zuerst von Delprat 
in Kist en Royaards “ Archief voor Kerkelyke 


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Geschiedenis ”, 1835, Bd. VI, S. 276-302 und in 
den beiden Ausgaben seiner “ Verhandeling over 
de Broederschap van G. Groote ” beschrieben. 
Eine übersetzung der ersten Auflage dieses 
Werkes wurde von Mohnike (Leipzig 1840) be- 
sorgt. Diese ungenügende Beschreibung der für 
die Schreiberthätigkeit und des wissenschaftHchen 
Lebens der Fraterherren höchst interessanten 
Handschrift, ergänzte Acquoy im Jahre 1879 in 
seiner Abhandlung : “ De Kroniek van het Frater- 
huis te Zwolle ” in den “ Verslagen en Mede- 
deelingen der Koninklyke Akademie van Weten- 
schappen, Afdeeling Letterkunde, 2 de Reeks, 
Deel IX, S. 4-42. Wir benützten einen Separat- 
abdruck, der 1879 in Amsterdam bei J. Müller 
erschien , und citierten Acquoy : de Kroniek. 
Bezüglich der Herausgabe einiger Bruchstücke 
dieser Handschrift verweisen wir auf die genannte 
Abhandlung Acquoys S. 5 f. 

Gedruckte Quellen und die einschlägige Li- 
teratur wird im Verlaufe der Arbeit namhaft 
gemacht. 

Zum Schlüsse statte ich allen denjenigen, 
welche mir bei den Untersuchungen und Aus- 
arbeitung dieser Arbeit behülflich waren, meinen 
verbindlichsten Dank ab. Vorab gebührt mein 
Dank den Herren Professoren Dr. Acquoy in 
Leiden, Dr. Jostes, Dr. Schnürer und P. Man- 
donnet in Freiburg, durch deren Hülfe diese 


— XIV — 

Arbeit mannigfache Förderung erfahren hat. Ich 
danke auch den Herren Archivaren Mrs Dr. Mulder 
und Dr. van Hasselt sowie dem Bibliothekar des 
Museums van Oudheden, Herrn Gymnasiallehrer 
N. A. Gramer in Zwolle, dem Herrn Dr. Byvank, 
Oberbibliothekar der Kgl. Bibliothek in Haag, 
den Vorständen der Burgundischen Bibliothek in 
Brüssel und der hiesigen Universitätsbibliothek, 
die durch ihr freundliches Entgegenkommen 
meine Aufgabe erleichtert haben. 

Freiburg, Schweiz, im Herbst 1897. 

M. SCH. 



INHALTSVERZEICHNIS

I. Kapitel. De Grootes Wirkungskreis in Deventer. Die Gründung des Stiftes Deventer. — Deventer Ausgangs- punkt für die Christianisierung der Franken und Sachsen 1-3 Erneuerung des kirchlichen Lebens durch Gerhard de Groote. — Seine hauptsächlichsten Lebensdaten. — De Grootes Be- kehrung. — Vorbereitung für das Predigtamt im Kloster Munnikhuizen 3-5 Lage des Klerus zur Zeit de Grootes. — Ihre Hauptfehler. — De Groote erkennt als Ursachen derselben Unwissenheit und mangelhafte Erziehung 5-7 De Grootes erste Bemühungen um die Schule von Deventer. — Der Magistrat von Deventer erhält Rechte auf die dortige Stiftsschule. — Inwieweit de Groote daran beteiligt war. — Erstes verbürgtes Eingreifen de Grootes in die Deventerschen Schulverhältnisse. — Der Rektor Wilhelm Vroede. — Miss- stände an der Stiftsschule. — Streitigkeiten Vroedes mit dem Stiftsscholaster. — De Groote stellt sich auf Seite Vroedes . 7-12: De Grootes Einfluss auf die Deventersche Schule unter Vroede. — Seine direkten Bemühungen um die Schüler 12-15 De Groote war weder Rektor noch Lehrer an der Deventerschen Stiftsschule. — Der briefliche Verkehr de Grootes mit Vroede 15-17 Florentius Radewyns. — Seine Verdienste um das Schulwesen. — Gründung der Bruderschaft des gemeinsamen Lebens. — Florentius war nicht Lehrer an der Deventerschen Stifts- schule. — Verdienste der Fraterherren um das Schulwesen. — Eröffnung ihrer Konvikte, seelsorgerische Thätigkeit 17-22 — XVI — Ihre Beziehungen zu de Groote. — Freundschaft ihres Stifters mit de Groote. — Dieser erkennt de Groote als seinen Meister an. — Ihre Thätigkeit ist dieselbe wie die de Grootes. — Unterstützung der Studierenden, Freundschaft mit den Rektoren 22-25 Fernere Bemühungen de Grootes mit den Schülern und Rek- toren der verschiedenen Schulen 26-27 II. Kapitel.

Die Stiftung der Schule von Zwolle.

Johann Cele und de Groote — Gründung der Brüderhäuser und deren Einfluss auf die Schule.

Die ersten Nachrichten über Zwolle. — Schenkung der Zwoller Kirche an das Stift Deventer. — Bestätigung dieser Schenkung durch verschiedene Bischöfe von Utrecht. — Entwickelung des Dorfes Zwolle zur Stadt. — Verleihung von Stadtrechten durch Bischof Willebrand von Oldenburg. — Aufnahme in die Hansa 27-30 Die ersten Nachrichten über die Schule von Zwolle. — Ver- hältnis derselben zum Stifte Deventer 30-32 Johann Cele, der erste bekannte Rektor von Zwolle. — Sein freundschaftliches Verhältnis zu de Groote. — De Groote hält Cele vom Eintritte in den Franziskanerorden ab. — De Groote unterstützt Celes Plan zur weiteren Ausbildung die Universität Prag zu besuchen. — De Groote sucht Stellver- treter für ihn. — Cele geht anstatt nach Prag nach Munnik- huizen. — De Grootes Streit mit dem Augustinermönche Bartholomäus von Kampen. — Cele soll Zeuge sein . . . 32-38 Celes Streit mit dem Stadtpfarrer von Zwolle. — De Grootes Dazwischenkunft. — De Grootes Zeugnis über Cele . . . 38-40 Das Fundament ihrer Freundschaft beruht in dem Bestreben die Kirche Christi neu zu beleben durch die Wissenschaft. — Reger Verkehr zwischen ihnen. — Regelmässiger Bücheraus- tausch 40-41 Die Verdienste der Fraterherren um die Wissenschaft. — Ihr Verhältnis zu Johann Cele. — Seine Bemühungen für die Fraterherren. — Verdienste der Fraterherren um die Zwoller Schule. — Sie waren weder die Gründer derselben, noch Rektoren und Lehrer in Zwolle 41-44 — XVII — In Zwolle war nur ein Fraterhaus im eigentlichen Sinne. — Die erste Gründung wurde durch de Groote selbst angeregt. — Heinrich Foppenzoon. — Die Bedeutung seines Konviktes. — De Groote gründet ein eigenes Haus in Zwolle. — Schwie- rigkeiten von Seiten der städtischen Regierung. — Häufiger Besitzwechsel desselben. — Ursache hiervon. — Johann Ummen 45-50 Gründung der domus divitum. — Meynold von Windesheim und Reyner von Dreynen die Hauptbeschützer der Frater- herren. — Das Kapitel von Deventer sanktioniert den Kon- trakt des Stadtpfarrers mit den Brüdern. — Stillschweigende Genehmigung der städtischen Behörde. — Ursache hiervon 50-52 Meynold von Windesheim errichtet in Zwolle ein Konvikt. — Erbittet sich von Florentius Radewyns einen Fraterherrn zur Leitung desselben. — Florentius schickt den Albert von Kalkar 52-54 Die domus pauperum und ihre Bedeutung für die Zwoller Schule. — Gründung derselben. — Die Verwaltung des Hauses. — Dotierung des Hauses durch die Bemühungen der Fraterherren. — Aufnahmebedingungen in die domus pauperum 54-57 Die domus parva. — Verwaltung und Bewohner derselben. — Gute Zucht und Ordnung 57-59 Bericht Buschs über das Schülerleben in Zwolle. — Die Chorales 59-62 III. Kapitel. Die innere Organisation der Schule unter Cele. Die Zwoller Schule war bei der übernahme des Rektorates eine Trivialschule. — An derselben war nur ein Lehrer thätig. — Dieser war zugleich Kantor der Pfarrkirche. — Der Unter- richt war nicht gratis. — Bestimmung des Schulgeldes durch die städtische Behörde. — Schulstunden 63-66 Grosser Zuzug auswärtiger Schüler. — änderungen Celes in der inneren Einrichtung der Schule. — Vermehrung des Lehrkörpers. — Achtklassisches System. — Methode [des gegenseitigen Unterrichts. — Primarii als Lektoren. — Unter- abteilungen der einzelnen Klassen (Dekurien oder Octurien) 66-70 Strenge Disciplin. — Celes pädagogischer Grundsatz. — Be- tonung einer sittlich-religiösen Erziehung. — Celes Beispiel. — XVIII — -- Strenge Beobachtung des Schulbesuches. — Bestrafung des Versäumens mit körperlicher Züchtigung. — Ausschluss der Vaganten 70-74 Stete Sichtung Celes unter seinen Schülern. — Cele trachtet in der Bestrafung möglichst gerecht zu sein. — Strenge Bestrafung von Vergehen gegen die Sittlichkeit und Massig- keit. — Cele bestraft selten eigenhändig. — Die Bestrafungen sind nicht barbarisch. — Der Hauptmoment seiner Erziehung legt er in die Geistes- und Herzensbildung seiner Schüler. — De Grootes hohe Meinung von Celes Erziehungskunst. — Unterstützung durch die Devoten und Fraterherren 74-77 Pflege des Gebetes und des Kirchenbesuches. — Jeder Lehr- gegenstand erhält unter Cele eine religiöse Färbung. — Die Macht der Persönlichkeit Celes 77-79 Besondere Pflege der Kandidaten für den geistlichen Stand. — Das Zeugnis Buschs. — Welche Klöster besonders von Zwolle Zuwachs erhielten. — Einfluss de Grootes auf Cele in der Erziehung der Ordenskanditaten 79-82 öles hohe Meinung von seinem Berufe. — Zeugnisse seiner Biographen. — Cele hütet sich vor übertriebenem Eifer. — Seine grosse Vorsicht bei der Berufswahl seiner Zöglinge. — Seine hohe Meinung vom Priesterstande. — Sucht seine Zöglinge mit dem Geiste der modernen Devotion zu beseelen 82-85 Celetrennt den Unterricht nicht von der Erziehung. — Unter- richt in den profanen und kirchlichen Wissenschaften. — Irrige Ansicht von Raumers. — Widerlegung derselben. — Unterrichtsfächer der niederen Klassen. — Pflege des Ge- sanges. — Cele als Reformator des Kirchengesanges. — Rechenunterricht 85-94 Unterrichtsfächer in den höheren Klassen. — Einführung der Fachlehrer. — Hinzuziehung des Quadriviums. — Welche Philosophie in Zwolle doziert wurde. — Cele war Anhänger der thomistischen Philosophie 94-97 Vernachlässigung des Studiums der Theologie im 14. Jahr- hundert. — De Grootes Studium vor seiner Bekehrung. — Seine Reaktion gegen die damalige wissenschaftliche Rich- tung nach seiner Bekehrung. — De Groote erzielt einen durchschlagenden Erfolg durch die Schule Celes 97-98 Einführung eines vertieften Studiums der heiligen Schrift und der Kirchenväter durch Gele. — Verbot des Stadtpfarrers. — Dazwischenkunft de Grootes. — Der Religionsunterricht wird an Sonn- und Feiertagen erteilt. — Die Schüler sind — XIX — verpflichtet den Text sich anzuschaffen. — Rapiarien. — De Grootes Studienplan. — Vergleich dieses Studienplanes mit demjenigen Celes 98-101 Die Dauer des Studiums in Zwolle. — Die Methode Celes. — Die lectio und disputatio. — Celes Methode unterscheidet sich von derjenigen, welche an den Universitäten gebraucht wurde, nicht. — Vorteile dieser Methode 101-106 Rückblick auf die Organisation der Schule. — Charakteristische Unterschiede der Zwoller Schule 106-108 IV. Kapitel. Die Zwoller Schule von dem Tode Celes bis zu den Anfängen des Humanismus. Höchste Blüte der Schule beim Tode Celes. — Verhängnisvolle politische und soziale Lage dieser Zeit. — Celes Nachfolger. — Livinus von Middelburg. — Sein Verhältnis zu den Fraterherren . — Sein Bruder Nicolaus von Middelburg Lehrer an der Schule 109-112 Das Utrechter Schisma. — Verbannung der Fraterherren und des Schulrektors aus Zwolle. — übersiedelung nach Does- burg. — Gründung des dortigen Fraterhauses. — Die ehe- maligen Schüler Zwolles folgen ihrem Rektor nach Doesburg. — Blühende Schule daselbst 112-115 Verfall der Zwoller Schule zur Zeit des Schismas. — Bemüh- ungen der städtischen Regierung um dem übel abzuhelfen. — Ernennung des Rektors Kerstken. — Sein Gehalt. — Ein gewisser Hermann wird Kantor. — Sie bleiben im Amte bis Ostern 1427. — Ihr Nachfolger ist Meister Jacob de Hollander. — Dieser bleibt bis 1429. — Rektor Jacob von Kampen. — Heinrich von Herxen Schüler und Lehrer in Zwolle . . . 115-119 Johann van Dalen Rektor seit 1432. — Sein Gehalt und Be- dingung der Behörde. — Aufschwung der Schule nach Be- endigung des Schismas. — Rückkehr der Fraterherren. — Blüte des Reichen Fraterhauses unter Diedrich von Herxen. — Dessen übersetzungen in die Volkssprache. — Die Schreiberthätigkeit der Brüder 119-121 Zuzug ausländischer Studierender nach Zwolle. — Unsicher- heit der Wege. — Die Stadt Zwolle stellt allen fremden — XX — Studierenden einen Freibrief aus. — Verwilderung der Stu- dierenden. — Der Utrechter Bischof Rudolf von Cuilenburg erteilt dem Zwoller Rektor auf dessen Bitte grössere Macht- vollkommenheiten 121-123 Johann Wessel Gansfort Schüler und Lehrer in Zwolle. — Sein Lehrer. — Aufenthalt in der domus minor. — Sein erbau- liches Leben. — Der Humanismus 123-127

I. Kapitel.

De Grootes Wirkungskreis in Deventer.

Zu einer vollständigen Würdigung und zum richtigen Verständnisse des Zwoller Schulwesens ist es notwendig, dass wir zuerst einen Blick werfen auf die Stadt Deventer und das dortige Stift der regulierten Chorherren. Deventer, die frühere Hauptstadt der jetzigen Provinz Overyssel, war zur Zeit Karls des Grossen nächst Utrecht einer der Hauptausgangspunkte der christlichen Glaubensboten. Der hl. Abt Gregor (702-775), Verweser der Diözese Utrecht, schickte den hl. Marcolin und den hl. Lebuin1 an die Yssel, um von da aus in den angrenzenden Gebieten der Franken, Sachsen und Friesen die Glaubenslehre zu ver- kündigen. Während der hl. Marcolin sich nur vorüber- gehend in Deventer aufhielt, nahm der hl. Lebuin daselbst seinen ständigen Aufenthalt. In dem gegenüber liegenden Dorfe Wilp errichtete er eine Kapelle und baute, nachdem die Zahl der Christen in Deventer grösser geworden war, daselbst eine Kirche zu Ehren der hl. Jungfrau. Als die Kirche im Jahre 772 durch die Sachsen zerstört wurde, säumte er nicht mit dem Wiederaufbaue und blieb bis zu seinem Tode in seiner neugegründeten Gemeinde thätig. Der Nachfolger des heiligen Gregor, Bischof Alberik von
1 über die Thätigkeit des hl. Lebuin in Deventer, siehe J. Ph. Ver Loren : Lebuinus en zyne Stichting te Deventer gedurende den eersten tyd van haar bestaan. Zwolle 1885. — 2 — Utrecht beauftragte den hl. Liudger mit dem Neubau der im Jahre 782 abermals durch die Sachsen zerstörten Kirche und liess sie in honorem B. Mariae Virginis et Sti Lebuini weihen. Deventer wurde hierdurch die Hauptstation für die Missionierung der Gebiete der Veluve und Sallands. Die Missionäre waren, wie alle ihre Vorgänger, regulierte Chorherren des Stiftes St. Salvator in Utrecht. Sehr wahr- scheinlich befanden sich schon damals immer mehrere Geistliche in Deventer, welche später nach der im Jahre 816 zu Aachen revidierten Regel des hl. Chrodegang von Metz ein gemeinschaftliches Leben führten 1. Ein regeres geist- liches Leben entwickelte sich in Deventer um das Jahr 900, als der hl. Radboud, dem die räuberischen Normannen den Aufenthalt in Utrecht unmöglich machten, seinen bischöflichen Sitz und das Kapitel hierhin verlegte, bis ruhigere Zeiten eintraten. Nach seinem Tode wurde er in Deventer begraben, und sein Grab war, wie das des heiligen Marcolin und das des hl. Lebuin, während des ganzen Mittelalters eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte 2 1. Die erste Nachricht über das Stift Deventer (Coenobium) gibt uns der dritte Bischof von Münster, Altfridus (839-849) in seiner Lebensbeschreibung des hl. Liudger : herausgegeben von W. Diekamp: Die vitae des hl. Liudger, Münster 1881, S. 20. Nachdem er die Wieder- herstellung der Kirche in Deventer durch Lebuinus erzählt hat, fügt er hinzu : “ Ubi etiam nunc est coenobium Canonicorum Domino famu- lantium ”. Ferner wird bei der Translatio S. Alexandri (M. G. SS., II, S. 673), welche im Jahre 851 stattfand, eine wunderbare Heilung eines Mannes, der blind und taubstumm geboren war und “ in monasterio quod dicitur Daventre ” um Christus willen verpflegt wurde, erwähnt. Vgl. ferner M. G. SS. VI, S. 759. Vita Bernardi, der um 897 Propst des Deventerschen Stiftes werden sollte. Desgleichen die Schenkungsurkunde des Bischofes Bernold vom Jahre 1040 in der er die Kirche von Zwolle “ fratribus Daventriensis coenobii ” als Eigentum überlässt (siehe S. 27). Vgl. Ver Loren : Lebuinus, S. 201-220. 2. W. Moll : Kerkgeschiedenis van Nederland voor de Hervorming, Arnhem 1864, II deel, IV stuk, S. 31. — 3 — War nun Deventer die Stätte, von wo der Samen des Christentums über die nördliche Hälfte des Bistums Utrecht ausgestreut wurde, so gebührt ihm auch der Ruhm einen Mann hervorgebracht zu haben, der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts als ein neuer Apostel von dort auszog, um in den Zeiten sittlichen Verfalles den Ernst christlichen Lebens mit apostolischem Eifer und Freimute seinen Glaubensgenossen einzuschärfen. Dieser neue Apostel war Gerhard de Groote 1. Gerhard de Groote 2 wurde geboren im Monat Oktober des Jahres 1340 zu Deventer. Der schwächliche aber sehr talentvolle Knabe besuchte die Stiftsschule seiner Vater- stadt und zog im Alter von i5 Jahren zur Universitä Paris, wo er mit 18 Jahren die Würde des magister artium erwarb. Nachdem er dort noch einige Jahre sich dem Studium der Theologie gewidmet hatte, wurde er von seinem Vater nach Deventer zurückberufen. Hier war er wegen seiner Gelehrsamkeit und besonders durch seine Kunst im Disputieren und Unterrichte bald der Gegenstand
1. Bezüglich der Schreibweise G. de Groote, anstatt G. Groote, stützen wir uns auf die bei J. G. R. Acquoy : Het Klooster van Windes- heim en zyn Invloed, U|recht 1875, I, S. 18, Anm. I angegebenen Beweise. In der bei Dumbar : Het Kerkelyk en Wereltlyk Deventer, De- venter 1732, I, S, 70-153 aufgeführten Liste der Schöffen und Ratsherren der Stadt Deventer, kommt dieser Familiename vorherrschend in der Form Groete, jedoch auch in der Form de Groete vor. 2. Zu der bei Acquoy : Het Klooster van Windesheim, Bd. I, S. 15 Note 3 angegebenen Litteratur fügen wir hinzu : Wilhelm Preger : Beiträge zur Geschichte der religiösen Bewegung in den Niederlanden, München 1894. — Bonnet Mauret : De opera Scholastica Fratrum vitae Communis in Nederlandia, Paris 1889. — L. Leitsmann : überblick über die Geschichte und Darstellung der pädagogischen Wirksamkeit der Brüder des gemeinsamen Lebens, Leipzig 1886. — G. Moebius : Beiträge zur Charakteristik der Brüder des gemeinsamen Lebens, Leipzig 1887. — Karl Grube : Gerhard Groot und seine Stiftungen, Köln 1883. — 4 — allgemeiner Bewunderung. Jedoch die kleine Stadt konnte den ehrgeizigen Jüngling nicht lange fesseln, die junge aber schon berühmte Universität Prag war für ihn ein zu grosser Reiz, als dass er hätte widerstehen können. Um das Jahr 1360 lag er in Prag dem Studium der Philo- sophie ob. Im Jahre 1366 finden wir ihn, wahrscheinlich als Geschäftsträger seiner Vaterstadt, am päpstlichen Hofe von Avignon. In den folgenden Jahren war die alte Bischofsstadt Köln der Schauplatz seiner öffentlichen Vor- träge und Disputationen mit gelehrten Männern, aber auch zugleich der seines weltlichen Sinnes und Treibens. Weniger aus innerem Berufe, als vielmehr wegen der glänzenden Aussichten auf Ruhm und Ansehen, wählte er den geistlichen Stand, und es währte nicht lange bis er zwei einträgliche Canonicatspfründen, eine an der Stiftskirche zu Utrecht, die andere an der Münsterkirche zu Aachen erlangt hatte. Ausser seinen bedeutenden persönlichen Besitzungen hatte er ein jährliches Ein- kommen von 200 Pfund, welches er grösstenteils seiner ärgerniserregenden Prunksucht opferte. Auch bediente er sich seiner Talente und Kenntnisse nur um bewundert zu werden. Da warf ihn eine schwere Krankheit auf das Krankenlager, und im Angesichte des Todes trat bei ihm eine vollständige Sinnesänderung ein 1. Seine Bekehrung wurde bestärkt und vollendet im Jahre 1374, zu Utrecht, durch den Umgang mit seinem früheren Studienfreunde,, dem frommen und gelehrten Karthäuserprior Heinrich Aeger von Calcar 2. De Groote war ein anderer Mensch
1. Siehe de Grootes Anspielungen auf sein früheres Leben in J. G. R. Acquoy : Gerhardi magni Epistolae XIV, Amsterdam 1857, S. 89. 2. über Heinrich von Calcar und seinen Einfluss auf de Groote vgl. Acquoy: Het Klooster I, S. 21-23. — J. Mooren: Nachrichten über Thomas a Kempis, Crefeld 1855, S. 41. — 5 — geworden. Was er früher gesucht, verachtete er jetzt, was ihm sonst unentbehrlich war, warf er von sich oder benützte es zu guten Zwecken. Im September des Jahres 1874 vermachte er sein väterliches Haus zum Besten armer alter Leute und behielt sich für seinen eigenen Gebrauch nur zwei Zimmer vor. Auch verzichtete er zur gleichen Zeit auf sein Utrechter Kanonikat. Armlich gekleidet und tief in sich gekehrt, erschien der einst so gefeierte Mann in den Strassen seiner Vaterstadt, und manche betrachteten ihn kopfschüttelnd wie einen, dem die geistige Thätigkeit den Verstand geschwächt habe. Die Bekehrung Gerhards war gleichbedeutend mit der vollständigen Abwendung von der profanen Wissen- schaft. Auf öffentlichem Platze in Deventer liess er die Schriften über Magie und Astrologie verbrennen. Seine Zeit war fortan dem Studium der Selbsterkenntnis und der heiligen Schrift gewidmet. Seit Mitte 1874 1 lebte er, abgesehen von einigen kleinen Reisen, fünf Jahre lang in völliger Zurückgezogenheit : die ersten 2 ½ Jahre brachte er in der Regel zu Deventer, die andere Hälfte in dem Karthäuserkloster Munnikhuizen bei Arnheim als Gast zu. Seine Zurückgezogenheit sollte aber nur eine Vorberei- tung sein für eine grossartige reformatorische Thätigkeit auf sittlichem Gebiete. Zu solcher Wirksamkeit bot ihm seine Umgebung Veranlassung in Hülle und Fülle. Die Geistlichen der Diözese Utrecht 2 waren im allge-
1. Die chronologische Berechnung des Lebens de Grootes, der wir uns anschliessen, wurde zuerst von Acquoy : Het Klooster I, S. 22, Anm. 5, festgestellt. 2. J. Mooren : Nachrichten, S. 37. — G. Delprat : Verhandeiing over de Broederschap van G. Groot en over den Invloed der Fraterhuizen 2. Afl. Arnhem 1856, S. 13 ff. — Acquoy : Het Klooster, S. 7 u. 10 f. — Grube : Gerhard Groot, S. 1-9. — 6 — meinen mit denselben Fehlern und Gebrechen behaftet^ wie die übrigen in diesem Zeitalter 1 Die Hauptsünden des höheren und niederen Weltklerus waren Geldsucht^ Unmässigkeit und Konkubinat 2. Die meisten Klöster der Niederlande kannten weder Zucht noch Ordnung, nur die Karthäuser 3 machten durch strenge Befolgung ihrer Ordensregel eine rühmliche Ausnahme. Es ist selbstver- ständlich, dass unter der Spreu noch manch gutes Samen- korn sich befand, und ganz besonders verdient der grössere Studieneifer, welcher bei der höheren Geistlichkeit sich bemerkbar machte, hervorgehoben zu werden 4. Unter diesen Umständen und Verhältnissen war de Groote, der selbst durch und durch ein Kind seiner Zeit war, herangewachsen und kannte somit die Schäden auf
1. D. Hefele : über die Lage des Clerus, besonders der Pfarrgeistlich- keit im Mittelalter. Tübinger Theol. Quartalschrift 1868, S. 86-119. 2. De Groote : Sermo de focaristis oder Sermo de focariis im Archief voor Kerkelyke Geschiedenis inzonderheid van Nederland verz. door N. C. Kist en H. J. Royaards. Leyden. Tl. I, S. 365-379; Tl. II S. 307-395. — Ferner : Archief, Tl. III, Beilage Nr. 2, par. 5 und Tl. XII, S. 278. — Vergl. auch de Grootes Brief an Heinrich Klingebiel. Chron. Wind. S. 82. 3. W. Moll : Kerkgeschiedenis, II deel, II stuk, S. 119, 120, 121, 265 f. 377 f. 393, 400. — Aquoy : Het Klooster I. 9, II. 277, 334, 335, Anm. I. III. 238. — Acquoy, I. c, I. 22, Anm. I vermutet selbst, dass die sittlich religiöse Reform des 14. und 1 5. Jahrhunderts, welche man der Windes- heimer Kongregation zuschreibt, hauptsächlich von den Karthäusern ausgegangen ist. — H.S. X. 92, der königlichen Bibliothek in's Gra- venhage fol. I. “ Sed et in tota Almania paucissima reperiebantur monasteria bone vite nisi Carthusiensium que ceteris paribus melius perstiterunt in bona observantia ”. -- Die Art und Weise, wie de Groote die Reform der Klöster wollte, zeigt sein Brief an den Abt des friesischen Cistercienserklosters Klarenkamp. Siehe de Ram : Comte rendu des séances de la Commission royale d'histoire, Bruxelles 1861, S. 95-103. 4. F. Paulsen : Geschichte des gelehrten Unterrichts, II. Afl., Leipzig 1896. I. Hlbbd., S. 27. — 7 — sozialem und kirchlichem Gebiete aus eigener Anschauung und Erfahrung. Mit dem ihm eigenen Scharfblicke sah er, dass die Ursache des unsittlichen Lebens bei dem Klerus grossenteils in Unwissenheit und mangelhafter Erziehung wurzelte, und musste als praktischer Mann sich bald bewusst werden, dass seine reformatorische Thätigkeit auf kirchlichem Gebiete niemals Früchte zeitigen werde, wenn er nicht die studierende Jugend, die Aussaat für den heran- zubildenden Klerus, für seine Sache gewänne. Naturgemäss musste er der Schule seine besondere Aufmerksamkeit zuwenden, und in seiner Thätigkeit auf dem Gebiete der Erziehung sollte er sich jetzt die grössten Verdienste erwerben 1. Bald nach der Bekehrung de Grootes bemerken wir einen Umschwung in den Schulverhältnissen von Deventer 2. Bisher hatte der dortige Stiftsscholaster, dessen Pflicht es war für die Schule zu sorgen 3, allein den Rektor eingesetzt. In dem Jahre 1875 4 tritt
1. K. Hirsche : Die Brüder des gemeinsamen Lebens, in der Real- Encyclopädie für Protest. Theologie und Kirche von Herzog und Plitt. II. Afl., Leipzig 1878, II. Bd., S. 858. — Preger : Beiträge, S. 9. 2. über die Deventersche Schule zur Zeit de Grootes siehe Thomas a Kempis : Vita Fiorentii. — Vita Gerhard Magni, Cap. IX. — Busch : Chron. 28, 60, 71, 112, 253, 333. — Geretsen : Florentius Radewyns, S. 56. 3. über die Pflichten und Rechte des Scholasters an Kathedral- und Stiftsschulen siehe Paul Hinschius : System des kath. Kirchenrechts, Berlin, II. Bd., S. 63, 70, 100 f., III. 498. — A. Specht : Geschichte des Unterrichtswesens in Deutschland, Stuttgart i885, S. 182 ff. 251 f. 4. Kämmererrechnung der Stadt Deventer vom Jahre 1375. “ Item des donredaghes daerna bi Johan Pamont ende Wolter Borre mit heren Bernent scolaster ende heren Lubbert van Rysen daer sie mede bedingden van den scolemeyster alse van den regimente van der scolen. Citiert in Bydragen tot de geschiedenis van Overyssel ”. Bd. VI, S. 193. — Johann Pamont und Wolter Borre waren Mitglieder der städtischen Regierung und zwar Joh. Pamont seit dem Jahre 1354 und Wolter Borre seit 1372. Dumbar : K. en W. Deventer I, S. 71 f. — 8 — hierin eine änderung ein ; wir erfahren nämlich, dass der Scholaster zusammen mit dem geistlichen Herrn Lubbert von Rysen 1 und zwei Ratsherren der Stadt Deventer eine Vereinbarung trifft über den Schulmeister und das Schulregiment. Seit der Zeit finden wir fortlaufend Nachweise darüber, dass die Stadt Deventer bei der Ernennung und später auch bei der Besoldung des Schul- meisters beteiligt war. Es ist dieses eine Erscheinung, die wir in den südlichen Niederlanden schon vorher 2, in den nord-östlichen Niederlanden aber hier zum ersten Male treffen. Sollte nicht de Groote, der sich zu jener Zeit in Deventer befand, bei dieser Beteiligung der Stadt an der Leitung der Schule mitgewirkt haben ? Die Annahme liegt nahe, einmal weil er aus den städtischen Regierungskreisen hervorgegangen 3 und das Vertrauen derselben im hohen Masse besass, wie die Geschäftsangelegenheit beweist, mit der er im Jahre i366 4 in städtischen Angelegenheiten nach Avignon betraut wurde. Sodann sehen wir bald darauf,
1. Lubbert von Rysen war ein Sohn einer Deventerschen Regierungs- familie (Johann von Rysen und Andreas von Rysen waren iSyS noch Mitglieder des Magistrates, Dumbar, 1. c, S. 72). Er fungierte in Deventer als Vikar des Altares B. Margaretae der Stiftskirche. Dumbar, 1. c. 379, 405, 419. — Dumbar, 1. c. 379. Necrologium Capituli : “ Obiit IX, kl. Februarii Hylarii Papae et Martyris dominus Lubbertus de Rysen, vicarius altaris beatae Margaretae, de cujus anno gratiae provenerunt in memoriis XVII lit. et dantur per Capitulum omnibus XVII Sol. ” 2. Fried. Gramer : Geschichte der Erziehung und des Unterrichts in den Niederlanden während des Mittelalters, Stralsund 1843, S. 248 ff. 3. Seinen Vater, Werner Groete, finden wir bei Dumbar, K. en W. Deventer I, S. 71, bis zum Jahre i35o als Magistratsmitglied der Stadt angegeben. Vergl. Über dessen Austritt aus dem Regierungskollegium Busch : Liber de Reform. S. 703. Zu derselben Zeit war ein Johann Groete oder de Groote Mitglied der Regierung, als welches wir wiederum in den Jahren 1371-78 ihn auch verzeichnet finden. Dumbar 1. c, S. 72 f. 4. Acquoy : Het Klooster I, S. 21. — 9 — dass die unter der Mitwirkung der Stadt ernannten Rek- toren der Stiftsschule mit de Groote und seinen Gesin- nungsgenossen aufs innigste befreundet sind und seine reformatorischen Bestrebungen im allgemeinen und beson- ders auf dem Gebiete der Schule völlig teilen 1. Deutlich tritt uns de Grootes Interesse an der Schule seiner Heimatstadt zum ersten Male entgegen im Jahre iSyS, bei der Ernennung des Rektors Wilhelm Vroede aus Utrecht 2. Ein in der Stellung des Scholasters begründeter Missstand an der Deventerschen Stiftsschule war es, der de Grootes besonderen Unwillen erregte. Der Scholaster nämlich sah, wie fast alle seine Amtsgenossen, in seiner Stellung gegenüber der Schule nicht mehr eine mit ernsten Pflichten verbundene Obliegenheit, sondern eine Einnahmequelle. De Groote äussert sich entrüstet über diese Handlungsweise in folgenden Worten 3 : “ Der Scholaster handelt in diesem Falle schamlos, da er Jahr aus Jahr ein Früchte ohne Arbeit in Empfang nimmt, lebt ohne zu arbeiten. Er glaubt, dass das Scholasteramt eine Einnahmequelle sei, wohingegen es eine Last ist ”. Veranlassung zu dieser scharfen Kritik bot sich de Groote kurze Zeit nach der Anstellung des oben genannten Wilhelm Vroede. Vroede, der im Jahre i3j3 4 in Prag zum magister artium promovierte, war Geistlicher und im Jahre 1878 in Qsnabrück 5 sehr wahrscheinlich an der Kapitelschule
1. Siehe S. 16 und 24. 2. Vergl. Delprat, De Broederschap, S. 36. 3. Epist. XII, bei Preger : Beiträge S. 39. 4. Liber decanor. facult. phil. universit. Pragensis, Prag 183o, S. 164. 5. Kämmererrechnung von Deventer, vom Jahre 1378 : “ Item (op dingsdag na st. Jan die was zondag) Herman mitten enen oge die tot — 10 — thätig. Als die Rektoratsstelle an der Stiftsschule in Deventer vakant wurde, bewarb auch er sich um diese Stellung, und da er ein tüchtiger und befähigter Mann war, hatte er die beste Aussicht. Er wurde von dem Magistrate von Deventer ersucht sich persönlich vorzustellen, was er auch that 1 Doch konnte er sich nicht sogleich zu der Annahme der Stelle entschliessen, weil die Bedingungen, die daran geknüpft waren, den Satzungen und strengen Verboten der Kirche widersprachen 2. Denn nur gegen eine gewisse jährliche Abgabe an den Stiftsscholaster sollte er das Amt erhalten : und trotzdem war er gezwungen, vor dem versammelten Kapitel unter Handauflegung auf das Evangelium zu schwören “ dass weder er selbst noch ein anderer mit seinem Vorwissen etwas für die übernahme der Schule gegeben habe, noch geben werde, und dass, wenn jemand es für ihn versprochen oder den Preis entrichtet habe, er sich nie daran kehren werde 2 ”.
üsenbroek ghelopen was an meysier Willam die Vroede, alse van onser scolen te Deventer die hi regieren solde XXXII S. I. — Item die tot Osen- broek ghelopen was an meyster Willam Vroden mit enen breve, den Johannes ter Hürnen hem screef, alse bi onsen scepen ghehiete alse van der scolen te Deventer, dat hi bi onse scepen comen soelde XVI S. ” 1. Vgl. Anm. 2. — FCämmererrechnung von 1878 : “ Item up des hillighen Cruys avont exaltatio bi Wolter Borren, Johan Sconevrent, Werner Backer en Aernt Upperhesst mit meyster Willam Vroede die die scole verwaeren soelde, daer sie bi ghesat weren mede te spreken, ter maeltyd verteerd achter up onse stad hus XXVI S. III d. ” 2. III. lateranisches Concil. Decret Alexanders III., 11 März 11 79: “ Pro licentia vero docendi nullus omnino pretium exigat, vel sub obtentu alicujus consuetudinis ab eis, qui docent, aliquid querat, nee docere quemquam, qui sit idoneus petita licentia interdicat. ” Mansi. Collect. Cons. t. XXII, 117. — Denifle : Chart. Univ. Par. I, 10. 3. Dumbar, K. en W. Deventer I, S. 3o6. Eid des Rektors der Stiftsschule in Deventer : “ Ego N. Rector juro ad haec sancta Dei Evangelia, qu3e manu mea corporaliter tango, quod ab hac hora in antea ero fidelis huic Ecclesiae Daventriensi et obediens ero Decano, et — 11 — In seiner Ratlosigkeit und Gewissensangst wandte sich Vroede an de Groote, der sich um diese Zeit im Kloster Munnikhuizen befand. Sehr wahrscheinlich sprach Vroede auf seiner Rückreise von Deventer nach Osnabrück persön- lich im Kloster vor, wo ihn de Groote zur Annahme des Rektorates bewog, nachdem er ihn an der Hand des kanonischen Rechtes und der Kanonisten seine Zweifel gelöst hatte. Vroede blieb in seiner Stellung als Rektor der Stiftsschule, aber nur bis zum Jahre i38i 1, Aus dem schon erwähnten 2 Briefe de Grootes an Vroede aus dem Jahre i38i ersehen wir, dass der Rektor noch immer in seinem Gewissen beunruhigt wurde wegen der übernahme der Schule gegen eine jährliche Abgabe,3 und dass er vor dem Aufgeben seiner Stellung von dem Scholaster unter Hinweis auf die Ungesetzlichkeit des
reverentiam et honorem Proeposito et ipsi Decano ac hujus Ecclesia. Canonicis et eorum Majoribus in omnibus exhibeo : nisi Deo me vocante ad majora. Consuetudines, statuta et observantias hujus Ecclesiae observabo, nee ullas contentiones^, rixas aut conspirationes adversus Ecclesiam, Decanum, Canonicos aut quemquam Sociorum meorum de gremio hujus Ecclesiae suscitabo vel assumam, vel susci- tanti aut assumanti assistam, sed resistam pro posse : nee uUum negotium elaustrale a Decano et Capitulo praisentis Ecclesiae transferam ad Episeopum, Archiepiscopum, seu eorum Officiales, seu etiam ad dominum Papam,' nisi in omnibus praedictis, coram meo Decano et Capitulo in loco eapitulari proponendis, ab eisdem michi fuerit justitia denegata : secretaque Capituli in quantum michi innotuerint, secrete tenebo, eaque nimini revelabo. Et quod pro regimine hujus scholce^ nichil dedi vel dabo, nee aliquis pro me, sive sciente, sive consentiente : et st quis protnisit vel dedit nequaquam solvam. ” 1. Kämmererreehnung von Deventer i38i. “ Item des dinxdaeges daerna bi Herbert von Rectem mit meyster Johan Lubberts, die nye scolemeyster soelde wesen, daer sie bi ghesat wen mede te spreken van onser stad weghen, die die Scolaster mede was, en anders van onsen scepen een deel. XXX S. 2. Siehe S. 9, Anm. 3. — 12 — Anslellungs- Vertrages die Zurückerstattung seiner jähr- lichen Abgabe verlangt hatte. De Groote unterstützt ihn in seiner Forderung unter Hinweis auf das Dekret Gregors IX. und die Interpretation der Kanonisten Innocentius IV., Heinrich de Segusio (Hostiensis) und Joh. Andrea. Auch erörtert de Groote nochmals die Frage, ob Vroede recht gethan habe, das Rektorat gegen das Versprechen einer Geldleistung anzunehmen, und sucht Vroedes Gewissen zu beruhigen, indem er die vielum- strittene Rechts- und Gewissensfrage durch kurzes Zu- sammenfassen der Ansichten der mittelalterlichen Kano- nisten zu gunsten Vroedes löst 1, Unter dem Rektorate Vroedes 1 (iSyS — Ostern i38i) sehen wir, wie de Groote in engere, sehr bemerkenswerte Beziehungen zu den Schülern der Deventerschen Stiftsschule tritt. Nachdem er im Herbste des Jahres iSyg 1 das Kloster Munnikhuizen verlassen hatte, kehrte er nach Deventer zurück, um seine öffentliche Predigtthätigkeit 1 zu beginnen, und dadurch diejenige religiös-sittliche Reformbewegung hervorzurufen, welche unter dem Namen der “ modernen Devotion ” bekannt ist. Gründlich wollte de Groote sich auf seine Predigt-
1. Vergl. Commentaria Innocentii IV, Pont. Max. super libros V decretalium, Frankfurt a. M. iSyo. Titulus V, Caput II, fol. 505, de Simonia. — Ferner : B. Antonini, Archiepiscopi Fiorentini, ordinis Praedicatorum : Summae sacrae Theologiae II. Pars, Venedig 1682, fol. 18, Nota 8'. — Summa Sti Raymundi de Peniafort, ord. Praedicator, de Poenitentia et Matrimonio cum glossis Joannis de Friburgo, Rom. i5o3, S. 3o f. 2. über die Blüte der Stiftsschule unter Vroede siehe Busch, Chron. Wind. S. 28. 3. Acquoy : Het Klooster I, S. 23 Anmerkung. 4. Siehe hierüber Acquoy : Het Klooster I, S. 3y f., 47 f. — Grube : O. Groot, S. 21 f., 29 ff. — 13 — thätigkeit vorbereiten. Er sammelte dafür mit einem wahren Bienenfleisse Abhandlungen über das kanonische Recht, Schriften der Kirchenväter und Werke religiösen Inhaltes 1. Hierzu bedurfte er aber genauer Texte und zuver- lässiger Abschreiber. Um in den Besitz fehlerfreier Exem- plare zu gelangen, scheute er weder Mühe, Zeit noch Geld, wie uns die zahlreichen Briefe 1, die er zu diesem Zwecke schrieb, beweisen. An den Universitäten, in den Klöstern und Schulen des In- und Auslandes besorgten vertraute Männer für ihn genaue Abschriften der vorhandenen Werke, oder kauften in seinem Auftrage schon geschriebene Bücher. Konnte er aber die Bücher leihweise bekommen, so liess er 1 gemäss dem Zeugnisse seines berühmten Biographen, des Thomas von Kempen, unter seiner eigenen Leitung und überwachung Abschriften durch fortgeschrittene Schüler herstellen, die er dann durch gute Gespräche an sich zu ziehen suchte. “ Wenn er ihnen ”, so erzählt Thomas 1, “ den Lohn ausbezahlte, lud er sie zu sich ein bei ihm häufig das Wort Gottes hören zu kommen. Alsdann ermahnte er sie zur Keuschheit und Besserung des Lebens, damit sie der ewi- gen Glückseligkeit teilhaftig würden. Auch redete er ihnen zu, durch die Lossagung von dem weltlichen Leben der modernen Devotion 1 beizutreten. Damit sie nun häufiger zu ihm hinkommen sollten, um den verdienten Lohn in Empfang zu nehmen und bei dieser Gelegenheit Gefallen an seinem vertraulichen Umgange finden sollten, gebrauchte
1. Vgl. Acquoy : Het Klooster I, 19 f. 43. Grube : G. Groot, S. 25 ff. — Hirsche, Herzogs Real. Encycl. II, S. 681 f. 2. Epist. ad Ruisbroec. Tüb. Quart. 1870, S. 283. — Epist. ad magistrum Vroede. Tüb. Quart. 1870, S. 285. 3. Vita Ger. Magni, Gap. IX, par. 2. — Vergl. hierzu Busch : Chron. Wind., S. 28, 253 f. 4. Thomas von Kempen nennt sie 1. c. : “ Sancte novitatis forma ”. — 14 — er die fromme List, dass er ihnen den Schreibelohn nie ganz, sondern nur teilweise ausbezahlte. Sie hörten desto williger auf die Lehren ihres Meisters, je mehr sie die grösseren Wohlthaten der Frömmigkeit in ihm erkannten. Eifrig strebte er nun darnach einige von diesen Schreibern Christo zuzuführen, was ihm auch mit Gottes Hülfe bald gelang ”. Aus dieser Nachricht des Thomas von Kempen geht nun hervor, dass de Groote, indem er auf die Vermehrung seiner Bibliothek bedacht war, gleichzeitig den doppelten Zweck im Auge hatte, religiös-sittlich auf die Abschreiber einzuwirken und ihnen zugleich den nötigen Lebensunter- halt zu verschaffen. Er war somit ihr Freund im wahrsten Sinne des Wortes. Man wird aber nicht verkennen, dass de Groote durch diese Heranziehung der Jugend noch andere pädagogische Zwecke verfolgte. Wie wir aus seinen Briefen und besonders aus der Stiftungsurkunde der Ge- nossenschaft der Schwestern des gemeinsamen Lebens wissen, war er ein eingefleischter Feind des Müssigganges und der Bettelei 1. Beide standen aber teils wegen der Zuchtlosigkeit, welche an den Schulen herrschte, teils auch infolge der damaligen Anschauungen in hoher Blüte. Indem er nun um gutes Geld durch die Schüler Bücher abschreiben Hess und sie dadurch vor dringender No]t schützte, gewöhnte er sie zugleich an eine geordnete Lebensweise und gab ihnen zudem Gelegenheit sich in einem für die damalige Zeit sichern Erwerbszweig für ihr späteres Leben auszubilden. Auch wurden die Studierenden durch das Abschreiben der Bücher mit dem Inhalte derselben vertraut, und sie erwei- terten dadurch zugleich ihren geistigen Gesichtskreis. Ferner musste der nähere Umgang mit einem gelehrten
1. Epist. LVII, an Rector Gele. Preger : Beiträge S. 32. — 15 — und gebildeten Manne, wie de Groote, veredelnd auf ihren Charakter einwirken, was dann wiederum bei der geringen Schülerzahl der ganzen Schule zu Gute kam 1. Aus der Nachricht des Thomas von Kempen ist aber keineswegs zu folgern, dass de Groote in Deventer eine neue Schule, die nach seinen Principien geleitet wurde, gegründet habe 2. Denn um verbessernd auf die studierende
1. Der Bericht des Thomas erweckt die Vermutung, dass de Groote die obenerwähnten Bemühungen mit den Studierenden erst begonnen hätte, nachdem ihm das Predigen durch bischöfliches Verbot vom Jahre 1384 untersagt worden war. (Vergl. Vita Gfer. Magni, Gap. IX, par. 2.) Abgesehen davon, dass Thomas in chronologischen Bestimmungen nicht ganz zuverlässig ist (vergl. S. 24, Anm. 4), haben wir auch direkte Beweise dafür, dass die besprochene Thätigkeit de Grootes gleich in den Anfang seiner öffentlichen Wirksamkeit fällt. Für diese Annahme spricht sein Brief an den Rektor Vroede aus dem Jahre i38i (siehe Tüb. Quart. 1870, S. 290 fF.). Derselbe enthält Empfehlungen für mehrere frühere Schüler der Deventerschen Schule, welche nach Prag zur Universität zogen. Einen weiteren Beweis finden wir in der weiter unten zu besprechenden Sendung des Heinrich Foppenzoon nach Zwolle. Endlich wird unsere Annahme gestützt durch den Bericht des Johann Busch über die Entstehung der Brüder des gemeinsamen Lebens. (Chron. Wind., S. 253 f.) 2. Diese Annahme stammt neuerdings von Delprat : De Broederschap, S. 32 her. Er motiviert seine Ansicht wie folgt : “ Der Unterricht war im Mittelalter nur Vermögenden zugänglich. Desshalb machte de Groote es sich zur Aufgabe, Lehrer der weniger Begüterten, sowohl der Jünglinge als der Erwachsenen zu sein. Eröffnete ihnen sein Haus und unterhielt sich mit ihnen über ihre wissenschaftlichen Arbeiten . . . ” Abgesehen davon, dass gemäss den kirchlichen Verordnungen im Mittelalter Reichen sowohl wie Armen der Unterricht gratis erteilt werden sollte (siehe Decret Alexand. III. vom 11. März 1179, S. 10, Anm. 2), und später an den Stadtschulen für die armen Schüler durch die mittelalterliche Charitas hinlänglich gesorgt war (vergl. Kriegk : Deutsches Bürgertum, IL Bd., S. 102 f.), stimmt diese Ansicht absolut nicht mit der damaligen Geistesrichtung de Grootes überein, da er, aller profanen Wissenschaft abhold, seine ganze Zeit dem Studium der heiligen Schriften widmete. Dazu kommt noch, dass die Kapitelherren, in deren Händen das Monopol der licentia docendi lag, wohl schwerlich die Erlaubnis zur — 16 — Jugend einzuwirken, bedurfte es durchaus keiner Neu- gründung einer Schule, sondern nur einer Neubelebung des Bestehenden. Auch wissen die zeitgenössischen Quellen nichts von einer Amtsthätigkeit de Grootes als Lehrer oder sogar als Rektor der Deventerschen Stiftsschule 1. Aber trotzdem bleibt der Einfluss, den de Groote auch nach seinem öffentlichen Auftreten, wenn auch nur indirekt, auf die innere Organisation der Schule von Deventer aus- geübt hat, gross genug. Hier kommt an erster Stelle de Grootes persönliche Freundschaft mit dem Rektor der Schule in Betracht. Diese ist von desto grösserer Wichtig- keit, als bei der inneren Einrichtung der mittelalterlichen Schule dem persönlichen Ermessen der Rektoren bedeutend mehr anheimgestellt war als heutzutage. Abgesehen von einigen allgemeinen Vorschriften über den Kirchenbesuch, den Chorgesang, Regelung der Unterrichtsstunden, war die innere Organisation dem Rektor völlig frei gelassen 1.
Gründung einer neuen Schule gegeben hätten. (Vergl. S. 32, Anm. 2.) Auf die Behauptung Cramers : (Geschichte der Erziehung in den Niederlanden, S. 262) de Groote sei nach seiner Predigtthätigkeit vielleicht durch den vertrauten Umgang mit dem Zwoller Rektor Joh. Cele zum Lehramte bewogen worden brauchen wir hier nicht näher einzugehen, wir verweisen auf das 2. Kapitel dieser Abhandlung. Der Ansicht Delprats schliessen sich ferner an : Alberdingk Theim in dem Artikel “ Fraterherrn ” in Wetzer und Weite's Kirchenlexicon II', 1924. — Bonnet Maury : De opera Scholastica, S. 5o. — C. Krieg : Lehrbuch der Pädagogik, Paderborn iSgS, S. 36i. 1. Hermanni Hamelmanni opera genealogico-historica de Westphalia et Saxonia inferiori, herausg. von E. C. Wasserbach, Lemgo 171 1, S. 321. — “ Cum Thomas de Kempis post suum praeceptorem primo Florentium Rodiginum, deinde M. Gerhardum Magnum aliosque eorum collegas suscepisset curam scholae Daventriensis . . . ecce in ea erant discipuli Rodolphus Agricula, etc. ” Siehe hierzu die scharfsinnige Widerlegung Hirsches, Real. Ency. Bd. II, S. 700. 2. Vergl. hierüber Kriegk : Deutsches Bürgertum im Mittelalter, Bd. II, S. 78 f. Pachtler : — Stimmen aus Maria Laach, Bd. XVI, S. 376. — 17 — Es liegt deshalb auf der Hand, dass jemand, der, wie de Groote, Interesse an der Schule hatte und den Lehrer für seine Ansichten gewann, einen weitgehenden Einflluss ausüben konnte. Den näheren Verkehr de Grootes mit dem Deventer- schen Schulrektor Vroede haben wir schon kennen gelernt. Aus den noch vorhandenen Briefen 1 welche er in ver- schiedenen Angelegenheiten an diesen richtete, leuchtet nicht nur de Grootes Hochachtung, sondern auch seine besondere Freundschaft für ihn hervor. Vroede war, wie wir in der Abhandlung über Cele ersehen werden, gleich diesem ganz von den Ansichten des Deventerschen Refor- mators beseelt und in allen Angelegenheiten sein treu ergebener Anhänger. So verstand es sich von selbst, dass er auf dem Gebiete der Schule de Grootes Grundsätze über die religiös-sittliche Erziehung in Anwendung brachte. In noch viel höherem Masse als Vroede ist für die Pläne de Grootes das Werkzeug zur Besserung der Schule Florentius' Radewyns (f 1400) gewesen, der Stifter der Brüder des gemeinsamen Lebens. Freilich können wir denen nicht beistimmen, welche der Ansicht sind, dass Florentius der Nachfolger Vroedes an der Stiftsschule von Deventer gewesen sei 2. Denn einer-
” Epist. XII, bei Preger, S. 38. — Epist. XI, Tübinger Quartal- schrift 1870, S. 285. — Epist. XI 11. Ibidem, S. 290. — Acquoy, Gerhardi Magni Epistolae, Epist. XIV, S. loi. 1. Hammelmann, Opera genealogica S. 32 1, bringt zuerst diese Nachricht, indem er Florentius Rektor der Stiftsschule und Lehrer des Thomas von Kempen nennt. Dumbar, K. und W. D. I, S. 3o6, nimmt als Nachfolger Vroedes einen gewissen Florentius Rodiginus. — Da nun Florentius auch bei Hammelmann unter diesem Namen vorkommt, so nimmt Delprat, S. 3i, mit Sicherheit das Rektorat des Florentius Radewyns an. Ferner ist für diese Annahme Acquoy, Het Klooster I, S. 44, Anm. 7, unter Berufung auf Arent toe Boecop, welcher — 18 — seits wissen wir aus den Stadtrechnungen, dass Vroede bis Ostern i38i in seiner Stellung verblieb, anderseits kennen wir auch aus derselben Quelle seinen Nachfolger, der unmittelbar nach ihm sein Amt antrat. Am Dienstage nach dem Sonntage “ Invocavit ” (5. März) i38i unter- handelten nämlich die Bevollmächtigten der Stadtregie- rung und der Stiftsscholaster mit dem Magister Johann Lubberts, der die Stelle annahm 1 und das Rektorat bis zum Jahre i385 verwaltete 2. Es ist also ausgeschlossen, dass Florentius in der Zeit von 1878-1 385 Rektor an der Stiftsschule gewesen ist. Die einzige Möglichkeit wäre die, dass er an einer zweiten Schule 3, welche in Deventer neben der Stiftsschule bestand, als Rektor fungiert hätte. Dieses könnte aber unmöglich vor dem Jahre i38i stattge- funden haben. Denn im Jahre 1875 4 kam Florentius als Studierender nach Prag und wurde am 24. Januar 1878 5
in seiner Chronik (hgg. Utrecht 1860), S. 412, Radewyns “ rectoer van dye schölle bynnen Deventer ” nennt. Vergl. auch Gramer : Geschichte der Erziehung, S. 268 und Bonnet Maury, S. 45 und 5i. Gegen diese Annahme ist Hirsche : Herzogs Real. Encyclopädie, S. 686, 700 und 703 ; Leitsmann : überblick, S. 10 und neuerdings G. Gerretsen : Florentius Radewyns, S. 69 f. 1. Kämmererrechnung i38i “ Item des dinxdaeges daerna bi Herbert van Rectem, Wolter Borre en Johannes ter Humen mit meyster Johan Lubberts, die nye scolenmeyster soelde wesen daer sie bi ghesat wen mede te spreken van onser stad weghen, die Scolaster mede was en anders van onsen scepen een deel XXX S. — Magister Johann Lubberts kommt in dem Necrologium des Stiftes Deventer (Dumbar : K. und W. Deventer I, S. 892) als Kanonikus vor. 2. Kämmererrechnung von i385. 3. Kämmererrechnung von 1379. * hem meyster Willam Vroede onsen nyen scolemeyster, daer hi die scole mede lozede van meyster Stolde XV vrancrix Schilden maken XLVI Pfd. X. S. ” 4. Monumenta historica universitatis Pragensis, Tom. L i83o, S. 166. 5. Ibidem, S. 180. — 19 — zum Lizentiatenexamen zugelassen. Hiernach kehrte er, nachdem er Kanonikus von Utrecht geworden war, nach Gorichem zurück und kam erst im Jahre i38o 1 nach Deventer, als de Grootes erfolgreiche Predigerthätigkeit schon begonnen hatte. Nun melden uns aber die Stadt- rechnungen des Jahres 1879, dass Vroede auch die andere Schule verwaltete 2. Ob sein Nachfolger das Rektorat dieser zweiten Schule ebenfalls erhielt, ist zweifelhaft, in den Stadtrechnungen wird wenigstens nichts davon berichtet. Es wäre demnach die Möglichkeit nicht ausge- schlossen, dass Florentius eine Zeitlang dieser Schule als Rektor vorgestanden hätte. Wie dem nun auch sei, sicher ist, dass Florentius ganz im Geiste de Grootes seine Kräfte der Erziehung und Unterstützung der studierenden Jugend gewidmet hat. Den sichersten Beweis hiefür haben wir in seiner Stif- tung der Brüder des gemeinsamen Lebens, deren geistiger Vater wiederum Gerhard de Groote war. Die Brüder des gemeinsamen Lebens, auch Fraterherren, “ fratres scholares und fratres collationarii ” genannt 3, führten ohne eigentliches Gelübde, unter der Leitung eines Oberen, den sie Rektor nannten, in frei- williger Armut ein gemeinschaftliches Leben und sorgten
1. Gerretsen : Florentius Radewyns, S. 5o. 2. Confer. S. 18, Anm. 3. 3. Ausserdem hiessen sie nach ihren Schutzheiligen : Hieronymianer, Michaelisbrüder, Martinsbrüder, Brüder der zwölf Aposteln. Sie selbst nannten sich gerne Brüder des guten Willens, “ Fratres bonae voluntis” “ Fratres devoti ” oder “ devoti clerici ”. Ihre erfolgreiche Thätigkeit in den Schreibstuben verschaffte ihnen den Namen “ Fratres de penna ”. Ferner wurden sie nach ihrer Kopfbedeckung Gogelherren “ Fratres cucuUati ” genannt. Die Bezeichnung secta Gerardinorum, Begharden oder Lollarden wurde nur von ihren Gegnern angewandt. — 20 — durch Handarbeit, insbesondere durch Bücherabschreiben 1 für ihren Lebensunterhalt. Wie jede religiöse Genossen- schaft, sahen sie ihren Zweck zunächst in der eigenen Heiligung. Daneben aber waren sie aufs eifrigste für das Seelenheil Anderer besorgt und widmeten sich mit auf- opfernder Liebe ganz besonders der studierenden Jugend. Ausserhalb der Schulstunden beschäftigten sie die Schüler und hielten sie so von sündhaften Zerstreuungen und 1 Müssiggang ab. In den ersten Jahren ihres Bestehens, als sie selbst noch keine geeigneten Häuser besassen, waren sie hauptsächlich bemüht, arme und hülfsbedürftige Stu- dierende bei gottesfürchtigen Privatleuten unterzubringen 1. Bald jedoch errichteten sie zu diesem Zwecke Konvikte, in welchen unter ihrer Leitung arme und reiche Schüler Kost und Wohnung fanden. Mit der Sorge um das leib- liche Wohl verbanden sie, besonders da es galt einen besseren Klerus heranzuziehen, ein ernstes Bemühen um eine tiefere religiöse Erziehung der Studenten, welche durch gutes Beispiel, Ermahnungen und Strafen, aber besonders durch den Umgang mit den Devoten erworben und gepflegt wurde 1. Aber auch die wissenschaftliche
1. Siehe Anmerk. 3. Vergl. K. Burdach : Vom Mittelalter bis zur Reformation, Halle 1893, S. 10 und 129. — W. Watten bach : Das Schriftwesen im Mittelalter, 3. Afl. Leipzig 1896, S. 453, 464 und 590. — Acquoy : Het Klooster I, S. 44, 221. II, 194, 195, 229. — Acquoy : De Kronick, S. 18 ff. 2. Thomas a Kempis Opera (ed. Sommalius), p. 771 ; Dumbar : Anal. I, p. 23-25. 3. Wilhelm Vornken (f 6. Juli i455), der 1398 in das Kloster Windes- heim eintrat, und 1426 Prior desselben wurde, gibt über Florentius und seine Genossen folgendes Urteil ab : “ Hie dominus Florencius cum socijs suis, viris utique illuminatis, quorum nomina et gesta habentur, non par- vum lucrum animarum, Domino acquisivit maxime in clericos scolares, quorum postmodum industria monasteria diversorum ordinum non paucavel fulcimentavel reformaciones, Domino operante,acquisiverunt . . . — 21 — Bildung wurde von ihnen nicht ausser Acht gelassen, da sie in den Städten, wo sie Alumnate besassen, Repetitoren anstellten 1. Das Hauptmoment der erzieherischen Thätig- keit der Brüder und auch wohl ihr grösstes Verdienst um das Schulwesen im allgemeinen liegt darin, dass sie durch die Eröffnung der Konvikte die Schüler an eine Stätte fesselten und durch strenge überwachung an ein geregeltes Leben und Studium gewöhnten. Ihr Auftreten war ein Kampf und eine Reaktion gegen den Hauptübel- stand an den damaligen Schulen, das sittenlose und müssige Vagantentum 1. Wie sehr die Einrichtung den Zeitverhältnissen ent-
Vidil dominus quod esset bonum, nimirum quod non sit Deo sacrificium ^ccepcius utique quam zelus animarum, misit eciam ad opus simile in alias civitates, precipue ubi scole multorum frequentancium erant, sicut in Zwollis, Doesborch, Herderwyc et similibus, viros devotos et literatos, ad instar priorum in communi viventes ac libris scribendis necessaria sibi conquirentes. Quorum Studium permaximum erat irahere clencos scolares ad Christum, tractosque et conversos ad diversa monasteria et congregaciones Domino servituros destinare. ” Epistoia de prima instituiione monasterii in Windesem, | VIII und IX, hgg. von Acquoy : Het Klooster III, 235-255. — Der bekannte nieder- ländische Franziskaner Johannes Brugmann und der Utrechter Bischof Friedrich von Baden lobten die Brüder, weil sie solch vortreffliche Mönche bildeten. Vorstman im Nederl. Archief, Bd. VII, S. i35. 1. In der Streitfrage, ob die Fraterherren Schulen unter ihrer eigenen Leitung hatten, können wir Hirsche : Real. Encycl. S. 75 1, Acquoy : de Kroniek, S. 33 und anderen nicht beipflichten, wenn sie diese Thatsache bestreiten. Es steht fest, dass die Brüder in Herzogen- busch, Lüttich und Utrecht eigene Schulen besassen. Unsere Unter- suchungen über diesen Punkt gedenken wir in einer besonderen Abhandlung niederzulegen. 2. über die fahrenden Schüler vergl. Specht : Geschichte des Unterrichtswesens, S. 197 fl". und die dort angegebene Litteratur. Ferner G. Grupp : Kulturgeschichte des Mittelalters, II. Bd. Stutt- gart 1895, S. 324 ff. — Spiegel ; Die Vaganten und ihre Orden. Prgr. Speier 1892. — 22 — sprach, zeigt sich durch ihre schnelle Ausbreitung 1 über das ganze nordwestliche Europa, wo sie an fast allen nennenswerteren Schulen ein oder mehrere, manchmal bis fünf dieser Konvikte errichteten 1. Um den Zusammenhang zwischen dieser neuen Ein- richtung und den Bestrebungen de Grootes nachzuweisen,, würde es genügen das charakteristische der neuen Institu- tion dem oben gekennzeichneten Verkehre de Grootes mit den Deventerschen Scholaren gegenüber zu stellen. Wer könnte bestreiten, dass das, was de Groote mit den Schülern bezweckte, nicht auf dasselbe hinauskommt, als das, was die Brüder des gemeinsamen Lebens zu erreichen sich vor- setzten ? — Das Ziel ist das gleiche : die Besserung und sittliche Hebung der Scholaren ; die Mittel sind dieselben : Sorge für das leibliche Wohl und die damit verbundenen frommen Ermahnungen, welche von den Brüdern für die Gesamtheit in Form einer kurzen Predigt, Kollation 1.
1. Neue Häuser entstanden : iSgS in Amersfort, 1401 in Münster;. 141 7 in Köln, 1420 in Wesel, 1425 in Herzogenbusch, 1425 in Doesburg, und Gouda, 1428 in Lüttich, 1429 in Gent, 1433 in Löwen, u. s. w. 2. Siehe Kapitel : Die Institute der Fraterherren in Zwolle. 3. In dem Fraterhause zu Zwolle fanden die Kollationen zweimal am Tage statt, nämlich zur Mittagszeit und am Abend. H. S. X. 92, fol. 25 r. “ Hora duo decima et de sero. ” In den Erziehungshäusern der Brüder hingegen scheinen dieselben nur am Abend gehalten worden zu sein. Die Entstehung dieser geistlichen Vorträge in den Niederlandea datiert sehr wahrscheinlich seit der Gründung der Genossenschaft der Fraterherren. G. de Groote hatte sie an der Universität Paris kennen gelernt. Auch dort wurden sie nur abends gehalten und zwar musste der Vortragende, welcher am Morgen die Predigt gehalten hatte, denselben Text noch einmal behandeln wie am Morgen, aber in gedrängter Form. Denifle : Chartularium. Tom. II, p. 692, Nr. 14 und 17. An der Universität Paris wurden diese Kollationen zuerst von dem zweiten Dominikanergeneral Jordanus Saxonicus eingeführt. Scriptores- Ordinis Praedicatorum, Paris 1719. Tom. I, S. 97. “ Ipse (J. de Saxonia) est etiam qui induxit consuetudinem de faciendis collationibus ”. — 23 — genannt, gegeben wurden. Der Unterschied ist nur der, dass das, was früher de Groote als Einzelner erstrebte, jetzt durch eine eigene, zu dem Zwecke gegründete Genossen- schaft geschah. Aber wir sind ja auch in der Lage, die intimen Beziehungen zwischen dem Stifter der neuen Ge- nossenschaft und de Groote näher festzustellen. Sobald wir Florentius in Deventer bemerken, sehen wir ihn in den engsten Beziehungen zu de Groote 1. Florentius, der nach Deventer gekommen war, um de Grootes Predigt zu hören, wurde durch dessen Worte tief ergriffen. Nach der Predigt sucht er de Groote auf, ein langes Gespräch zwischen beiden Männern entspinnt sich, die Folge davon ist, dass Florentius der Welt entsagt und für die Ideen de Grootes völlig eingenommen ist. Florentius vertauscht sein Kano- nikat von Utrecht gegen die Vikarie des hl. Paulus an der Stiftskirche von Deventer und von nun an war er Gerhards ergebenster Schüler und unzertrennlicher Genosse. Wiewohl die beiden Männer durch Charakter und Geistesanlagen sehr verschieden waren, so ergänzten sie sich doch gegen- seitig in vortrefflichster Weise. Groote war der unter- nehmende, mit weitem Blick begabte Mann, der neue Ziele aufsteckte, Florentius hingegen der stille unermüdliche Ordner, der mit aller Ergebenheit und Liebe auch die kleinsten Details der grossartigen Pläne seines Meisters ausführte. Darum war er auch wie kein anderer zum Führer und Beschützer der jungen Scholaren und Kleriker geeignet 2. Ihnen widmete er seine ganze liebevolle Sorge, für sie stand sein Haus offen 3, für sie war ihm keine Mühe und kein Opfer zu gross. Wo seine eigenen Mittel nicht
1. Gerretsen : Florentius Radewyns, S. 49 fF. 2. Siehe S. 20, Anm. 3. 3. Thomas a Kempis : Vita Arn. Schoenh. par. I. — 24 — hinreichten, suchte er für seine SchützUnge bei seinen Freunden Hülfe. Er war es besonders, der in Deventer unzähligen armen Schülern bei Bürgern, welche sich zu den Anhängern de Grootes zählten, freie Kost und Wohnung verschaffte 1. Durch ihn fand das Beispiel, welches de Groote durch seine Liebe und Fürsorge für die studierende Jugend gegeben hatte bis in die breitesten Schichten des Volkes die bereitwilligste Nachahmung. Reiche und weniger Bemittelte und namentlich viele Hand- werker nahmen sich der armen Schüler thätig an, um durch unentgeltliche Aufnahme in ihre Häuser desto eher Einfluss auf ihr Herz und Leben zu haben 2. Wie genau Florentius in den Fussstapfen seines Meisters wandelte, zeigt uns auch in evidenter Weise seine Freund- schaft mit dem Rektor der Deventerschen Stiftsschule, Johannes Boheme, der nach dem Zeugnisse des Thomas von Kempen 3 sein grosser Freund war und gerne auf seine Ratschläge hörte. Diese freundschaftlichen Bezieh- ungen de Grootes und des Florentius zu den Rektoren der Schule vererbten sich auf die Brüder des gemeinsamen Lebens, die, wie wir später sehen werden, sogar den
1. Dumbar : Anal. p. 23. “ Habebant (seil, cives) in domo sua unum scholarem devotum, cui dabant lectisternia et potagium et tysinam propter Deum ”. — Ib. p. 24 : “ Qui (seit. Seholares) ordina- bantur sive mittebantur ibidem a Fratribus D. F'lorentii. — Thomas a Kempis : Vita Arn. Sehoenhov., par. i. 2. Aequoy : De Kroniek, S. 34. — Moebius : Beiträge, S. 17. — Gerretsen : Florentius Radewyns, S. 67 f. 3. Vita Florentii, Gap. XXIV, par. 2 : “ Magnus amieus (se. Johannes Boheme) domini Florentii, libenter eum audiens, faeiendo quod Deum plaeitum fore seiebat ”. — Thomas von Kempen irrt, wenn er Vita Arn. Sehcenh. C. I, par. i behauptet: “ Tempore M. Gerardi reetor erat seholae Daventrie Johannes Bohemus ”, denn de Groote starb am 20. August 1384, Boom wurde aber erst im folgenden Jahre Rektor der Deventersehen Sehule. — 25 — Lehrern der Schulen Unterkunft und Kost in ihren Häusern gewährten. Die persönlichen Beziehungen, welche de Groote sowohl zu den Schülern als zu den Rektoren pflegte, waren das Mittel, durch welches de Groote gleich anfangs so grosse Erfolge erreichte, und durch welches die Brüder des gemeinsamen Lebens und ihre Gesinnungs- genossen ihre ideale Anregung in die ihnen nahestehenden Schulen übertrugen. In diesem Sinne ging de Groote während seines ganzen Lebens mit gutem Beispiele voran. Selbst mitten in seiner öffentlichen Laufbahn, als er mit Arbeiten überladen war, liess er die ihm bekannten Scholaren nicht aus dem Auge, sondern suchte noch immer neue Verbindungen anzuknüpfen. Den einen empfiehlt er als väterlicher Freund zur Unterstützung 1 auf andere, welche nach Prag zur Universität gezogen waren, lenkte er die Aufmerksamkeit seines Freundes, des ehemaligen Schulrektors von Deventer. Wilhelm Vroede 2 damit sie auf gutem Wege blieben. Ja auf seinem Sterbebette hat er noch liebevolle Worte für zwei arme Scholaren 3 die, wie er pestkrank, gekommen waren, um ein Wort des Trostes von ihm zu hören. “ Wenn ihr, so sagte er ihnen, den guten Willen habt, Gott immer zu dienen, so könnt ihr getrost sterben. Alle Lektionen, die ihr gelernt habt, werden euch als Vaterunser angerechnet werden wegen der frommen Absicht, die ihr auf Gott beim Studieren gerichtet habt ”. Engere Beziehungen als zu den Schülern, hatte de Groote zu den Rektoren der Schulen verschiedener Städte.
1. Epist. LXIV bei Preger^ S. 40 f. — Chron. Wind., S. 210. 2. Tüb. Quartalschrift, S. 290 ff. 3. Thomas a Kempis : Vita G. Magni, C. XVI, par. 3. — 26 — Sein Bestreben ging dahin, seine Freunde und Anhänger entweder zur Annahme einer Stelle als Rektor zu bewegen, oder denselben durch seinen Einfluss eine solche zu ver- schaffen. Beweise hierfür finden wir in seinen Korrespon- denzen mit den Rektoren Wilhelm Vroede, Johann Cele, Magister Ricoldus und anderen. Wie sehr diese wirklich charaktervollen Männer in seinem Geiste wirkten, erkennen wir schon zur Genüge aus den Vorgängen in der Stadt Kampen 1. Der dortige Schulrektor Werner Keynkamp war ein treu ergebener Freund de Grootes. In dem Streite des Deventerschen Reformators mit dem Augustinermönche Bartholomaeus, der in der genannten Stadt sein Unwesen trieb, stand Keynkamp de Groote treu zur Seite und zog den Verlust seines Amtes und eine zehnjährige Verbannung aus der Stadt einer Nachgiebigkeit oder Verletzung seiner Pflicht vor. An keiner andern Schule treten aber die engen Be- ziehungen de Grootes zu dem Rektor und sein Einfluss auf denselben so deutlich zu Tage, als wie an der Stadtschule von Zwolle, wo sein intimer Freund Johann Cele eine ausserordentlich segensreiche Thätigkeit entfaltete.
1. Chron. Wind. 87.

II Kapitel.

Die Stiftung der Schule von Zwolle.

Johann Cele und de Groote — Gründung der Brüder-häuser und deren Einfluss auf die Schule.



Die Entstehungs- und früheste Entwickelungsge-
schichte der Stadt Zwolle ist in tiefes Dunkel gehüllt. 
Zum ersten Male finden wir den Namen Zwolle in einem 
Aktenstücke des hl. Bernold, Bischof von Utrecht aus dem 
Jahre 1040 1. Aus dieser Urkunde, welche am. 7. Dezember 
des genannten Jahres ausgestellt wurde, erfahren wir, dass 
damals der Propst Diderich von Deventer die Kirche inne 
hatte. Auf Bitten des Propstes Diderich übergiebt Bischof 
Bernold die Zwoller Kirche dem Stifte Deventer zum 
zukünftigen Eigentum mit der Bedingung, dass Propst 
Diderich, solange er lebe, die Kirche inne haben und 
dafür den Kanonikern eine jährliche Abgabe von einem 
Deventerschen Pfunde leisten sollte. Nach Diderichs Tode 
sollten die Stiftsherren ein uneingeschränktes Nutznies- 
sungs- und Verfügungsrecht über die Kirche haben. Nur 
beanspruchte der Bischof für sich und seine Nachfolger 
die üblichen Abgaben, welche von den Kirchen seines 
Bistums entrichtet würden, nämlich bei der Kirchen Visita- 
tion freien Unterhalt und das übliche Opfer “ circatus et 



1. J. van Hattum : Geschiedenissen der Stadt Zwolle, Zwolle 1767,. I deel, I stuk, S. 85. — 28 — oblationem ”. Diese Verfügung des Utrechter Bischofes wurde aber nicht sofort ausgeführt, da sein Nachfolger, der Bischof Wilhelm, die Kirche dem Propste Anselm von Utrecht verlieh 1. Erst im Jahre 1093 kam die Kirche wieder an das Stift Deventer zurück, indem der 22. Bischof von Utrecht, Conrad, die Schenkung Wilhelms annullierte und durch eine neue Urkunde 2 die Abtretung der Kirche an das Stift Deventer bekräftigte. Auch in der Folge bestätigten verschiedene Bischöfe 3 von Utrecht die Schen- kung des heiligen Bernold und die daraus entspringenden Rechte. Diese bestanden hauptsächlich in den Einkünften des kleinen und grossen Zehnten und in dem Rechte der Ernennung des Stadtpfarrers 4. Als im Laufe der Zeit die Regierung der Stadt Zwolle dem Stifte letzteres Recht streitig machte und für sich in Anspruch nahm, standen die Utrechter Bischöfe stets auf der Seite des Stiftes. Dieses war besonders unter der Regierung des Bischofes Rudolf von Diepholz der Fall, der im Jahre 1438 nochmals dem Stifte sämtliche Rechte bekräftigte und die Stadt zur schriftlichen Anerkennung derselben zwang 5. Nachdem im Jahre 1086 der ganze Gau Salland, der bis zu diesem Jahre von dem Markgrafen Egbert regiert wurde, durch Geschenk Heinrichs IV. an den bischöflichen Stuhl von Utrecht gekommen war 6, hatte das Stift Deventer noch mehrere Mal sich der Gunst seiner Landes-
1. Van Haitum : Geschiedenissen, I deel, i stuk, S. 91 f. 2. Urkunde bei van Hattum : 1. c, S. 92 und Dumbar : K. en W. Deventer, I deel, S. 342. 3. Van Hattum : 1. c, S. 95. 4. Urkunden bei Dumbar : K. en W. Deventer, S. 342 ff. und Lindeborn : “ Historia Episcopatus Daventriensis ” Köln 1670, S. 295. 5. Van Hattum : 1. c, S. 369 ff. 6. Urkunde bei van Hattum : l. c, S. 97. — 29 — herren zu erfreuen, wie die Verleihung neuer Zehnten im Kirchensprengel Zwolle durch die Bischöfe Gottfried im Jahre 1170 1 und Diderich im Jahre 1207 2 beweisen. Unter dem thatkräftigen Schutze des Stiftes entwickelte sich das Dorf Zwolle, dessen Einwohner Handel in Wolle und fetten Ochsen trieben 3, zu grossem Wohlstande. In- folgedessen erlangte Zwolle für die Bischöfe von Utrecht bald einen nicht zu unterschätzenden Wert; das zeigte sich ganz besonders unter der Regierung des Bischofes Wille- brand von Oldenburg im Jahre 1228. Um das Land gegen die räuberischen Einfälle des Herrn von Drenthe, Rudolf von Colverden, zu beschirmen, entschloss sich jener tüch- tige Regent zum Baue der Festung Hardenberg, bei welcher Gelegenheit ihn die Einwohner von Zwolle mit einer ansehnlichen Summe unterstützten 4. Zur Belohnung für diesen und frühere Dienste, welche sie seinen Vorgängern geleistet hatten 5, erhob er das Dorf Zwolle im Jahre i23J zur Stadt 6. Die Einwohner säumten nicht mit der An- legung von Wällen und Mauern. Ihre Zahl vermehrte sich bedeutend durch den Zuzug von aussen 7, und durch den ausgedehnten Handel mit Deutschland und Flandern 8 gelangte die junge Stadt bald zu grossem Ansehen und
1. Urkunde bei van Hattum : I deel, II stuk, S. 22 f. 2. Urkunde bei Lindeborn : Hist. Epis. Dav., S. 72. 3. Van Hattum Geschiedenis : I deel, i stuk, S. 116. 4. Van Hattum Geschiedenis : I deel, i stuk, S. 120. 5. “ Cum igiter dilecti nostri milites, Scabini, et universus populus villae de Swollis, Praedecessoribus nostris, a longis retractis temporibus, servitia fidelia impenderunt . . . Et maxime in aedificatione Castri Harden- borch, ad cujus operis nostri consumationem largos et sumptuosas contulerunt pecunias ”. Urkunde des Bischofs Willebrand in van Hattum : I deel, I stuk, S. 126 f. 6. Van Hattum : I deel, I stuk, S. 123-134. 7. Van Hattum : I deel, I stuk, S. 134. 8. Van Hattum : I deel, I stuk, S. 139 ff. — 30 — hoher Blüte, welche sich steigerte, als sie um die Wende des i3. Jahrhunderts in die deutsche Hansa aufgenommen wurde 1. Wie in den übrigen Städten des deutschen Reiches und besonders der Niederlande hielt auch in Zwolle mit dem wachsenden Wohlstande der Stadt die Sorge für die intellektuelle Entwickelung gleichen Schritt. Jedoch fehlt uns über die ersten Anfänge der Zwoller Schule jede Nachricht. Nach Nettesheim 2 wäre das älteste Stadtrecht die erste Quelle über die Schule, so dass schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die städtische Regierung das Schulgeld der Bürgerkinder auf 6 ½ Placken festgesetzt hätte. Diese Behauptung, welche auch in grössere deutsche Geschichtswerke Eingang gefunden hat, beruht aber auf einem Irrtume, denn diese Bestimmung der städtischen Behörde findet sich nicht, wie Nettesheim annimmt, in dem ältesten Zwoller Stadtrechte, sondern erst im dritten, dessen Abfassung in die Jahre 1402-1415 fällt 3. Erst um die Mitte des 14. Jahrhunderts erhalten wir sichere Nach- richt über die Existenz einer Schule in Zwolle, deren Patronatsherr die städtische Behörde ist. Weil aber die Zwoller Kirche Eigentum des Stiftes Deventer war, so kam, gemäss kanonischem Rechte, das Patronat über die Zwoller Schule ursprünglich allein dem Stiftsscholaster zu. In den allerdings bedeutend jüngeren Stadtrechnungen, welche uns vom Jahre 1391 an erhalten sind, finden wir
1. Van Hattum : I deel, I stuk, S. 140. Das Jahr der Aufnahme ist mit Sicherheit nicht anzugeben. — über die Gründung der Stadt siehe auch Dozy : De oudste Stadrechten von Zwolle. Zaltbommel 1867, S. 25 f. 2. Geschichte der Schulen im alten Herzogtum Geldern, Düssel- dorf 1881, S. 114. 3.Dozy : De oudste Stadrechten, S. 32 und 55. — 31 — denn auch eine stets wiederkehrende Abgabe der Stadt Zwolle an den Scholaster von Deventer 1. Dieses spricht für die Annahme, dass vor der Stadtschule in Zwolle 2 eine Schule bestanden hat, deren Lehrer vom Stiftsscho- laster angestellt wurden. Nach der Erhebung des Dorfes jedoch zur Stadt hat sich dann wahrscheinlich, wie in
1. Die ersten Monatsrechnungen der Stadt Zwolle datieren aus dem Jahre 1399, die ersten Jahresrechnungen aus dem Jahre 1401. In der M. R. vom 4. Monat des Jahres 1399 steht : “ Item den Scolaster van Deventer van der Scholen V placken ”. — In der M. R. des Jahres 1403 vom II. Monat ist die Abgabe wie folgt gebucht : “ Item heeft Gheert Sticker hy er toe uytgegeven van den Kotpennyng ende voor de Scholastrye III Gulden, XVI placken, II Kromstaarten ”. Derselbe Posten findet sich in der Jahresrechnung mit denselben Worten, jedoch als bezahlt im zweiten Monat. — M. R. 1407. “ Ende van den Kotpen- nynge ende Scolastryen III Gulden IX placken ”. Im Jahre 1426 betrug die Abgabe für den Scholaster III Gulden, III placken, III Br. -ende voir den Kotpennyng IV Stuiver maket IX placken I Br. beloept te samen III Gulden XII j. placken. — 1466 ist die Abgabe I R. Gul- den I Kromstaart I j. ost III Br. Über die Gründung der Stadt- schulen und deren Entwickelung aus den Pfarrschulen vergleiche Specht : Geschichte des Unterrichtswesens in Deutschland, S. 262 f. — Schmitz : das Volksschulwesen in dem Mittelalter, Frankfurter zeitgemässe Broschüren. Neue Folge, Bd. II, Heft 10, S. 316 f. — Nettesheim : Geschichte der Schulen im alten Herzogtum Geldern, S. 104 f. — K. A. Schmid : Geschichte der Erziehung, Stuttgart 1892. II. Bd., S. 309-332. — Paulsen : Geschichte des gelehrten Unterrichts, II. Aufl., S. 16 ff. 2.Abgesehen von den alten Kloster- und Stiftsschulen in den Nieder- landen (siehe hierüber Nettesheim, S. 22) finden wir in Städten, welche weniger Bedeutung hatten als Zwolle, schon frühzeitig sichere Beweise für die Existenz von Schulen. In dem nabeigelegenen Kampen kommt 1302 ein Hermanus, rector Scholarum in Campis vor. J. G. Bysterbos : Mededeeling over de Geschiedenis van het onderwys te Kampen hggb. in de Verzameling van stuken die Betrekking hebben tot Overysselsch Recht en Geschiedenis, VII stuk, Deventer 1872. — Ferner bestanden Schulen 1322 in Gravensand, 1324 in Leiden, 1328 in Rotterdam, 1336 in Schiedam, 1342 in Delft, 1358 in Horn, 1389 in Harlem, etc. Cramer : Geschichte der Erziehung, S. 255 und 278. — 32 — den meisten Städten 1 um diese Zeit, der Streit um das Recht der Anstellung der Lehrer an der Schule abgespielt, woraus die Stadt als Sieger hervorgegangen sein wird, so dass das Stift auf sein althergebrachtes Recht gegen die erwähnte Abgabe verzichtet hat 2. Wenn nun die Quellen über diese interessanten Fragen uns keine klare Auskunft geben, so werden wir durch die Berichte des Johann Busch und des Fortsetzers der Chronik vom St. Agnietenberge dafür umso reichlicher entschädigt, indem diese uns ein fein koloriertes und anmutiges Bild von der Entwickelung der damals unbe- deutenden Schule entrollen und uns mit dem Leben und Schaffen eines Mannes bekannt machen, der mit Herz und Seele Schulmann war und durch die Neuorganisation der Zwoller Schule der Vater unseres alten Gymnasiums wurde: des Johann Gele. Johann Cele 3 war um die Mitte des 14. Jahrhunderts
1. Meister : Die deutschen Stadtschulen und der Schulstreit im Mittelalter. Hadamar 1868. — Fr. A. Specht : Geschichte des Unter- richtswesens, S. 252. — K. A. Schmid : Geschichte der Erziehung, 11. Bd., I. Abt., S. '62S f. — Fr. Paulsen : Geschichte des gelehrten Unterrichts, 1. Hb., S. 18 f. 2. Einen Beweis dafür, wie sehr das Kapitel von Deventer an seinem althergebrachten Rechte der Verleihung der licentia docendi festhielt, haben wir aus dem Jahre 1634. Die städtische Regierung von Deventer hatte um diese Zeit zuerst in der Bursa Cusana und nachher in dem Fraterhause eine neue Schule errichtet. Das Kapitel protestierte mit allen Mitteln gegen diese Gründung, da sie zum Nachteile der “olde Schole (d. h. der Kapitelschule) ende prejuditie van older gewoente ende gerechtigheid sei”. Nach langem Herumstreiten entschieden der Stadthalter und die Staaten, welche von beiden Parteien zum Schiedsrichter ernannt worden waren, zu gunsten des Kapitels, und die neue Schule wurde geschlossen. Vergl. J. de Hulu : Bescheiden betreffende de Hervorming in Overyssel. Deventer 1897, S. 92 f. 3. Ausser dieser Schreibform des Namens kommen noch folgende vor : Zele, Sceele und Seile. — 33 — zu Zwolle geboren, und war ein Sprosse der alten Patrizier- und Regierungsgeschlechter Sobben und ten Weerde. Den ersten Unterricht erhielt er auf der damals wenig be- kannten und unbedeutenden Lateinschule seiner Vater- stadt. Durch seinen Fleiss und die Schärfe seines Geistes überflügelte er seine Altersgenossen und Mitschüler und zeichnete sich durch seine Frömmigkeit und eifrigen Schul- und Kirchenbesuch aus. Er war in jeder Beziehung ein Muster seiner Altersgenossen, denn “ Tag und Nacht diente er treu dem Herrn ”. Von Liebe zur Wissenschaft und besonders von der Begierde zu einem vertieften Studium der heiligen Schrift und der Kirchenväter beseelt, verliess er die Stadtschule, an welcher er nichts mehr lernen konnte, um eine uns unbekannte höhere Schule zu besuchen. Dort vertiefte er sich mit allem Eifer in das Studium der freien Künste und der übrigen scholastischen Disziplinen und kehrte, nachdem er in denselben völlig unterrichtet war, nach Zwolle zurück, wo er in noch jugendlichem Alter, vermutlich im Jahre 1374 1 von
1. Allgemein wird die übernahme des Rektorates durch Cele nach van Hattum : Geschiedenissen (I deel, I stuk, S. 198 in das Jahr 1377 gelegt. Die Biographen Celes bezeugen jedoch, dass Cele bei seinem Tode (9. Mai 141 7) mehr als 40 Jahre Rektor an der Zwoller Schule gewesen sei. Ghron. Wind., S. 208 “ per annos plusquam quadraginta usque in suum senium scholas ibidem regente ”. Diese Stelle lässt ausserdem einen Rücktritt Celes im hohen Alter vor seinem Tode vermuten, so dass die Rückwärtsrechnung leicht einige Jahre vor 1377 für den Zeitpunkt der Amtsübernahme er- giebt. Einen weiteren Anhaltspunkt für die Bestimmung des Rektorats- antrittes Celes liefert der Bericht über den ersten Besuch de Grootes bei dem Mystiker Ruysbroec. Die zeitgenössischen Quellen bezeugen nämlich einstimmig, dass der Zwoller Rektor, Johann Cele, bei dieser Gelegenheit der Gefährte de Grootes war. So Heinrich de Pomerio (†87 Jahre alt 1469) : Liber de origine Monast. Viridis Vallis (Archief voor Kerk. Geschiedenis 1837, Bd. VIII, S. 363 ff.), “ Assumpto igitursibi pro socio . . . Joanne Sceele, rectore tunc temporis scholarurn Swollensium, simul venerunt in Viridi Valle” — Petrus Horn: Vita Gerardi M. (H. S. Nr. 8849-69, fol. 12 r) - 34 - der städtischen Regierung die Leitung der Schule er- langte 1. Wiewohl wir nun für die Annahme, dass Cele durch Vermittlung de Grootes die Rektoratsstelle in Zwolle erhalten habe 2, nirgends einen beweiskräftigen Anhalts- punkt gefunden haben, so sprechen doch verschiedene Gründe für die Möglichkeit einer Mitwirkung de Grootes bei der übernahme des Rektorates durch Cele. Vorerst kommt hier der häufige Verkehr de Grootes mit Regie- rungsfamilien der Stadt Zwolle in Betracht 3. Da die Anzahl derselben nicht sehr gross und die beiden Städte Deventer und Zwolle durch politische und Handelsinte- ressen enge miteinander verbunden waren, so ist es leicht erklärlich, dass die Regierungsfamilien der beiden Städte näher miteinander bekannt waren, und es wird sehr wahrscheinlich sein, dass dadurch auch de Groote und Cele sich kennen lernten. Über den Zeitpunkt ihres Bekanntwerden sind wir leider nicht unterrichtet; sicher ist jedoch, dass beide vor dem Jahre 1377 eine Reise zu dem Mystiker Ruysbroec nach Groenendal bei Brüssel unternahmen. Die Quellen bezeichnen alle ohne Ausnahme den Reisebegleiter de Grootes als Rektor der Zwoller Stadt-
Assumpsit ergo secum reverendum magistrum Joannem Cele, rectorem Swollensis scole devotum ac fidelem Jesu Christi amatorem, quorum erat anima una et cor unum in Domino ”. — Vergl. auch Thomas a Kempis : Vita Gerardi M., S. 771 f. Neuere Untersuchungen (Hirsche, Real Encycl., Bd. II, S, 682 und Preger : Beiträge, S. 19) haben aber ergeben, dass diese Reise de Grootes trotz der entgegenstehenden Berichte der beiden Chroniken (Chron. Wind., S. 209 und Chron. Mont. S. Ag., S. 174) vor seinen Aufenthalt in Munnikhuizen, also vor 1877, und zwar in die allererste Zeit seiner Bekehrung, somit wohl in das Jahr 1874 fällt. 1.Chron. Wind., S. 204 ff. 2.Van Slee : Allgemeine deutsche Biographie, IV, S. 78. 3.Busch : Liber de Reformatione, S. 704. — 35 — schule. Wenn nun unsere Annahme, dass de Groote Cele schon früher gekannt hatte, zutrifft, so liegt der Schluss sehr nahe, dass der Deventersche Gelehrte in der einen oder anderen Weise, sei es nun durch die Beeinflussung des Magistrates, sei es durch persönliches Einwirken auf Cele, zu der übernahme des Rektorates durch Cele beigetragen hat. In dieser Ansicht werden wir durch folgende Thatsache bestärkt : Cele war persönlich mehr geneigt in den geistlichen Stand zu treten, denn als Schulmann thätig zu sein 1. Vermutlich hatte er schon vor seinem Antritte des Rektorates der Zwoller Stadt- schule das Gelübde gemacht, innerhalb drei Jahren in den Minoritenorden einzutreten. De Groote suchte ihn von der Erfüllung dieses Gelübdes abzuhalten, einesteils weil der Orden nicht reformiert war, andernteils aber weil er die ausserordentliche Befähigung Celes als Schulmann erkannte 2. Da nun Cele ob des Bruches seines Gott gegebenen Versprechens von steten Gewissensbissen ge- plagt wurde, musste de Groote seine ganze Autorität geltend machen um ihn aufzurichten und zu trösten. Mit wahrhaft väterlicher Sorge nahm er sich seines Freundes an, und die Briefe 3 welche er an ihn richtete, zeugen von ebenso grosser Menschenkenntnis als Liebe und praktischem Sinne um dessen Seelenqual zu lindern oder zu heben. Er suchte ihm begreiflich zu machen, dass die Stelle, welche er bekleidete, wirklich die sei, welche Gott für ihn bestimmt habe, und dass die Gemütsunruhen und Versuchungen nur auf Einflüsterungen des bösen Feindes beruhten, der
1. Siehe de Grootes Brief an Cele, hggb. von de Ram: Compte rendu, S. 77. — Preger : Beiträge, S. 31 f. — Busch : Chron. Wind., S. 209. 2. Busch : Chron. Wind., S. 208 f. 3. Preger: Beiträge, Ep. LXVIII, S. 31 f. Ep. LXIV, S. 40 f. Ep. LXI, S. 44 f. — 36 — ihn von dieser einfluss- und segensreichen Stellung zu entfernen suche, um das Gute, welches er in derselben wirke, zu verhindern 1 In demselben Briefe nimmt de Groote, um den Freund in seinen Gewissensängsten zu beruhigen, die völlige Verantwortung wegen des Nicht- erfüllens seines Gelübdes auf sich. Können wir nur Wahrscheinlichkeitsgründe dafür bringen, dass Cele die Rektoratsstelle durch den Einfluss de Grootes erlangt habe, so ist hingegegen sicher die Erhaltung dieses vortrefflichen Mannes für die Schulthätigkeit allein das Werk de Grootes und sein grösstes Verdienst um die Schule. Nicht nur in der einen, allerdings sehr wichtigen Ge- wissensangelegenheit stand de Groote seinem Freunde treu zur Seite, sondern auch in allen Fällen, wo Cele Hülfe und Rat bedurfte. Rührend ist seine Sorge um die Gesundheit Celes 2, für die er, trotz seiner fast übermenschlichen Beschäftigung, Zeit findet dem Freunde ärztliche Ratschläge zu erteilen. Als Cele im Anfange der öffentlichen Predigt- thätigkeit de Grootes den Wunsch äussert, behufs seiner weitern Bildung die Universität Prag zu besuchen 3 unter- stützt der Deventersche Reformator nicht nur das Vor- haben seines Freundes, sondern giebt sich auch die grösste Mühe um einen Stellvertreter für ihn zu finden. Zuerst suchte de Groote einen gewissen Magister Ricoldus 4, den er sehr hoch schätzte 5 als Stellvertreter Celes zu gewinnen. Da sich jedoch die Verhandlungen zerschlugen, weil Ri- coldus sich in das Kloster Groenendal zurückziehen
1. Preger : Beiträge, Ep. LX, S. 31 f. 2. Preger : Beiträge, Ep. LVIII, S. 41. 3. De Grootes Brief an Magister W. Vroede : Preger. Epist. XII, S. 38. 4. Tüb. Quart. 1870, S. 291. Preger : Ep. XII, S. 38 und 40. 5. Tüb. Quart. : 1. c, S. 302, Anm. 4. - 37 - wollte 1, wandte sich de Groote an den Rektor Vroede mit dem Ersuchen, Celes Stelle zu übernehmen 12. Mit diesem Schritte entsprach er auch dem Wunsche Celes und des Stadtpfarrers Reyner von Dreynen 3. Aus uns unbekannten Gründen änderte Cele seinen Plan und zog sich, anstatt nach Prag zu gehen, in das Karthäuserkloster Munnickhuizen zurück, wo er längere Zeit verblieb, um bei den frommen Patres Rat für seine Schwermut zu suchen 4. Sehr wahrscheinlich fungierte während dieser Zeit Vroede, den wir im Sommer 1381 in Prag finden 5, als Stellvertreter Celes in Zwolle. In diese Zeit fällt aber der Streit de Grootes mit dem Augustiner- mönche Bartholomäus in Kampen 6, den er wegen ketze- rischer Lehren beim Bischöfe angeklagt hatte. Dazu be- durfte er aber des Zeugnisses Celes, der den Predigten des Bartholomäus in der Pfarrkirche von Zwolle beigewohnt hatte. Da nun Cele einer Aufforderung de Grootes, zu diesem Zwecke eine Zeitlang seine stille Zurückgezogenheit
1. Tüb. Quart. 1870, S. 290. 2. Tüb. Quart., S. 290. 3. Reyner von Dreynen wurde 1370 Stadtpfarrer von Zwolle gegen die Rechte des Kapitels von Deventer, auf Geheiss des Seguinus Anchona, der ein Breve des Papstes Gregors XI. geltend machte, gemäss welchem Reyner mit dem zuerst freiwerdenden kirchlichen Amte belehnt werden sollte. Van Hattum I, 192. — Dumbar : K. en W. Deventer I, s. 345. 4.Preger : Beiträge, Ep. 21, S. 46 f. 5.De Groote richtet an Vroede ein Schreiben (Tüb. Quart. 1870, S. 290 f.), in welchem er bei ihm Bücherbestellungen macht und auch eine Liste der ihm fehlenden Bücher beilegt. In demselben heisst es : “ Scribitur mihi in Pragis Johannes Grisostomus super Matheum. Rescripatis mihi originalia quae ibidem sunt. Gherlacus veniet cito et scribet mihi ”. Vroede blieb aber bis Ostern 1381 in Deventer und ist dann sehr wahrscheinlich sofort nach Prag gereist. 6. Vergl. Acquoy : Het Klooster I, 40, 41, 252. — Grube : Gerhard Groote, S. 23 f. — Preger : Beiträge, S. 46. — Acquoy : Epistolae, S. 27 ff. — 38 — zu verlassen, nicht Folge leistete, schrieb de Groote ihm einen Brief, der zugleich von seiner brüderlichen Liebe aber auch von seiner unbeugsamen Strenge Zeugnis ablegt 1. Er fordert ihn nochmals auf, wenigstens für kurze Zeit nach Zwolle, (wo er so lange Zeit gleichsam um nichts verweilt habe), zurückzukehren, um in einer Sache, bei welcher der Glaube, seine Freunde, ja selbst seine Brüder in Gefahr seien, Zeugnis abzulegen. Er droht ihm sogar bei hartnäckiger Weigerung mit einer Vor- ladung des bischöflichen Kommissärs, fügt aber zum Schlüsse voll Güte hinzu, er könne ja nach Beendigung dieses Streites wieder nach Munnikhuizen zurückkehren und dann dort, so lange es ihm beliebe, bleiben. Cele scheint aber seinen Aufenthalt in dem genannten Karthäuserkloster über das Jahr 1882 ausgedehnt zu haben. Gleich nach seiner Rückkehr nach Zwolle wurde er in eine Streitigkeit mit dem Stadtpfarrer Reyner von Dreynen verwickelt 2, in welcher wiederum de Grootes treuer Bei- stand und energische Hülfe zu Tage tritt und zugleich ein Beweis für dessen thatkräftiges Eingreifen in die inneren Schulverhältnisse geliefert wird. Reyner von Dreynen 3 war ein Mann von energischem Handeln, ein treuer Anhänger de Grootes, ein Freund Celes und der Beschützer der Brüder des gemeinsamen Lebens in Zwolle 4. Auch rühmt man ihn als einen grossen Freund und Wohlthäter der
1. Preger : Beiträge, Epist. XXI, S. 46. 2.Busch : Chron. Wind., S. 211. 3.Thomas a Kempis nennt ihn (Chron. Mont. S. Agnetis, S. 29) “ homo valde pius et misericors in pauperes ! ” Vergl. ferner ibidem S. 17 und 18. — Van Haltum : Geschiedenis, S. 192, 235-237- — Acquoy : Ger. Magni Epist., S. 22. — Acquoy : Het Klooster I, 76 und III, 256. 4.Der Chronikschreiber des Zwoller Fraterhauses nennt ihn einen “ virum honestum prudentem ac fautorem omnis boni ”. H. S. X. 92, fol. 5 V. - 39 - armen Scholaren. Nur ein Fehler, seine Herrschsucht, brachte ihn manchmal, selbst mit seinen besten Freunden, in unangenehme Streitigkeiten. Dieses war auch der Fall mit Cele als er nach seiner Wiederaufnahme des Rekto- rates in Zwolle ein vertiefteres Studium der heiligen Schrift und der Kirchenväter in seinen Schulplan aufnahm und auch fromme Laien der Stadt Zwolle zu seinen Vor- lesungen zuliess. Nur durch de Grootes energisches Da- zwischentreten wurde, wie wir später sehen werden, die Streitfrage zu Gunsten Celes gelöst. Schon in einem früheren Schreiben 1 hatte de Groote den Stadtpfarrer gebeten mit Cele, im Interesse seiner Gemeinde, in Frieden und Eintracht zu leben, denn, so sagt er, einen so vortrefflichen Mann wie Cele finde er unter Tausenden nicht. Ein schöneres Zeugnis als dieses könnte de Groote seinem Freunde nicht ausstellen, und es ist wohl begreif- lich, dass de Groote in der Erkenntnis dieser vorzüglichen Eigenschaften und Tugenden dem Cele wahre und christliche Freundschaft voll und ganz entgegenbrachte. Thomas von Kempen 2 sagt von den beiden Männern, dass sie ein Herz und eine Seele gewesen seien. Zurückhaltender drückt sich der Chronikschreiber des Zwoller Fraterhauses, Jacobus Voecht 3, über das Verhältnis de Grootes zu Cele aus.
1.Acquoy : Ger. Magni Epist., S. 27. — Busch : Chron., S. 210 : “ Domine Reynere pastor Zwollensis, lamice in Christo karissime I Legacione dei, spero, fungens pro nupta vestra Zwollensi ecclesia precor et exhortor, ut cum magistro Johanne Cele membro ejus nobiii licet temptato pacem habeatis et concordiam ac nullius ignobilioris membri optentu abscindatis a capite membrum tam fixum et stabile, cujus par non invenietis in multis millibus ”. 2. Vita Gerh. Magni, Gap. X. 3. H. S. X. 92, fol. 2 r. “ Fuit tunc et magister Johannes Cele Swollensis, a principio rector scolarium, discipulus quandam ut ita — 40 — indem er Letzteren einen Schüler de Grootes nennt, der ihm in allem gehorsam gewesen sei. Über den Zweck und die Ziele ihrer Freundschaft belehrt uns de Groote selbst in einem Briefe an den Zwoller Rektor 1. Aus demselben geht hervor, dass ihre Freundschaft nichts anderes bezweckte als den Wiederaufbau der Kirche Christi durch die Wissenschaft und die Bücher. Über den Austausch von Schriften hatten sie ein übereinkommen getroffen, das durch genaue Bestimmungen geregelt war 2. Fast alle Briefe de Grootes an Cele handeln von Bücherbe- stellungen, welche in Zwolle oder Deventer abgeschrieben werden sollen 2 oder von dem Ankauf schon geschriebener Werke 3, auch von Pergamentbeschaffung 4. Nicht selten ersucht Gerhard auch seinen Freund, ihm eine Reihe von Büchern, die er dringend notwendig habe, leihweise
dicam magistri Gerardi magni nam ipse per omnia obediens fuit ”. — Vergl. auch J. Busch : Chron. Wind., S. 208 f. 1. Preger : Ep. LX, S. 35 ff. “ Ideo de primis duobus electionem vobis propono, quorum unum est nobis necessarium, si simul currere debemus in edificacionem ecclesie in plenitudinem etatis Christi. Ad edificacionem enim querimus et scientiam et libros, ut habundemus ”. 2. Preger : Ep. LV, S. 84 ff. 3. Preger : Ep. LXIV, S. 40 f. — Ep. LXI, S. 44 f. — Ep. LVIII, S. 41 f. 4. Preger: Ep. LX, S. 84 ff. — Einen interessanten Fall über de Grootes Bücherankauf erzählt uns Petrus Horn in seiner Vita Gerhardi (H. S. Nr. 8849-59, fol. 17). Als de Groote einmal Gregors Moralia nicht hatte, schrieb er dem Magister Joh. Cele, dem Rektor der Zwoller Schule, ihm dieselben zu kaufen, wenn er zufällig einen Verkäufer fände. Als aber der gefundene Verkäufer das Buch schätzte und unter dem Preise forderte, gab der genannte Magister Joh. zu der Summe noch 5 Gulden darauf und zu diesem Preise schickte er sie Meister Gerhard, welcher das Buch schätzte und als er sah, dass es mehr wert sei, noch 8 Gulden zur genannten Summe hinlegte. So empfing der Verkäufer 13 Gulden über die geforderte Summe hinaus. 5. Preger : Ep. LX, I. c. — 41 — zu schicken 1 oder um Zurückgabe von Werken 2, welche Cele von ihm geliehen hatte. Dieser rege Verkehr des Bücheraustausches zwischen den beiden Gelehrten legt beredes Zeugnis ab für das rege wissenschaftliche Leben, welches damals in Zwolle und ganz besonders an der dortigen Stadtschule herrschte. Für die Hebung und Blüte der Wissenschaft in Zwolle kommt aber als dritter und keineswegs unbedeu- tender Faktor die überaus segensreiche Thätigkeit der Brüder des gemeinsamen Lebens in Betracht. Die Mitglieder dieser Genossenschaft, welche sich aus den eifrigsten und gelehrtesten Anhängern de Grootes rekru- tierten, standen ihm im Kampfe für die sittlich-religiöse Wiederbelebung der Kirche Christi treu zur Seite und hielten auch nach seinem Tode an der Verfolgung des einmal ge- steckten Zieles unentwegt fest. Ihr Wirken ist die Verkör- perung der Ziele und Absichten de Grootes. Gerade die Zwoller Brüder zeichnen sich durch ihre Verdienste für die Wissenschaft, durch das Bücherabschreiben besonders aus 3. Zahlreiche Stellen in der Chronik des Zwoller Fraterhauses bezeugen uns den Fleiss, der in den Schreibstuben des Bruderhauses an den Tag gelegt wurde, und mancher Name eines besonders fleissigen Bruders wurde durch die Auf- zeichnung des Chronisten der Vergessenheit entrückt. Jedoch liegt, unserer Ansicht nach, ihr Hauptverdienst nicht so sehr in der Förderung, welche sie durch das Bücherabschreiben der Wissenschaft erwiesen ha- ben, als vielmehr in dem erzieherischen Einflüsse, den sie an der Zwoller Schule ausgeübt haben.
1. Preger : Ep. LXIII, S. 34. — Ep. LX, 1. c. Ep. LXV, S. 3j f. 2. Preger : Ep. LVIII, S. 41 f. 3. Acquoy : de Kroniek, S. 18 f., 31 f. — 42 — Ohne die Genossenschaft der Fraterherren wäre die Zwoller Schule nie zu der Berühmtheit gekommen, welche sie im ausgehenden Mittelalter genoss ; ohne sie hätten schwerlich so viele taugliche und berühmte Männer, welche der Kirche und dem Staate zur Zierde gereichen, aus der Zwoller Schule hervorgehen können. Im Laufe unserer Abhandlung werden wir an den einschlägigen Stellen den Einfluss der Brüder und ihre direkten Bemühungen um das Gedeihen der Schule näher erörtern ; hier wollen wir zunächst ihr Verhältnis zu Johann Cele feststellen sowie Zeit und Art ihrer Nieder- lassung bestimmen. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Zwoller Rektor, als intimer Freund de Grootes, auch dessen Schützlingen freundschaftlich gegenüber stand. Als Anhänger der modernen Devotion, betrachtete er nach dem Tode Gerhards den Florentius Radewyns als den gemeinschaftlichen Vater und hatte, wie alle seine in der Welt lebenden Gesinnungsgenossen, die Fraterherren zu Seelenführern. Ohne dass er selbst der Genossenschaft derselben angehörte, brachte ihn sein grösserer Eifer für die gemeinsamen Interessen, und besonders das vereinte Wirken auf dem Gebiete der Erziehung, der Bruderschaft bedeutend näher, als die übrigen Devoten. Lebhaftes Interesse brachte er der jungen Stiftung entgegen, und seinem Einflüsse und seinen Bemühungen ist es wohl zum grossen Teile zuzuschreiben, dass die Brüder noch zu Lebzeiten de Grootes ein Haus in Zwolle gründen konnten. Bei dem notariellen Abschlüsse des Kaufes um die Mitte des Jahres i384 fungierte Cele als Zeuge 1, Als einige Jahre nach dem Tode Gerhards im Jahre
1. Van Hattum: Geschiedenissen, V, Bd., I. Teil, S. 185 ff. — Delprat: De Broederschap, S. 87 behauptet, dass Florentius Radewyns ebenfalls bei dieser Gelegenheit als Zeuge fungiert habe. In dem Kaufakte hgg. - 43 - 1396 unter recht schwierigen Umständen die Gründung des “ Reichen Fraterhauses ”, auch “ domus divitum ” oder “ St. Gregoriushaus ” genannt, in Zwolle zustande kam 1, zeigt sich abermals Celes Interesse darin, dass er wiederum beim Abschlüsse des offiziellen Aktenstückes Zeuge war, was auf grössere Bemühungen seinerseits für das Gelingen der Stiftung schliessen lässt. Einen weiteren Beweis für die nahen Beziehungen zwischen Cele und den Brüdern liefert uns ein Brief de Grootes an ihn 2. Cele wird darin ersucht einige Abschnitte aus de Grootes Schriften aus dem Lateinischen ins Niederdeutsche zu übersetzen. Diese übersetzung war bestimmt für die Brüder, welche unter Leitung des blinden Laien Johannes Ummen das im Jahre 1384 gekaufte Haus bewohnten. Für den häufigen Verkehr Celes mit den Fraterherren bürgt uns das Zeugnis seines Biographen Johannes Busch. Derselbe sagt nicht nur ausdrücklich 3 dass Cele in dem Zwoller Fraterhause wegen der dort geführten frommen Gespräche oft und gern verkehrte, sondern hebt auch hervor 4, dass Cele bemüht war in allem, selbst in der Kleidung, Gerhard de Groote, Florentius und den Patres der Genossenschaft ähnlich zu sein. Nur dadurch unter- schied er sich in der Kleidung, dass er nicht wie die Fraterherren das Chorhemd über der Toga, sondern unter derselben trug. Da er nun durch Wort und Beispiel seine Schüler ermahnte, ebenfalls nach der Weise der Brüder
Archief van het artsbisdom van Utrecht. Bd. II, S. 248 f. finden wir aber, dass dieses nicht der Fall ist, sondern dass der gewöhnliche- Reisegefährte de Grootes, Johann Brinkerink, Zeuge war. 1. Siehe S. 48 f. 2. Preger : Beiträge Ep. LXI, S. 44 f. — Chron. Wind., S. 209. 3. Chron. Wind., S. 219. 4. Chron. Wind., S. 213. — 44 — sich zu kleiden, so wurde dieser Gebrauch von vielen frommen Geistlichen, auch wenn sie in der Welt blieben, beibehalten. Noch zur Zeit als Busch die Chronik von Windesheim verfasste, also fast 50 Jahre nach dem Tode des Zwoller Rektors, trugen in vielen Städten der Nieder- lande die ehemaligen Schüler Celes und der Fraterherren diese Kleidung als “ Zeichen der Keuschheit, der heiligen Gespräche und des ehrsamen Lebenswandels, zu welchen sie einst von diesen angehalten worden waren ”. Auch die Bücherschätze der Fraterherren zogen Cele hin und wieder in ihr Haus. So finden wir ihn in der stillen Zelle eines Fraterherrn in das Studium der Schrift des heiligen Thomas von Aquin “ über die ewige Glück- seligkeit” vertieft 1. Ohne allen Zweifel hat Cele wiederum den Brüdern aus seiner grossen Büchersammlung Werke geliehen, wenn sie solcher bedurften, und als er bei seinem Tode einen Teil seiner Bibliothek an verschiedene Klöster und fromme Genossenschaften vermachte 2, ist gewiss das Zwoller Fraterhaus nicht leer ausgegangen. Schon die wenigen Zeugnisse genügen um zu er- kennen, welche Wichtigkeit bei dem vertrauten Verhält- nisse zwischen Cele und den Fraterherren letztere für die durch Cele neu organisierte Schule haben mussten. Doch wollen wir die Bedeutung der Fraterherren für die Zwoller Schule näher darlegen, so müssen wir zunächst einige Missverständnisse beseitigen. Zuerst kann von der Grün- dung einer Schule im eigentlichen Sinne des Wortes durch die Brüder des gemeinsamen Lebens nicht die Rede sein 3,
1. Chron. Wind., S. 219. 2.Chron. Wind., S. 220 f. — Chron. Montis S. Agn., S. 174. 3.Zuerst stellte Delprat : De Broederschap, S. 253 f. diese Behauptung auf. Seit dieser Zeit läuft dieser Irrtum, trotz der Widerlegungen von Acquoy (De Kroniek, S. 33 ff.), Hirsche (Real Encycl. II, 761), Leitsmann - 45 - denn in Zwolle bestand nur eine Schule, die alte Pfarr- schule, welche später zur Stadtschule erhoben wurde. Diese aber wurde, wie wir bereits gesehen, gegründet, ehe die Fraterherren existierten. An der Stadtschule aber waren die Brüder nicht als Lehrer und noch viel weniger als Rektoren thätig. Sie beschränkten vielmehr ihren Wirkungskreis auf rein erzieherisches Gebiet. Auf demselben waren sie vornehmlich nach zwei Richtungen hin thätig; den einen Weg betraten sie mit der Eröffnung ihrer Konvikte, den anderen bahnten sie sich durch ihre seelsorgerische Thätigkeit, die sich auch auf die ausserhalb der Konvikte wohnenden Studierenden erstreckte. Um jedem Missverständnisse vorzubeugen, müssen wir auch betonen, dass in Zwolle nur ein Fraterhaus im eigentlichen Sinne des Wortes bestanden hat 1 und nicht mehrere, wie zuerst van Hattum 2 und nach ihm andere behauptet haben. Dieses Haus, welches in Zwolle unter den Namen “domus major” oder “ divitum ”, beim Volke mehr als “ het Clerkenhuis 3 ” oder “ Heer Dirk van Herxenshuis ” bekannt war, stand unter der Leitung eines Rektors und diente nur den Fraterherren und deren Novizen als Wohnung 4. Ausser der domus major besassen die Brüder noch andere Häuser, die unter
und Moebins (in ihren mehrfach zitierten Abhandlungen) in den deutschen Geschichtswerken weiter. Vgl. Stöckl : Lehrbuch der Pädagogik, S. 189. — Janssen-Pastor : Geschichte des deutschen Volkes, I. Bd., S. 8. — H. J. Kaemmel : Geschichte des deutschen Schulwesens im übergange vom Mittelalter zur Neuzeit. Leipzig 1882, S. 214. 1.Acquoy : De Kroniek, S. 9 f. 2. Geschiedenissen, Bd. V, S. 184-191 und 191-202. 3. Archief voor de Geschiedenis van het Aartsbisdom Utrecht, Utrecht 1876, Bd. II (Akten aus den Jahren 1408 u. 1409), S. 248 u. 25 1. 4. Acquoy : De Kroniek, S. 10. - 46 - der Leitung eines Prokurators standen, der vom Rektor der Genossenschaft ernannt wurde und diesem über seine Leitung Rechenschaft abzulegen hatte. Der Zweck dieser Gebäude war die Aufnahme Studierender und anderer Devoten. Den Grund zu diesen Stiftungen in Zwolle legte niemand anders als Gerhard de Groote selbst. Fast zu derselben Zeit, als de Groote durch seine eindrucksvollen Predigten den Florentius für seine Reformbewegung gewann, trat unter denselben Umständen wie jener, auch der Priester Heinrich Foppenzoon von Gouda dem engeren Kreise der Anhänger de Grootes in Deventer bei 1. Da de Groote in Zwolle schon viele Anhänger hatte, schickte er Heinrich Foppenzoon, der als Kanzelredner schon bekannt war dahin, damit er im Sinne des Meisters wirke. Foppenzoon gründete alsbald in Zwolle aus eigenen Mitteln ein Konvikt zur Aufnahme frommer Studierender 2. Er erwarb ein Haus in der unmittelbaren Nähe des soge- nannten Beginenhofes 3, welches von der Stadtschule nur durch eine Strasse getrennt war. Dieses Foppenzoon- sche Konvikt ist von besonderer Bedeutung, weil es
1. Gerretsen : Florentius Radewyns, S. 58. Über Heinrich Foppenzoon, siehe H. S. 8849-69 De domino Henrico Goude, fol. 76-85, — Thomas a Kempis : Chron. Montis S. Agnelis, S. 168 ff. — H. S. X. 92, fol. 3 r. 2. H. S. X. 92, fol. IV.:“ Hie idem venerandus magisier (Gerhardus Groet) Suolle verbum salutis seminans, habuit in civitate ipsa auditores multos et discipulos devotos inier quos precipue Imitator devotionis ejusdem singularis fuit dominus Henricus Vopponis de Gouda oriundus, qui ab eodem magistro de Daventria Suollem .directus scolasticos devotos sub fervido viro, tunc scole rectore Joanne Zcele visitantes, collegit in domo sua quam circa conventum antiquum dictum Beghi- nagium habuit, in timorem Dei instituit”. — Confer: H. S. Nr. 8849-69 fol. 76. De domino Henrico Goude : “ Ne longe post hoc missus est a jnagistro Gerhardo in Zwollis ad confortandum eos quos ibidem magisier Gerhardus deo genuerat. 3. Siehe vorstehende Anmerkung. — 47 — erstens auf direktes Geheiss de Grootes gegründet wurde 1, und zwar im Anfange seiner öffentlichen Thätigkeit; dann aber zweitens, weil es überhaupt das erste Haus ist, welches von den Anhängern de Grootes mit dieser speziellen Bestimmung er- richtet wurde. In Deventer bestand ein solches Haus nicht 2. Nur die Amtswohnung des Florentius diente den Brüdern und Studierenden als Aufenthalt, und da dieselbe nicht geräumig war, konnte sie nur wenigen Scholaren Herberge bieten 3. Heinrich Foppenzoon unterrichtete seine Zwoller Zöglinge in der Furcht Gottes 4 und behielt die Leitung des Hauses in seinen Händen bis zu seinem end- gültigen Eintritte in die inzwischen erbaute domus major im Jahre 1398 5. Durch diesen Schritt war er gezwungen auf sein Besitztum zu verzichten, und da er dasselbe dem Fraterhause vermachte, kam auch sein Haus in deren Besitz 6. Die Bestimmung desselben hatte er aber insofern geändert, dass es, anstatt wie bisher ausschliesslich den
1. Siehe S. 46, Anm. 2. 2. Gerretsen : Florentius Radewyns, S. 67 f. 3. Dier de Müden, hgg. Dumbar : Analectica I, S. 12 : “ Dominus vero Florentius adunavit sibi intra domum vicarie sancti Pauli juvenes bone voluntatis, inter quos erant Johannes Brinkerink, Johannes Kempis, Johannes Vos de Hoesden et plures alii. Studium autem erat domini Florentii et disciplinorum suorum mortificare proprias volun- tates ac propriam sensualitatem ”. Erst 1396 kamen die Brüder durch die Schenkung der Freiin von Runen in den Besitz eines eigenen Hauses. 4. H. S. Nr. 8849-69. fol. 82 V. “ Habuit hie venerabilis pater (seil. Henrieus Vopponis) in domo sua in Zwollis devotos scolares quos instruebat et informabat ad cultum Dei, quos informatos et satis in scolasticalibus doctos ad loca religiosa direxit ”. 5. Aequoy : De Kroniek, S. 10. 6. H. S. Nr. 8849-59. fol. 82 V. “ Hae vero domum suam postea con- gregationem fratrum fundatam dedidit illis in eundem usum et seipsum Congregationi fratrum incorporavit et per Dominum Florentium et priorem de Windeshem frater et provisor domus faetus est. - 48 - frommen Studierenden, fortan “ad usum clericorum et devotorum ” dienen sollte 1. Die Gründung eines eigentlichen Fraterhauses in Zwolle ging unmittelbar von de Groote selbst aus, indem er im Jahre i384 jenes Haus erwarb, in dessen Kaufur- kunde Cele als Zeuge genannt wird 2. Dieses Gebäude lag ebenfalls wie das des Heinrich Foppenzoon in der Beginen- strasse und zwar unmittelbar neben jenem. Die Erwerbung dieses Hauses scheint de Groote viel Sorge bereitet zu haben, wie aus dem Briefe an Cele, in welchem er den Kauf billigt, hervorgeht 3. De Groote blieb nicht lange in dem Besitz des erworbenen Hauses, denn schon am St. Margaretentage desselben Jahres tritt er dasselbe durch notariellen Akt an Florentius Radewyns und Johann van den Gronde zum vollen Eigentum ab, so dass sie nach ihrem freien Willen zu Ehren und zum Lobe Gottes über das Gebäude verfügen sollten 4. Der Verkäufer und die beiden Käufer überliessen aber schon am 25. Juli, also fünf Tage später, dieses Haus dem ersten Verkäufer Effeken Wittecoep und Roerink 5, “ damit sie dasselbe bewohnen, um Gott so viel besser zu dienen ”, dann aber auch um andere Leute, die darin als Gäste oder als ständige Bewohner aufgenommen werden wollten, zu empfangen 6. Nach dem Tode de Grootes verkauften
1. H. S. X. 92, fol. 3 V. 2. Urkunden hgg. im Archief van het Aartsbisdom Utrecht 1875, Bd. II, S. 218-221. 3. Preger : Ep. LXI, S. 44 f. 4. Van Hattum : Geschiedenissen, Bd. II, I. Teil, S. 185. 5. Van Hattum : Geschiedenissen, Bd. V, I. Teil, S. 186. 6. Van Hattum, 1. c. : “ Ten einde daar inne te wonen, om Gode also vele te bet te dienen, tot onser weder zeggen : Ende ook om andere luden daer inne te ontfangen, als gaste, af stadelye by hen te blyven, corter of lenger als ons of hen daar dan guet af duncket ”. — 49 — die Zuletztgenannten das Haus gerichtlich an Johannes Ummen 1, der in demselben bis zu der Neugründung auf dem St. Agnietenberg als Rektor fungierte. Fragen wir uns nun nach der Ursache des schnellen Besitzwechsels dieses Hauses, so finden wir diese nicht, wie van Hattum 2, in dem Zwecke, die Erben der Verkäufer mit ihren Ansprüchen abzuweisen, sondern vielmehr in der Gesetzgebung der Stadt Zwolle. Aus Furcht vor der Ver- mehrung der toten Hand hatte die städtische Regierung, die nach dem Sturze der alten Patriziergeschlechter im Jahre 1871 hauptsächlich aus den Obmännern der Gilden sich zusammensetzte, die Niederlassung neuer klösterlicher Genossenschaften im städtischen Gebiete verboten und die Dotierung der schon bestehenden, sowie den Eintritt in dieselben wesentlich beschränkt 3. Ohne die Annahme dieser Ursache ist weder die Sorge de Grootes beim Ankaufe des Hauses, noch die vorsichtige Ausdrucksweise in den Kaufakten erklärlich. Auffallend muss es uns erscheinen, dass in denselben der eigentliche Zweck nie direkt genannt wird, besonders da der Wechsel stets unter treu ergebenen Freunden und Gesinnungsge- nossen stattfindet. Unsere Vermutung wird noch durch folgende Thatsache bestätigt. Als im Jahre i386 Ummen und die Seinigen das Haus verliessen um ausserhalb des städtischen Gebietes, wo also die Stadtregierung nichts drein zu reden hatte, auf dem St. Agnietenberge sich niederzulassen 4 vermieteten Florentius Radewyns und Johannes van der Gronde das Haus an reiche Scho-
1. Van Hattum Geschiedenissen I. c, S. 186 f. 2. Geschiedenissen, V. Bd., I. T., S. r86. 3. Dozy : De oudste Stadrechten van Zwolle, S. 3i und S. iSy ff. Art. 230-239. 4. Chron. Montis S. Agnetis, Gap. I. — 50 — laren 1, was gewiss nicht geschehen wäre, wenn sie nicht Schwierigkeiten gehabt hätten bei der Verwendung des Hauses als Fraterhaus. Ob in das genannte Haus schon unter dem Rektorate des Johann Ummen Studierende aufgenommen wurden, ist mit Sicherheit nicht festzustellen, jedoch stand dem, gemäss der oben genannten Urkunde, nichts im Wege, vielmehr ist es bei der allgemeinen Tendenz der Brüder sehr wahr- scheinlich 2. Wiewohl nun gesetzlich einer Niederlassung der Brüder als Genossenschaft in Zwolle Thür und Thor verschlossen war, liessen ihre Freunde dennoch nichts un- versucht, um den einmal gefassten Plan zu verwirklichen. Ein mit irdischen Gütern gesegneter Anhänger de Grootes, der fromme Edelmann und spätere Fraterherr Meynold von Windesheim 3, erbot sich sämtliche Kosten der Gründung zu tragen, wobei ihn sein Bruder Witto zu unterstützen versprach 4. Es handelte sich nur darum, einen Bauplatz auf städtischem Gebiete zu gewinnen und dem Konflikt mit den städtischen Gesetzen aus dem Wege zu gehen. Der schon mehrmals genannte Stadtpfarrer Reyner von Dreynen ver- pachtet laut Urkunde vom St. Mauritiustage (22. Sept.) 18945
1. Gerreisen : Florentius Radewyns, S. 66 f. Anm. 3. 2. Siehe S. 48, Anm. 6. 3. Über Meynold von Windesheim siehe H. S. X. 92, fol. 5 r f . — Lindeborn : “ Hist. Epist. Dav., S. 305. — Van Hattum : Geschiede- nissen, V. Bd., I. Teil, S. 194. 4. Siehe Schenkungsurkunde bei van Hattum, I. c, S. 194 ff. 5. Chariularium domus Clericorum Zwollis (Museum von Oud- heden Zwolle), fol. 2. Auszug in van Hattum : Geschiedenissen, I. c, S. 129 f. — Frensweger H. S. “. In dier tyl was toe Zwolle een seer guet pastoer, god mynnende ende alle devote menschen, heer Heiner van Drenen mer want hy verzach dat die raet van Zwolle niet toelaten en solde ene nye vergaderinghe der clerken in dien steden in welken se wertlic gebot over hadden, soe verpachtede deze guede pastoir ewelike jaerlics voer vyf pond enen gaerden tegen den wedem — 51 — den 3 Fraterherren Gerhard von Kalkar, Heinrich Zeeflic und Gysbert von Vlymen auf ewige Zeiten einen Garten, welcher der Pfarrkirche St. Michael gehörte und ebenfalls in der Beginenstrasse lag, gegen eine jährliche Abgabe von 5 Pfund. Das Kapitel von Deventer hatte durch Akte (dat. Kreuzexal- tatio 4. Sept. 1894) 1 diese Abtretung genehmigt. Laut den Berichten der Chroniken wagte von nun an die städtische Regierung keinen Einspruch mehr gegen den Bau des Hauses zu erheben, weil derselbe auf einem der Kirche gehörenden Grundstücke errichtet werden sollte. Unseres Erachtens jedoch ist der Hauptgrund zu der stillschwei- genden Genehmigung der Niederlassung durch die städ- tische Regierung nicht so sehr in der Respektierung des kirchlichen Eigentums zu suchen — denn dass man darin nicht sehr gewissenhaft war, bezeugt die oben bezeich- nete Gesetzgebung — als vielmehr in einer Bestimmung, die in dem Pachtvertrage des Stadtpfarrers mit Albert von Kalkar und seinen beiden Genossen enthalten war. In demselben wird der städtischen Regierung neben dem jeweiligen Stadtpfarrer eine gewisse Beaufsichtigung zuge- standen für den Fall, dass die Genossenschaft oder ein Teil derselben das Haus verkaufen wollte, um sich in Zwolle an einer andern Stelle niederzulassen. Sollten aber, so heisst es ferner in der Urkunde 2, die Priester oder
geleghen, welke gaerden hoerde tot de wedem der kerken, vermits confirmieringhe des capittels van Deventer, in welke stede die voorseegde Meynold naemals timmerde een groet hoghe hues, dat ghenoemt is, sunte Gregorius hues ”. Vergl. M. S. 88, Nr. 49-59. Brüssel. De Domo clericorum S. Gregorii in civitate Zwollensi, fol. 119 r-122 v. 1. Chartularium domus Clericorum Zwollis, fol. 3. 2. Van Hattum, I. c, S. 193 f. “ Mer weert dat deze voirscreven priestere of clerke of die meeste deel van hem bynnen der stad niet wonachtich en bleven, soe solde die kerkhere voorschreven ende die raet van Zwolle dese were ende tymmer ofdat guet dat daer van — 52 — Kleriker oder der grösste Teil derselben die Stadt ver- lassen, so soll der Stadtpfarrer und der städtische Rat die Liegenschaft oder den Erlös aus derselben in zwei gleiche Teile teilen und den einen Teil dem Konvikte des Heinrich Foppenzoon, den andern Teil dem Witwen- und Mägden- hause in der Neuen Diezerstrasse zukommen lassen. Die städtische Regierung hatte also ein gewisses Interesse an dem Zustandekommen der Stiftung, weil in jedem Falle die Stadt einen Vorteil daraus zog. Denn blieben die Fraterherren, so kam dieses der Stadtschule zu gute 1, gingen sie, so gereichte die Stiftung wenigstens indirekt zum Besten der Schule : durch die Dotierung des Foppen- zoon'schen Konviktes. Vor dem Beginne des Baues hatte Meynold eine An- zahl frommer Schüler um sich versammelt. Er sorgte für
ghecomen wäre ghelike deylen ende gheven in dat hues, daer her Henric van der Golde op date des briefs in wonachtig was, dair dese voirscreven weer mit den oesiereynde op schittet, ende den megheden ende den weduwen die toe samen woonachtig sin in der nyer Dieser- Strate in den hues dat Jacob Wernerssoen Lyse . . . met enen schepenen brieve overghegheven hebben den vrouwen personen voirscreven ende den anderen die doe ter tyd daer in woenden ende naemaels in wonen sullen ”. — Vergl. Chartularium, fol. 4. 1. Nämlich durch einen grösseren Zuzug von Schülern. Dass aber die Städte bei der Gründung und Unterstützung ihrer Schulen nicht aus purer Begeisterung für die Wissenschaft handelten, sondern auch auf ihren Nutzen sahen, beweisen zahlreiche Urkunden. Wir verweisen hier nur auf die Eingabe vom Jahre 1500 der Bürger Emmerichs an den Rat der Stadt, in welcher sie um bessere Lehrkräfte bitten und wohl in der Absicht den Rat gefügiger zu machen, ausgerechnet hatten, welcher finanzielle Nutzen der Stadt hieraus erwachsen würde. Nettesheim, S. 166 f. Ferner an die Bemühungen des Rates der Stadt Köln, das Verbot Albas vom Jahre 1570, welches den Niederländern den Besuch der Universität Köln unmöglich machte, aufzuheben. — B. J. von Bianco : Die alte Universität Köln und die spätem gelehrten Schulen dieser Stadt. Köln 1856, I. Teil, S. 306 f. — L. Ennen : Neuere Geschichte der Stadt Köln. Köln und Neuss 1876, S. 889. — 53 — ihre Kleidung und Lebensunterhalt und führte mit ihnen ein gemeinschaftliches christliches Leben 1. In seiner Demut hielt er es jedoch für besser, wenn er und seine Schütz- linge unter der direkten Leitung eines Bruders des gemein- samen Lebens ständen 2. Er begab sich persönlich nach Deventer zu Florentius Radewyns, “ damit er ihm für eine Zeit lang einen der Seinigen leihe, welcher seine Schüler lehren und unterrichten sollte gemäss der Methode seiner Fratres in Sitten, Zucht und Devotion ”. Florentius will- fahrte seinem Wunsche und schickte ihm für ein Jahr Gerhard von Kalkar, einen seiner Kleriker. Nach Verlauf dieses Jahres bat Meynold den Florentius, er möge Gerhard von Kalkar zum Rektor der Kleriker von Zwolle ernennen, da er alle Eigenschaften zu diesem Amte besitze. Er seiner- seits verpflichte sich, den Gerhard auf den Titel seiner Güter zum Priester weihen zu lassen 3. Florentius ging
1. H. S. X. 92, fol. 5 r. “ Cepit igitur simpliciter incedere sociavitque se devotis Ulis juxta Beginagium ubi et hospitavit aliquos bonos scolares de victu et vestitu eis providens et in communi cum illis vivens Deo devotus servire curavit ”. Frensweger H. S. : “ Mer voerder tymmeringhe des voerseegden huses, soe ontfonk deze devote man, ende vol van Gode vele schoelres van gueden wiile, die daer ter scholen ghinghen ende mer dien ende anderen guetwillighen menschen hadde hy sine wanderinghe hem vol- komenlike van den werelt ende van ydelen begheerten aftrekkende. 2. Frensweger H. S. : “ Mer want hy oetmoedelike van hem selven voelde, soe toech hy toe Deventer totten devoten heren Florentius, den vader alre devoter menschen ende bat oen oetmoedelike, dat hy hem ende sinen scholiers ter tyt toe enen wolde lenen, van den sinen, die sine scoliers leren ende onderwisen mochte nae synre fratres manier in zeden ende disciplyn ende devocien. Hierom die eerweerdighe vader Florens leende hem een jaer lanck Gherardum Kalker enen van sinen clerken ”. 3. Frensweger H. S. : “ Nae den ommeloep des jaers quam Mynold met Gherardus sinen seer gemynde vriende weder toe Deventer toe heren Florens ende bat met veel biddens, dat Gherardus gezet rectoer boven — 54 — auf den Vorschlag ein, und Gerhard von Kalkar führte einstweilen im Hause des Meynold 1 bis zur Fertigstel- lung des neuen Gebäudes das Rektorat über die dort versammelten Schüler, welche sich als Anhänger der mo- dernen Devotion bekannten. Meynold war es nicht ver- gönnt, die übersiedlung seiner Lieben in das neue Gebäude zu erleben, er starb noch vor der Vollendung desselben 2. Eine weitaus grössere Bedeutung, als die Gründung des Reichen Fraterhauses, hatte für die Schule von Zwolle die Gründung der “ domus pauperum3 ”. In derselben widmeten sich die Brüder ausschliesslich armen Studenten^ welche dort unentgeltlich Asyl und Pflege fanden 4. Die Entstehung dieses Konviktes liegt noch sehr im Dunkeln. Acquoy 5 nimmt an, dass seine Gründung um das Jahr 1400 zu verlegen sei , nachdem das Foppenzoon'sche Alumnat, welches von 1398 an auch das Kleine Haus oder “ domus parva ” genannt wird 6, seine frühere Bestimmung verloren habe. “ Denn ”, sagt er, “ es konnte unmöglich in der Absicht des Heinrich Foppenzoon gelegen haben, den Brüdern sein Haus zu schenken und die Bestimmung desselben zu ändern, ohne dass für
die clercken van Zwolle, want hy voersuchte ende lovede, dat hy em wolde priester laten ordineeren onder den titel syns guedes, dat alsoe geschiede”. Siehe auch H. S. X. 92, fol. 5 v. 1. H. S. X. 92, fol. 6 r. “ Rediens ergo Suollem hie frater Gerardus Kalker erat in domo Meynoldi cum aliis clericis cunctis sibi creditis tamquam alter Joseph omnia bene disponens et ordinans ”. 2. H. S. X. 92, fol. 6 r. “ (Meynoldus) anno Domini 1396 feliciter obdormivit in Domino . . . antequam domus ipsa inter et foris plene esset instructa nondum enim petris erat tectu ”. 3. Die domus pauperum lag ebenfalls in der Beginenstrasse, also in unmittelbarer Nähe der übrigen Häuser der Fraterherren. 4. Siehe S. 57, Anm. 3. 5. De Kroniek van het Fraterhuis te Zwolle, S. 12. 6. Siehe S. 57. — 55 — seine früheren Schützlinge anderswo gesorgt worden wäre, und dieses hätten die Brüder auch nicht gewollt ”. Wir schliessen uns dieser Ansicht Acquoys an, da die An- nahme 1, das Haus sei erst durch den dritten Rektor des Fraterhauses, Albert von Calcar (24. April 1457 bis 4. Mai 1482) gegründet worden, aus folgenden Gründen hinfällig wird. Wenn Albert von Calcar der Stifter der “ domus pauperum ”, aus welcher das Zwoller Fraterhaus seine meisten Novizen bezog 2, gewesen wäre, so würde ohne jeden Zweifel die Chronik des Fraterhauses diese auch für die Schule ausserordentlich wichtige Gründung berichten, zumal dieselbe uns genaue Auskunft über die rastlose Bauthätigkeit und andere Stiftungen Alberts zum Wohle der Studierenden giebt. Abgesehen davon, dass das Schweigen der Chronik genügenden Beweis für die Hinfälligkeit der Annahme liefert, beweisen auch zwei Stellen der Chronik, dass die “ domus pauperum ” lange bestanden hat, ehe Albert Prokurator dieser Anstalt wurde. Nachdem der Chronikschreiber nämlich erzählt hat, dass Albert von Calcar zum Rektor des neuerrichteten Hauses in Härder- Wyk 3 ernannt worden war, die Wahl aber durch seine inständigen Bitten rückgängig gemacht hatte, fährt er fort4: “ Ipse autem longe tempore usque dum eligeretur in rectorem domus nostre, fuit procurator domus pau- perum fideliter et strenue hanc gubernans et providens eis sollicite ”. Es ist also hier von einer Neugründung nichts zu entdecken, sondern der Chronist spricht von etwas schon Bestehendem. Diese Annahme wird nun zur unum-
1. Herkens Nr. 75, S. 136. 2. H. S. X. 92, fol. 47 r ; 48 v, 49 v ; 59 v, 60 r, 60 v, 64 v, 65 r. 3. Gestiftet 1441 oder 1445, siehe Delprat : De Broederschap,, S. 145. Leitsmann, S. 25. 4. H. S. X. 92, fol. 34 V. — 56 — stösslichen Sicherheit durch die folgende, einige Zeilen weiter stehende Bemerkung des Chronisten 1 : “In hiis et hujusmodi pro profectu et salute juvenum plurimum laboravit, nam a novo construxit anteriorem domum pauperum ”. Die Verwaltung der “ domus pauperum ” lag in den Händen eines Prokurators. Ihm lag die Sorge für das leibliche und geistige Wohl seiner Schutzbefohlenen ob ; seine Aufgabe war es auch, für die Verproviantierung und Dotierung des Hauses Sorge zu tragen, mit andern Worten, für die armen Studenten zu betteln. Der Chronist rühmt in diesem Punkte besonders den Prokurator Johann von Wesel 2, der dem Hause durch seine Umsicht und Ge- schicklichkeit bald einen Ochsen, bald Butter, bald die Zuwendung eines Testamentes zu verschaffen wusste. Im Laufe der Zeit wurde dieses Haus an Geld und jährlichen Abgaben von Lebensmitteln 3 so reich dotiert, dass nach dem Neubaue im Jahre 1514 in demselben bis 200 Schüler untergebracht werden konnten 4. Die Chronik berichtet uns von einem Wohlthäter, der demselben ein jährliches
1. H. S. X. 92, ibidem. 2. H. S. X. 92, fol. 41 r : “ Joh. Wesalie, procurator factus est domus pauperum quibus bene scivit providere et procurare aliquando bovem aliquando butiarum vel testamentum aliquid ”. 3. Van Hattum : Bd. V, S. 191. — Noch im Jahre 1575 vermachte der Stadtpfarrer dem Hause folgendes : “ Anno Domini 1575 die 15 Martii accepi a pastore nostro in domo nostra pauperum pro 4 discipulis ratione occasione trium regum duos lectos cum ceri . . . libus 2 et 3 stra- gulis simplicibus signatis concibus laneis in oris eorundum. Insuper dabit dominus pastor annue pro sustentatione horum 2 flor. primo termino solutionis erit anno 76 paschal. Durabitque conventio haec ad sex annos ”. Registrum bonorum domus pauperum I 537-38, fol. i. 4. Lindeborn : Historia, p. 382. - Rede des Schulrektors Gerhard Listrius, worin das Haus ein magnificentissimum contubernium, ein “ egregium collegium ” geannnt wird. — 57 — Legat von 4 Pfund vermachte 1 Zahlreich sind die Ein- künfte, welche uns die Rechnungen des Hauses über- liefern. An der Spitze steht die Stadt Zwolle mit einer jähr- lichen Abgabe von 84 Goldgulden verzeichnet 2. Die Aufnahme in die “ domus pauperum ” war an ziemlich strenge Bedingungen geknüpft. Die Reflektanten mussten sich einer Prüfung durch den Prokurator unter- werfen und fähig für die fünfte Klasse sein, denn die Un- würdigen, sagt die Verordnung, verunehren sowohl die Schule wie unser Haus. Auch dürfen nur wirklich arme, fleissige und bescheidene Studierende, welche mit guten Zeugnissen versehen sind, aufgenommen werden, besonders Friesen 3. Ein drittes Haus, welches unter der Leitung der Frater- herren stand, war das im Jahre iSgS an die Genossenschaft geschenkte ehemalige Foppenzoon'sche Konvikt 4. Seit das- selbe in den Besitz der Brüder übergegangen war, kommt es in der Chronik des Zwoller Fraterhauses im Gegensatze zu dem “ Reichen Fraterhause ”, unter dem Namen “ Parva domus 5” vor. Dasselbe stand ebenfalls unter der Leitung
1. H. S. X. 92, fol. 60. Domui pauperum clericorum legavit (seil Wilhelmus Witvoet) annuatim IV libros Domini. 2. Registrum bonorum domus Pauperum i537-i58i, fol. i. “ Civitas Zwollensis annue debet pauperibus scolaribus XXXIV florenos aureos. 3. Registrum bonorum domus pauperum iSSy-SH, fol. i. “ Non admittantur ulli discipuli ad domum pauperum nisi sint examinati a procuratore et digni quinto loco reperti fuerint; indigni enim deho- nestant et scolam et domum nostram. Nee reeipiuntur nisi vere pauperes, Studiosi et modesti habeantque bonum testimonium preeipue Frisii. — Siehe die Aufnahmebedingungen für das Alumnat der Brüder in Deventer. Moebius, S. 19 f. 4. Confer. S. 46. 5. H. S. X. 92, fol. 33 r. “ In domo vieina, que dieebatur parva domus fratrum. — L. e. fol. 44 r. “ Proeurator domus vieine, que dieitur parva domus. Vergl. S. 44. — 58 — eines Prokurators. Dieser wurde ebenfalls vom Rektor des Fraterhauses ernannt, aber nicht immer aus der Mitte der Fraterherren gewählt, da auch Nichtmitglieder der Ge- nossenschaft als Prokuratoren dieses Hauses vorkommen 1. Die Bewohner, für welche die verschiedensten Bezeich- nungen vorkommen 2, entrichteten für Kost und Logis eine gewisse jährliche Abgabe. Aber auch Laien, sowie Priestern und Lehrern der Schule 3 stand das Haus offen, wenigstens zur Zeit als Dietrich von Herxen Rektor des Fraterhauses war. Strenge Zucht und Ordnung herrschte im Hause 4, und wo Liebe und gute Ermahnungen nichts fruchteten, handhabte der Prokurator mit schwerer Hand die Rute 5 Die Chronik des Fraterhauses ist deshalb an mehrern Stellen des Lobes voll über die Vortrefflichkeit
1.H. S. X., 92, fol. 60 r. “ Wilhelmus Witovet a primera etate sua stellt sub obediencia venerabilis patris nostri domini Theodorici quamvis non fuit acceptus frater domus nostre. Unde ex consilio ejus per aliquot annos fuit procurator parve domus clericorum ”. — Dergleichen Job. von Andernach : H. S. X., 92, fol. 18 r. Acquoy Kroniek, S. 3o. 2. H. S. X. 92, fol. 18 r, 45 V, 58 v, 59 r, clerici, clerici juvenes, clerici bonae voluntatis — fol. 60 v, 61 r, juvenes, juvenes devoti — fol. 19 V, 29 r, 32 r, 33 v, 35 v, 44 r, 45 v, 52 v, scolares, juvenes scolares, clerici scolares. 3. H. S. X. 92, fol. 18. “ Multi tunc fuerunt alii boni viri seculares, eciam et clerici submonitores scolarium, sed et presbiteri aliqui qui se subdiderunt consilio patris nostri ”. 4. H. S. X. 92, fol. 18. “Minor eciam domus nostra tunc fuit in bona disciplina et ordinatione, ita ut ibi essent non pauci bone voluntatis clerici sicut tunc optime instituebantur ”. — Fol. 44 v. “ Unde contigit ex discretione et prudenti regimine ejus ut cum omnes eum amarent non ninus quoque timerent, quare tempore regiminis sui viguit et floruit domus illa in bona disciplina et bonis devotis juvenibus ”. 5. H. S. X. 92, fol. 44V. “ Nam quamvis (nempe Rutger de Doetig- hem jucunde eis prefuit et amabilem se omnibus faceret, tamen excessus committentes contra consuetudines et bonos mores acriter arguit vel eciam virga dure percussit ”. - 59 - der Bewohner und hebt ganz besonders den Nutzen und guten Einfluss hervor, welchen die Konviktoren auf ihre in der Stadt wohnenden Mitschüler ausübten K Der Hauptzweck dieses Hauses war dann auch ohne Zweifel, begüterte junge Leute der schlechten Gesell- schaft ihrer Kommilitonen zu entziehen1 um durch stete überwachung und fromme Ermahnungen besser für deren Seelenheil sorgen zu können. Um diesen Zweck zu er- reichen, suchten die Brüder mit den in den Privathäusern lebenden Studierenden bekannt zu werden und sie in ihre Vereinigung zu ziehen 2. Auffallend muss es erscheinen, dass Busch in seinem ziemlich ausführlichen Berichte über die Schüler Celes nicht ausdrücklich die Thätigkeit der Fraterherren und deren Erziehungshäuser erwähnt. Nachdem er hervorge- hoben hat 3, dass unter der grossen Zahl fremder Studie-
1. H. S. X. 92, fol. 45 r. “ Sic ergo tunc ornata erat parva domus juvenibus bonis, unde magnus fructus provenit in scol a Suollensi ”. 2. Ein solches Beispiel, welches uns so recjit die Thätigkeit der Brüder vor Augen führt, überliefert uns die Chronik des Fraterhauses in dem Berichte über die “ Bekehrung” des dritten Rektors desselben. Albert von Calcar. Dieser, der Sohn eines reichen Ratsherrn des Herzogs von Cleve, Lambertus Paap, besuchte unter der Aufsicht eines Erziehers die Stadtschule. Der lebhafte und geistreiche Knabe, der wohl etwas welt- lichen Sinnes sein mochte, zog bald die Aufmerksamkeit der beiden Fraterherren Gerhard Scadde und Heinrich von Calcar auf sich. Diese suchten durch fromme Ermahnungen auf ihn einzuwirken und ihn, damit er den schlechten Gesellschaften entgehe, zum Eintritt in die “ domus parva ” zu bewegen. Aber ihre Bemühungen blieben lange fruchtlos. Als er jedoch einst einer Kollation der Brüder über die Hölle beiwohnte, wurde er nach und nach andern Sinnes, führte ein beschei- deneres Leben, suchte den Umgang mit den Brüdern und ging zuletzt, nachdem er längere Zeit mit der Betrachtung der vier letzten Dinge sich beschäftigt hatte, auf den Vorschlag des Gerhard Scadde ein. 3. Chron. Wind., S. 208. — 60 — renden (externi) 1 Leute jeden Alters sich befanden, welche sich teils dem geistlichen Stande widmen wollten, teils auf ein Amt in der Welt sich vorbereiteten, fährt er fort : “ Von diesen Scholaren, sorgte ein Teil der Reichern für ihr Unterkommen in der Stadt auf eigene Kosten, andere lebten ebenfalls auf eigene Kosten, die sie gleichmässig beisteuerten, in bestimmter Anzahl in einem Hause zu- sammen ; die armen Scholaren, deren Zahl wahrlich nicht gering war,' suchten durch betteln von Thür zu Thür oder durch verschiedene Dienstleistungen bei den Bürgern der Stadt die Kosten ihres Unterhaltes aufzubringen ”. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass Busch bei der Erwähnung des Zusammenlebens der Studierenden die Erziehungshäuser der Fraterherren im Auge hat. Denn eine solche Einrichtung kann kaum aus eigener Initiative der Studenten entstanden sein und auch nicht unter deren Leitung gestanden haben, vielmehr weist der ganze Be- richt auf eine Institution hin, welche nach einem fest- stehenden Plane regiert wurde. Denn wie könnte sonst von einer bestimmten Anzahl und von gemeinschaftlicher Beisteuer zum Unterhalt die Rede sein. Noch mehr aber muss es uns wundern, dass der sonst so redselige Bericht- erstatter auch mit keiner Silbe der Mildherzigkeit der Devoten und besonders der Bemühungen der Fraterherren
1. Moll irrt, wenn er im Bd. II, S. 225 seiner Kirchengeschichte sagt : “ Celes Schüler wurden eingeteilt in intranei, welche im Hause Celes wohnten, und extranei, die bei den Bürgern oder besonders bei den Fratres . . . untergebracht waren. Denn abgesehen von dem festste- henden Terminus “ intraneus ” für “ Einheimischer ” (Diefenbach : Glossar, lat. germ. S. 305 : eynlender : eyn die bynnen geboren is, extraneus : utlender) würde uns Busch ohne Zweifel diese Einrichtung seines geliebten Lehres berichtet haben. — Vergl. Allgemeine Deutsche Biographie. Bd. IV, S. 3i, wo, gestützt auf Moll, derselbe Irrtum verzeichnet ist. — 61 — für die armen Scholaren gedenkt, welche wir früher aus andern Quellen nachgewiesen haben 1. Ganz besonders in Rücksicht auf die armen Schüler ist der Bericht Buschs leider sehr mangelhaft, und so müssen wir denn darauf Versieht leisten," einen tiefern und gewiss interessanten Einblick in ihr wenig beneidenswertes Dasein zu werfen. Ohne Zweifel ist jedoch der Bericht Buschs nur so zu verstehen, dass bei der grossen Anzahl der armen Studie- renden ein Teil derselben gezwungen war, auf die ange- gebene Art für ihr Unterkommen zu sorgen, und auch diesen wird Cele, wie de Groote in Deventer, da er das Betteln so sehr verabscheute, durch Bücherabschreiben Gelegenheit geboten haben für ihren Unterhalt zu sorgen. Wie an allen mittelalterlichen Schulen war ein Teil der Scholaren, die sogenannten Chorales, speziell für den Kirchendienst bestimmt. Wie uns Busch berichtet rekru- tierten sich diese zum grössten Teile aus Einheimischen oder “ intranei 2”, den übrigen kleinen Bruchteil bildeten “extranei”, welche wohl wie es meistens der Fall war, arme Schüler, “scholares pauperes”, waren 3. Diese Cho- rales genossen vor den anderen Schülern manche Vorteile, wozu an erster Stelle die Entbindung von den üblichen Abgaben und von dem Schulgelde zu nennen ist. Ob sie auch freien Unterhalt genossen, wie dieses später in Zwolle der Fall war, ist, wenn auch für die Zeit Celes nicht mit Sicherheit festzustellen, doch sehr wahrscheinlich. Ob
1. Vergl. S. 19 ff. 2. Chron. Wind., S. 207. 3. Chorschüler waren vielfach pauperes scholares so, dass die Be- griffe “ Chorschüler” und arme Schüler nach und nach identisch wurden; Lorenz Sy. Mone Zeitschrift für die Geschichte des Oberheims I, 131 ; II, 136. Kriegk : 85, 361-62. Nettesheim : 1 32-33. Specht : 176, 177,. 374, 391. Über die pauperes mendicantes vergl. Paulsen, S. 20. — 62 — diese ebenfalls bei den Fraterherren ein Unterkommen fanden, ist nirgends ersichtlich. Nachdem wir nun diejenigen Faktoren in ihrem Wesen und gegenseitigen Verhältnis kennen gelernt haben, welche der Zwoller Schule einen so eigentümlichen Charakter gegeben haben, gehen wir zur Behandlung der innern Organisation der Zwoller Schule über. Von dieser sagt Hirsche mit Recht, dass sie einige der wenigen Schulen ist, in welcher geschichtlich nachweisbar “ ungehemmt durch irgend welchen äussern Einfluss, die Gesinnungs- weise de Grootes, das, was in ihr in Bezug auf das Schul- wesen Reformatorisches lag, deutlich zeigen kann 1 ”.
1. Real Encycl., S. 749.

III. Kapitel.

Die innere Organisation der Schule unter Gele.


Betrachten wir nun die eigentümliche Art und Weise, 
wie die Schule unter Cele organisiert war. Als Cele die 
Schule übernahm, war sie eine gewöhnliche Stadtschule S 
in der, nach herkömmlicher Gewohnheit, das Trivium 
gelehrt wurde, nämlich Grammatik, Rhetorik und Dia- 
lektik 2. Für die innere Organisation galt die allgemeine 
mittelalterliche Lehrordnung3 die sich von den der Kloster- 
und Stiftsschulen in keinem wesentlichen Punkte unter- 
schied 3. Als Stadtschule hatte sie aber den früheren Cha- 
rakter einer Pfarrschule der Kirche St. Michael nicht 
verloren, sondern beteiligte sich vor wie nach in herkömm- 
licher Weise am Gottesdienste. Die Kirche St. Michael 
aber war, wie wir früher gesehen haben, eine Dependenz 
des Stiftes Deventer. Als solche war sie den Verordnungen 
des Stiftes unterworfen, und da die mittelalterliche Schule 
sich vollständig nach der Kirche zu richten hatte, so waren 
auch für die Zwoller Schule diejenigen speziellen gottes- 
dienstlichen Verordnungen massgebend, welche das Stift für 



1. Busch nennt sie Studium Particulare. — Chron. Wind., S. 205. Liber de Reform., S. 3g3. 2. Busch : Chron. Wind., S. 205, sagt, er sei in Zwolle in “ trivia- iibus scienciis ” unterrichtet worden. 3. Paulsen : Geschichte des gelehrten Unterrichts, S. 17. — Specht : Geschichte des Unterrichtswesens, S. 247. — Fr. Koldewey : Braun- schweigische Schulordnungen, Bd. I, M. P. G., Berlin 1886, S. XXXVI. — 64 — die Zwoller Kirche erliess. In wie weit die Beteiligung der Zwoller Schule an dem Gottesdienste mit den Vorschriften der Deventerschen Schulordnung der Stiftsschule überein- stimmt, werden wir in dem Kapitel “ über die Schul- ordnungen der Zwoller Schule ” näher klarlegen. Wie an den meisten der derartigen Schulen war auch in Zwolle nur ein Lehrer angestellt, der zugleich Kantor der Pfarrkirche war. Auch Cele war bis zu seinem Tode als Kantor von St. Michael thätig 1 und ebenso war er im Anfange seines Rektorates die einzige Lehrkraft an der Schule 2. In dieser Form genügte die Schule vollständig den Anforderungen einer ausschliesslich handeltreibenden
1. Chron. Mont. S. Agnetis, S. 170. “ Ubi et ipse hilariter presens (scil, in divinis laudibus) totum chorum concordi modulatione rexit ac etiam saepe in festis summa cum exultatione in organis cecinit ”. — Busch : Chron. Wind., S. 214. “ Similiter fecit in choro collega suo magistro regimen chori gubernante ”. 2. Für die Ansicht Albertingk Thyms (Kirchenlexikon von Wetzer und Weite, 2, 1924-26), dass die Zwoller Schule unter der Leitung Celes und des Dominikanermönches Mathaeus Grabow gestanden hätte, finden wir keinen Anhaltspunkt. Schon aus dem oben angegebenen Grunde muss dieselbe als irrig bezeichnet werden. Dann aber ist es auch aus inneren Gründen ausgeschlossen, dass, nachdem Cele die Schule zur Blüte gebracht hatte, Grabow an dieselbe als Lehrer oder gar als Conrector berufen worden wäre. Denn abgesehen davon, dass Grabow nicht in dem Dominikanerkloster in Zwolle, sondern in Groningen ansässig war, ist er als entschiedenster Feind der Brüder des gemeinsamen Lebens und deren Anhänger bekannt, und war als solcher ein Gegner Celes. Als Rektor jedoch stand Cele allein die Befugnis zu, seine Hilfslehrer zu ernennen, und da ist es selbstredend, dass er den Bekämpfer seiner Anschauungen nicht als Lehrer anstellte. Denn Grabow war es, welcher die Brüder auf dem Konstanzer Konzil der Ketzerei angeklagt hatte, aber zum Widerrufe gezwungen, und zu lebenslänglicher Haft im Kerker der Inquisition zu Rom verurteilt wurde. — über Grabow und seine Streitigkeit mit den Brüdern siehe : Von der Hardt, Magnum oecum. Constant. concilium, Frankfurt 1697, t. III, Col. 106-121. — Chron. Wind., S. 172-174. — Delprat de Broe- derschap., S. 50-57. — Acquoy : Het Kloster I, S. 236; II, 106, 879. — — 65 — Provinzstadt, und schon deshalb kann man von einem herabgekommenen Schulwesen der Stadt Zwolle 1 bei der übernahme des Rektorates durch Cele nicht sprechen. Der Unterricht war an der Zwoller Schule nicht gratis, wie dieses die Kirchenverordnungen vorschrieben, sondern man folgte hierin dem allgemeinen, von der Kirche später sanktionierten Gebrauche, dass die Studierenden nur gegen ein gewisses Schulgeld und sonstige kerkömmliche Ab- gaben, wie Beiträge zur Heitzung und Beleuchtung des Schullokales u. s. w., zugelassen wurden 2. In der Bezah- lung des Schulgeldes waren nicht alle Schüler auf den- selben Fuss gestellt, sondern man machte einen Unter- schied zwischen den Intranei oder Bürgerkindern und den Extranei oder fremden Studenten 3. Für Erstere durfte das Schulgeld, gemäss dem Stadtrechte von 1402-15 6 ½ Plac cken 4 nicht übersteigen, für Letztere wird dasselbe, wie es
Fr. Jostes : Die Schriften des Garhard Zerbold von Zütphen im Histor. Jahrbuch der Görresgesellsch., Bd. XI, S. 7. — Hermann Keussen : Der Dominikaner M. Grabow und die Brüder des gemeinsamen Lebens, in Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln, Heft XHI, S. 33-47. 1. Van Slee : Artikel : Johann Cele in Allgem. deutsche Biographie. — K. A. Schmid : Geschichte der Erziehung II, 2. Abt., S. 165. 2. In den späteren Schulordnungen sind diese Abgaben nicht deutlich bestimmt, man verweist vielmehr auf “ alte Gewohnheit und Brauch ”. Das alte Deventersche Schulgesetz hat hierüber folgende Bestimmungen : “ Ita circa intraneos et chorales tam Rector quam Lectores in recipiendo pastum servabunt consuetudinem et observantias solitas : videlicet quod Rector de choralibus nihil, de intraneis medietatem pretii recipiet, demptis candelaribus minualibus floribus nucleis et aliis extraordinariis ad quae intranei similiter extranei sed non chorales obligantur. 3. Siehe Anm. 4. 4. Dozy : De oudste Stadrechte, S. 55. “ Item toe tal elek schoelre van onser borgher Kynder toe schoelghelde geven sevendehalve brede hasselder placken des yaers daer men pacht binnen Zwolle mede betaelt ende niet meer ”. — 66 — an andern Schulen der Brauch war, jedenfalls höher gewesen sein 1. Von der Entrichtung des Schulgeldes und aller sonstigen Abgaben waren die sogenannten Chorales befreit. Wie die Sitte im Mittelalter es erheischte, begann auch in Zwolle der Unterricht schon morgens früh, vermut- lich um 6 Uhr 2, und beschränkte sich auf drei, höchstens vier Stunden täglich. An Sonn- und Feiertagen fiel der Unterricht in eigentlichen Schulfächern aus. Ausserdem waren noch ein oder zwei Nachmittage den Schülern zur Erholung frei gegeben. Schulbänke und Tische fehlten sehr wahrscheinlich, wie in den meisten der damaligen Schulen, auch in Zwolle, wenigstens ist von einer Existenz derselben weder in den Stadtrechnungen noch in andern Doku- menten eine Spur zu finden. An den herkömmlichen Einrichtungen der Schule änderte Cele im Anfange seiner Thätigkeit nichts. Mit der Zeit sah er sich jedoch durch den über alles Erwarten grossen Besuch der Schule gezwungen, in ihrer innern
1. In der Ernennungsurkunde des Rektors Johann von Dalen, siehe Beilage III, wird das Schulgeld der Bürgerkinder auf 5 Krom- siaarten, das der Fremden auf 6 Kromstaarten festgesetzt. 2. In der Verordnung von 1505 heisst es, dass der Rektor verpflichtet ist, morgens nach 6 Uhr “ Absentes ” zu hören. Da nun an denjenigen Schulen, welche die Zwoller Schulordnung adoptierten, ebenfalls des morgens um 6 Uhr der Unterricht begann, so ist es fast sicher, dass dieses auch zur Zeit Celes der Fall war. Siehe Römer : Die Schule von Münster, i. d. Zeitschrift für berg. Geschichte 1896, S. 212. — Auch aus dem Leben Celes können wir auf eine frühe Morgenstunde schliessen, denn Busch (Chron. Wind., S. 205) erzählt von ihm, er habe ihnen häufig in der Schule selbst gesagt, dass er, als er einst morgens bei der Dämmerung zur Schule und Kirche eilte, und sein Weg ihn über eine hölzerne Brücke führte, die über das Wasser zwischen dem Roten Turm und dem Markte geschlagen war, so stark gegen den Pfosten anstiess und sich so am Munde verletzte, dass er mehrere Zähne verlor. — 67 — Organisation eine wichtige änderung vorzunehmen. “ Voll von Gnade, Heiligkeit und Gelehrsamkeit ”, so sagt Busch von ihm1, “brachte er baldigst die Schule zu einem “bonum solempne Studium particulare ”. Der Ruhm seiner ausser- ordentlichen erzieherischen Fähigkeiten war schon weit über seinen engeren Wirkungskreis hinausgedrungen, und zahlreiche Studierende jeden Alters 2 zogen nach Zwolle um von Cele unterrichtet zu werden. “ Da waren Kölner und Trierer, Lütticher und aus dem Stifte Utrecht, Brabanter und Flamländer, Holländer und Westfalen, Sachsen und Leute aus dem Herzogtum Cleve und Geldern, Friesen und noch sehr viele andere aus allen Teilen Deutschlands, aus Gross- und Kleinstädten in grosser Zahl, oft über 800-1000, so dass ein Schulgebäude sie manchmal nicht fassen konnte 3”. Bei diesem unverhofften Aufschwünge seiner Schule musste Cele, da seine eigenen Kräfte zum Unterrichte einer solch grossen Anzahl Schüler selbstverständlich nicht hinreichten 4, zuerst auf die Vermehrung des Lehrkörpers bedacht sein. Nachdem er zwei oder drei, auf Universitäten gebildete Lehrer, die von Busch ausdrücklich als “ magistri
1. Chron. Wind., S. 205 und 206. 2. Chron. Wind., S. 206. — Chron. Mont. S. Agnetis, S. 170 drückt sich wie folgt aus : “ In remotas denique Teutoniae partes fama bonitatis ejus exivit et in fines orbis terrae sententiarum suarum dicta ex ore studentium pervenerunt. Brabantini cum Flaminghis, Holian- dini cum Frisonibus, Westvali cum Saxonibus sub eo frequentarunt : et studiose agentes in scholis ad natales suos doctores repedarunt. Trevirenses cum Coloniensibus , Leodienses cum Trajectensibus, Ciivenses cum Geldriensibus ibi fuerunt; et ex aliis villis et castellis juvenes ad discendum habiles concurrentes in scientiis vlide profecerunt ” 3. Chron. Wind., S. 206 4. Chron. Wind., S. 206 — 68 — artium parisienses 1 ” bezeichnet werden, an seine Schule genommen hatte, teilte er die Schule an Stelle, der bis dahin bestehenden drei, in acht Klassen ein 2. Diese Schüler waren wegen der grossen Anzahl in mehrere Schulhäuser verteilt ; ob aber die einzelnen Klassen in verschiedene von einander getrennte Räume unterge- bracht waren, ist aus Buschs Bericht mit Sicherheit nicht zu erkennen 3. Cele selbst führte als “ magister supremus 4” mit Unterstützung der übrigen magistri 5 die Aufsicht über alle Klassen und wohnte abwechselnd in denselben dem Unterrichte bei. In der ersten und zweiten Klasse unterrich- teten die magistri 6, von der dritten Klasse abwärts dehnte Cele die Methode des gegenseitigen Unterrichts aus. Er betraute die besten Schüler der ersten Klasse 7 oder solche, welche das Schulpensum schon absolviert hatten 8, mit dem Unterrichte in den sechs unteren Klassen und gab ihnen so gemäss dem im Mittelalter an allen Lehranstalten praktisch angewendeten Spruche “ docendo discimus ” Gelegenheit zur weiteren Ausbildung. Diese Schüler,
1. Chron. Wind., S. 206. — Liber de Reform., S. SgS. “ Nam duos aut tres artium magistros Parisienses habuimus ”. 2. Chron. Wind., S. 206. “ Et quia octo locis separatis scolam suam distinxerat ”. 3. Chron. Wind., S. 206. “ Ut una tantum Scola eos (seil, octo vel decem centenaria scolarium) capere quandoque non sufficeret ”. 4. Liber de reform., S. 3g3. 5. Chron. Wind., S. 206. “ Duos artium magistros . . . qui . . . gene- raliter toti scole secum preessent, assumpsit ”. 6. Chron Wind., S. 206. -- Liber de Reform., S. 3g3. “ Nam primo et secundo locis magistri nostri prefuerunt ”. 7. Chron. Wind., S. 207. “ Primarios de primo loco sex locis in- ferioribus in lectionibus et examinacionibus preesse constituit ”. 8. Liber de Reform., S. 3g3, bezeugt Busch, dass er drei Jahre Schüler der ersten Klasse war und alsdann erkannte, dass er in derselben weiter nichts lernen konnte. In der Zeit aber war er Lector an der fünften und dritten Klasse. - 69 - welche gewöhnlich unter dem Namen “ primarii 1 ” vor- kommen, erhielten als Entgelt für ihre Mühen vom Rektor kein festes Gehalt, wie die magistri, sondern ein Trinkgeld (bibales 2), dessen Höhe seinem Ermessen anheim gestellt war. Die Schülerzahl in den einzelnen Klassen betrug manchmal über 80 und 100 3. Als Busch Lehrer der fünften Klasse war, hatte er 60, manchmal über 80 Schüler zu unter- richten 4. Die Klassen-Lehrer, und besonders die jüngeren, hatten daher keine leichte Aufgabe zu erfüllen, wenn sie ihr Pensum abwickeln und Zucht und Ordnung in ihren Klassen halten wollten. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die einzelnen Klassen wiederum in Unterabteilungen von 10 oder 8 Schülern eingeteilt waren, und dass jeder einzelnen Gruppe wiederum ein Schüler vorstand, der das Verhalten der andern zu überwachen hatte und für deren Versäumnis verantwortlich war. In den Berichten des Johann Busch über die Schule finden wir freilich für diese Annahme keinen Anhalts- punkt , aber niemand wird behaupten wollen , dass die gewiss wertvollen Aufzeichnungen dieses ehemaligen Zwoller Schülers auf Vollständigkeit und Erschöpfung des Themas Anspruch machen. Wir sind daher im Laufe unserer Abhandlung noch manchmal gezwungen zum besseren und völligen Verständnisse der inneren Einrich- tung der Zwoller Schule, Vergleiche anzustellen mit der Organisation anderer Schulen der Niederlande, die aller- dings erst viel später zur Blüte gelangten, die aber nach- weisbar, abgesehen von einigen durch den Humanismus
1. Siehe S. 68, Anm. 7. 2. Liber de Reform., S. 393. 3. Chron. Wind., S. 206. 4. Liber de Reform. Monast., S. 393. — 70 — eingeführten änderungen, Celes Schulordnung adoptiert hatten. In allen diesen finden wir, von Herzogenbusch angefangen bis Lüttich 1, diese Unterabteilung der Klassen, entweder in Dekurien wie in Lüttich, oder Octurien wie in Deventer 2 unter Hegius. Wenn wir nun noch den Umstand in Betracht ziehen, dass die Unterabteilung der einzelnen Klassen keine Erfindung Celes, sondern eine längst gekannte Einrichtung der mittelalterlichen Schulen war 3, so dürfen wir fast mit Sicherheit annehmen, dass Cele, wenn er sie nicht schon an der Schule von Zwolle vorgefunden, dieselbe dann doch eingeführt hat. Wie dem nun auch sein möge, dieses eine ist sicher, dass Cele in seiner Schule eine eiserne Disciplin handhabte. Aber diese Disciplin war es nicht allein, welche die Zwoller Schule zu einer Musteranstalt erhob, sondern ihr Ruhm hing ganz besonders von der vortrefflichen Erziehungsmethode Celes ab. Busch sowohl wie Thomas von Kempen bezeugen uns an verschiedenen Stellen, dass Cele , ohne den Unterricht zu vernachlässigen , doch besonderen Wert auf eine christliche Erziehung legte 4.
1. Th. Ziegeler : Geschichte der Pädagogik, München 1895, S. 55. 2. Revius : Deventria illustrata. Lugd. Bat. 1651, S. 137 sagt, dass Timann Kemener, der spätere Rektor von Münster “ in eodem octuria condiscipulus Erasmi Roterodami ” gewesen sei. 3. Decurien scheinen zuerst von dem 521 zu Narbonne geborenen Ferreolus, Bischof von Narbonne (553-81), eingeführt zu sein, denn er schreibt in der Regula monasterii Ferriolacensis bei Thomas- sinus II, I, 93 “ ediscendo memoriter psalterio, partito agmine toto in decurias, ac praestituto singulis decuriis lectore, quem caeteri audiant ”. Auch finden wir diese Einrichtung an der Lütticher Schule unter dem Bischöfe Everaklus (959-72), der der Gründer dieser Schule ist, vor. Gramer : Geschichte der Schulen, S. 93. 4. Busch : Chron. Wind., S. 205 sagt, dass Cele seine Schüler : “ Non tam trivialibus scienciis quam sanctorum scripturarum intelligenciis in timore dei verbo et exemplo ” unterwiesen habe, und S. 206 fährt er — 71 — Aus seinem Wahlspruche : “ Das Himmelreich ist nicht im Wissen und in der Rede, sondern im Werk und in der Tugend 1 ” erkennen wir klar und deutlich das Ideal, welches er erstrebte, nämlich seine Zöglinge durch eine sittlich-religiöse Erziehung für den Lebensberuf in der Welt auf das jenseitige Ziel des Menschen vorzubereiten. Diese Aufgabe löste er in bewun- derungswürdiger Weise dadurch, dass er den Beruf eines Erziehers in seiner vollen Grösse erfasste. Er forderte von seinen Schülern nichts, was er nicht selbst übte 2. Sein ganzes Leben war eine stete übung in Selbster- kenntnis und Selbsterziehung 3 und somit konnte sein Biograph von ihm mit Recht sagen, dass er sich seinen Schülern stets als “ exemplar et forma bonae vitae et sanctae conversationis 4 ” zeigte. Ausgerüstet mit solchen Tugenden stand Cele seinen Schülern gegenüber als ein Lehrer, der nicht nur durch sein Können und Wissen, sondern besonders durch treue Pflichterfüllung seine über- legenheit zeigte und dessen persönliche Erscheinung allein schon Ehrerbietung und Gehorsam abzwang. Mit Recht konnte man sagen, dass er die Anforderungen Quintilians 5 erfüllte : Er war ein Lehrer, der keine Fehler hatte 6, aber auch keine duldete.
fort : “ Quamvis autem magnam adhibuit diligentiam, ut discipuli ejus in scienciis scolasticalibus . . . proficerent, non tamen minorem ymmo sepe majorem exercuit sollicitudinem, ut etiam in scripturis divinis moribus bonis et honestis vita sancta et christiana in timore dei cognicione et amore eius similiter proficerent. ” 1. Chron. Wind., S. 215. 2. Chiron. Wind., S. 213. “ Incepit a seipso Christum in hoc imitans non docens sermone que prius opere non fecisset ”. — 3. Chron. Wind., S. 216. 4. Chron. Wind., S. 213. 5. De instit. orator. II, 2. 6. Der Fortsetzer der Chron. Mont. S. Agnetis sagt von ihm, er sei — 72 — Als praktischer Schulmann verlangte er von seinen Zöglingen diejenigen Tugenden, welche die Basis einer erfolgreichen Erziehung bilden : Fleiss, Gehorsam, Sittenreinheit und Frömmigkeit. Vor allem sah Cele daher sehr strenge auf den regel- mässigen Schulbesuch : kein Schüler durfte ohne Erlaubnis den Unterricht versäumen 1. Wie jedes Vergehen gegen die Schulzucht wurde auch unbegründete Schulversäumnis durch körperliche Züchtigung strenge geahndet 2 ; Geld- strafen, welche schon damals an vielen Schulen eingeführt waren 3, verpönte er 4. Aus Furcht vor dem verheerenden Einflüsse böser Beispiele 5 schloss er mit unerbitterlicher Strenge die durch ihr lockeres Leben bekannten fahrenden Schüler 6 von dem Besuche seiner Schule aus 7. Zur Ein- schüchterung der Müssiggänger wiederholte er in der Schule oft folgenden Spruch, den er mit grossen Buchstaben auf ein Pergamentblatt schreiben und an derThüre des Schulhauses anschlagen liess 8 : “ Qui domicellari vult nee par esse Scolari
“ honeste educatus, bene litteratus scientia non inflatus, sobrius, castus, humilis atque devotus ” gewesen, — Vergl. hierzu Chron. Wind., S. 213. 1. Chron. Wind., S. 206 f. 2. Chron. Wind., S. 207. Gemäss Verordnung des Stadtrates vom Jahre 1563 sollte derjenige, welcher drei Lektionen ohne Erlaubnis des Rektors versäumt hatte, mit der Rute, derjenige, der ein oder zweimal gefehlt hatte, mit dem “ Palmatorium ” nach alter Gewohnheit bestraft werden. — Bydragen tot de Geschiedenis van Overyssel : X. Bd., S. 97. 3. Moll : Kerkgeschiedenis II, II. S. 280. 4. Chron. Wind., S. 207. 5. Chron. Wmd., S. 207. — Chron. Mont. S. Agnetis, S. 171. 6. Chron. Wind. 1. c. 7. Appendix Mont. S. Agnetis, S. 171 : “ Vagos autem et trusatores non patiebantur non admittere nee perdurare ”. 8. Chron. Wind., S. 207. — (Vergl. Chron. Montis S. Agnetis, S. 171.) — Vergl. L. Diefenbach : Glossarium Latino-Germanicum, S. 190 : Domicellare-jonkerscap driven, domicellus-jung-junck-jungk-herre: - 73 - nie domi maneat et domicellus eat. ” Richtet sich nun Celes Verbot im allgemeinen gegen ein Studentenleben in dulci jubilo, wie es an den damaligen Schulen in hoher Blüte stand, so hat er, wie wir aus diesem Spruch ersehen, doch eine Klasse Studierender besonders ins Auge gefasst, nämlich die jungen Kanoniker, welche vor ihrer Emancipierung die Zwoller Schule besuchten. In dieser Zeit des Wiederaufblühens der Wissenschaften durch die Gründung der Universitäten macht sich nämlich auch in den Stiften ein erfreulicher Eifer für das höhere Studium bemerkbar 1. Aus den uns erhaltenen Lehr- und Haus- ordnungen derselben ersehen wir, dass der junge Nach- wuchs, die sogenannten domicelli oder domicellares cano- nici 2, nicht als vollgültige Mitglieder der Genossenschaft angesehen wurden, bevor sie nicht ein oder zwei Jahre an höheren Schulen zugebracht hatten. Da denselben nun zu ihrem Lebensunterhalte eine hinreichende Präbende zu Gebote stand, nimmt es kein Wunder, dass manche ein Herrenleben führten und durch die Vernachlässigung des Studiums böses Beispiel gaben. Ziehen wir Celes hohe Anforderungen, welche er an die Kandidaten des Priester- standes und besonders an die höhere Geistlichkeit stellte, und seine Sorge für die strenge Pflichterfüllung seiner Schüler in Betracht, so muss uns der Ausschluss dieser Müssiggänger nur als eine strenge Konsequenz davon erscheinen.
juncher-juncker-jonker. — Du Gange : Glossarium : Domicellus cano- nicus idem qui mox domicillaris s. v. domicillaris, junior canonicus cui necdum est ius capituli. 1. Vergl. die einschlägigen Verordnungen der verschiedenen Synoden bei Hefele : Lage des Klerus im Mittelalter, Tüb. Quartal. 1868, S. 102 ff. 2. Vergleiche hierzu P. Hinschius : Katholisches Kirchenrecht, Berlin 1878, II. Bd., II. Hälfte, S. 63, 64, 66 Anm. i, 66 Anm. 4, 70, 81. — 74 — Durch den Ausschluss der Vaganten, sowohl als Lehrer wie als Schüler, erlangte die Zwoller Schule eine Bedeutung, welche sie weit über die übrigen Schulen des ausgehenden Mittelalters erhob 1. Mit vollem Rechte konnten mit Rück- sicht auf diese Thatsache Thomas von Kempen 2 und Johannes Busch 3 von der Zwoller Schule sagen, dass eine auserwählte Schaar Studierender Celes Unterricht und Erziehung genoss. Aber bei der grossen Anzahl der Scholaren konnte es natürlich nicht ganz ausbleiben, dass unter denselben noch manch räudiges Schäflein sich befand. Abgesehen von anderen Dokumenten giebt hierfür die Windesheimer Chronik Belege genug. Jedenfalls befanden sich die we- niger guten Elemente hauptsächlich unter den Neuan- gekommenen. Für diese war alsdann der Gehorsam der Prüfstein. Cele nahm unter denjenigen, welche blieben eine fortwährende Sichtung vor, und schloss die Unver- besserlichen von der Schule aus 4. Eine stete Furcht vor Strafe hielt seine Schüler befangen und bewahrte sie vor der übertretung der Schulordnung, spornte sie aber auch zugleich zur Befolgung seiner heilsamen Ratschläge an. Wird nun Cele mit Recht eine Zuchtrute der Unver- besserlichen 5 genannt, so zeigte er sich doch in der Erteilung der Strafen als erprobter Erzieher. Sein Haupt- bestreben war auch hier gerecht zu sein. Seine Bestra- fungen trugen daher den Stempel einer wahrhaft väter-
1. Vergl. Moebius : Beiträge, S. 50. 2. Chron. Mont. S. Agnetis, S. 171. “ Electam multitudinem Scholarium ”. 3. Chron. Wind./S. 208. 4. Chron. Wind., S. 207. “ A scolis et sua presencia coegit exire ”. 5. Chron. Montis S. Agnetis, S. 171. — Chron. Wind., S. 208. “ Fuit ergo dissolutis virgo timoris ”. - 75 - liehen Liebe und Milde. In jedem einzelnen Falle nahm er Rücksicht auf die körperliche Beschaffenheit des zu Bestrafenden und auf die Grösse der Zuwiderhandlung und der Art der Schuld 1. Nur bei zwei Vergehen war Cele ausserordentlich strenge : bei übertretung der Mas- sigkeit und bei der Verletzung der Sittlichkeit. Wenn die übertreter nicht in der Schule anwesend waren, so liess er sie holen, vornüber auf den Boden legen und von der ganzen Schule zum abschreckenden Beispiele mit Ruten durchpeitschen 2. Wie der magister principalis der Klosterschule die Strafen diktierte und die Züchtigung durch einen anderen vollziehen liess 3, so handhabte auch Cele persönlich nur selten den Stock 4 sondern liess die Strafen vermutlich durch seine Lektoren erteilen. Eine Strafe von seiner eigenen Hand, sagt Moll 5, achtete er als eine Ehre, die er nur seinen besseren Schülern zukommen liess. Waren nun auch die körperlichen Züchtigungen an der Zwoller Schule häufige und nach unsern heutigen Auffassungen sehr strenge, so können sie doch nicht, was für andere Schulen gilt, als barbarisch bezeichnet werden 6. Die humanere Behandlung der Schüler durch
1. Chron. Wind., S. 207. “ Juxta persone qualitatem excessum quantitatem et culpe modum singulos jussit plagari ”. 2. Chron. Wind., S. 207. 3. Specht : Geschichte des Unterrichtswesens, S. 158. 4. Chron. Wind., S. 207. “ Jussit plagari, jussit vapulari ”. 5. Kerkgeschiedenis, II. Bd., II. Teil, S. 280. 6. Über die körperliche Züchtigung im Mittelalter siehe Kober : Die körperliche Züchtigung als kirchliches Strafmittel gegen Kleriker und Mönche. Tüb. Quart. 1876. — Clericus : Die Schulzucht im Mittelalter. Kath. Zeitschrift für Erziehung und Unterricht 1866, S. 244. — Kriegk : Deutsches Bürgertum, Bd. II, S. 104. — Specht : Geschichte des Unterrichtswesens, S. 202. - 76 - Cele ist ganz entschieden als ein Fortschritt zu bezeichnen, den wirdem Einflüsse de Grootes zu verdanken haben. Auch de Groote suchte zuerst die Verirrten mit Güte und Liebe zurückzubringen, ging aber, wenn alles nichts fruchtete, mit einer unerbitterlichen Strenge und Rücksichtslosigkeit vor. Da nun Cele nach dem Zeugnisse seiner Biographen seinem Meister in allem ähnlich zu werden suchte, so wird es auch in dieser Hinsicht der Fall gewesen sein. Cele besass eine besondere Gabe, die ihm Anbefohlenen durch liebevolle Ermahnungen besser und frommer zu machen. Welch grosse Stücke de Groote in diesem Punkte von seiner Erziehungskunst hielt, beweist uns folgender Fall 1 : De Groote hatte einen jüngeren Verwandten, der dem Beispiele seines Vaters schlecht folgte. Diesen wünschte er in ein Kloster des nahe- gelegenen Kampen unterzubringen, aber der junge Mann war dazu nicht geeignet. Daher schickte de Groote ihn nach Zwolle zu Cele mit einem Begleitschreiben, in dem es heisst : “ Ich schicke ihn Dir, damit Du ihn geeignet und frömmer machest ”. Ferner ersucht er Cele, sich des jungen Mannes wie seines leiblichen Bruders anzunehmen, nicht sowohl durch finanzielle Unterstützung, als vielmehr durch die Besorgung eines passenden Kosthauses. Dann bittet er Cele, denselben einigen Devoten zu empfehlen “ ut eum precipue monitis ad devocionem trahant ”. Einen beson- ders grossen Wert legte denn auch Cele auf den Umgang seiner Schüler mit den sogenannten Devoten. Er lehrte sie, wie Busch sich ausdrückt, mit den Devoten sich zu unterhalten 2, und begünstigte ihre Besuche in dem nahe- gelegenen Kloster Windesheim 3. In diesen Bemühungen
1. Tüb. Quart., 1. c, S. 296. Epist. LXVIII. 2. Chron. Wind., S. 208. 3. Chron. Wind., S. 215. — 77 — wurde er auf das eifrigste unterstützt durch die Frater- herren 1. Ausser guten Ermahnungen, Vermeidung böser Bei- spiele und dem Verkehr mit tugendhaften Menschen erach- tete Cele als weiteres und besonderes wirksames Mittel zur Hebung der Sittlichkeit und Beförderung der Frömmigkeit die Pflege des Gebetes und fleissigen Kirchenbesuch. Er empfahl seinen Schülern in fleischlichen Versu- chungen zu Ehren der Jungfrau Maria entweder ein Stossgebet oder ein Ave Maria andächtig zu beten 2. Zur Erlangung besonderer Gnaden riet er seinen Zöglingen, täglich sieben Ave Maria zu Ehren der jungfräulichen Gottesmutter zu beten, indem er hinzufügte, dass er selbst von Jugend an auf den Rat eines frommen Geistlichen dasselbe thue, und dass er dadurch grosse Gnaden erlangt habe 3. Selbstverständlich trug Cele dafür Sorge, dass seine Schüler an Sonn- und Feiertagen die hl. Messe hörten und bei den übrigen öffentlichen Andachtsübungen zugegen waren, denn dieses erheischte das allgemeine Schulgesetz des Mittelalters. Was ihn aber vor den meisten seiner Amtsgenossen auszeichnete, war die stete strenge über- wachung seiner Schüler beim Gottesdienste. Denjenigen Schülern, welche nicht als Chorknaben fungierten, war ausserhalb des Chores an der Ostseite ein besonderer Platz angewiesen, so dass Cele sie alle übersehen konnte 4. Bemerkte er nun, dass jemand sich unanständig benahm oder unordentlich gekleidet war oder gegen seine Anord- nungen in Bezug auf die Kleidertracht fehlte, so stieg er
1. Chron. Wind., S. 52 ff. 2. Chron. Wind., S. 219. 3. Chron. Wind., 1. c. 4. Chron. Wind., S. 207. - 78 - vom Chore hinab, um den übertreter öffentlich vor allen Anwesenden zurechtzuweisen und sofortigen Gehorsam zu verlangen. Im allgemeinen liess es sich Cele angelegen sein, seine Schüler zum häufigen Kirchenbesuche zu ermahnen; “er lehrte sie, die Priester zu ehren, die Ordensleute zu lieben, häufig zu beten und dem Gottes- dienste gerne beizuwohnen 1 ”. Aber auch ausserhalb der Kirche trachtete Cele danach, die Gedanken der Studie- renden stets auf das Himmlische zu richten. Mehr als alle seine direkten Ermahnungen wird wohl dazu sein Beispiel beigetragen haben, welches auf Alle den Eindruck einer tiefen, auf wahre überzeugung begründeten Frömmigkeit machen musste. So war es seine Gewohnheit, bei jedem Stundenschlage den Unterricht oder eine Unterhaltung zu unterbrechen und entweder das Stossgebet 2 : “ Gott, sei mir Sünder wegen deiner grossen Barmherzigkeit gnädig ” oder ein Ave Maria laut zu beten. “ überhaupt ” sagt mit Recht Moebius 3, “ erhielt unter Cele jeder Lehrgegenstand eine religiöse Färbung, besonders dadurch, dass er oft mitten in der Unterrichtsstunde zu beten begann. Gebeugt stand er dann da, und als drücke ihn die Last der Sünden allzuschwer, sank er in die Knie oder lag hingestreckt auf dem Erdboden. Die gefalteten Hände hatte er vor das Angesicht erhoben, als traue er den geschlossenen Augen noch nicht und wolle er doppelt der Möglichkeit wehren, durch den Anblick irdischer Dinge von Gott abgelenkt zu werden. Meist betete er leise, mitunter jedoch auch laut, bald deutsch, bald lateinisch, nicht selten auch abwech- selnd in beiden Sprachen ”.
1. Chron. Wind., S. 208. — Chron. Mont. S. Agnetis, S. 172. 2. Chron. Wind., S. 214. 3. Beiträge, S. 23. — 79 — Aber auch sonst sehen wir, wie der Eindruck, den Celes Persönlichkeit auf seine Schüler machte, ein Haupt- faktor in seiner Erziehungsthätigkeit war. Einen deutlichen Beweis hierfür haben wir in folgendem Beispiele, welches uns Busch überliefert hat 1. Cele hatte aus gewissen persönlichen Ursachen für kurze Zeit das Rektorat der Schule in Arnheim übernommen 2. Einer seiner ehe- maligen Schüler der Zwoller Schule fasste, nachdem er sein Geld und Gut durchgebracht hatte, den Entschluss nach Arnheim zu gehen, um Cele zu ermorden 3. Als er aber nach Arnheim gekommen war, kam ihm Cele freudig entgegen und sagte ihm, indem er ihn beim Namen nannte : “ Mein geliebter Sohn, wie geht es Dir ? Ich bitte Dich, bleibe heute bei mir zum Essen ! ” Jener nahm die Einladung sofort an, sagte aber nach dem Essen : “ Lieber Meister, ich bin gekommen, um Dich zu töten, wiewohl ich keine andere Ursache habe, als Deine Güte und meine Bosheit; aber durch die Milde, die Du mir erwiesest, hat Gott dieses verhütet ”. Widmete nun Cele in der eben geschilderten Weise allen Studierenden ohne Ausnahme seine Kräfte, so ver- wandte er jedoch auf die Erziehung und Pflege eines grossen Teiles derselben eine aussergewöhnliche Fürsorge.
1. Chron. Wind., S. 216. 2. Nirgends finden wir einen Anhaltspunkt um feststellen zu können, wann Cele dieses Amt in Arnheim bekleidet hat. Sollte er nicht in der Zeit, als er im Kloster Munnikhuizen Heilung für seine Schwermut suchte (vergl. S. 87), in dem eine kleine halbe Stunde vom Kloster entfernten Arnheim das Rektorat der Schule übernommen haben ? 3. Im Mittelalter kommen häufig Fälle von Widersetzlichkeiten der Schüler gegen den Lehrer vor. Gramer (Geschichte der Erziehung, S. 80 ff.) führt mehrere Beispiele an von Schülern, welche ihren Lehrer entweder schrecklich misshandelten oder sogar ermordeten. — 8o — Diese besonderen Schützlinge Celes waren die Kandidaten der reformierten Orden. Wenn der Biograph Celes uns berichtet 1, dass der Zwoller Schulmann bestrebt war, seine Zöglinge mit demselben Geiste zu erfüllen, welcher ihn beseelte, so bezieht sich dieses vor- nehmlich auf die angehenden Ordensgeistlichen. Dieser Geist Celes war aber derjenige der modernen Devotion, welcher in der Verachtung der Welt wurzelte. Busch sagt 2, dass Cele seine Schüler lehrte, den vergänglichen Ruhm der Welt, deren Freuden und Reichtümer um Christus willen zu verachten. Busch, der gemäss der Lehre der katholischen Kirche in dem Ordensleben das höchste erreichbare Ideal sah, ruft in Anbetracht der grossen Menge vorzüglicher Ordensleute, welche aus der Zwoller Schule hervorgegangen sind, aus 3 : “ Welcher reformierte und berühmte Orden in der ganzen Gegend rühmte sich nicht, aus den Schülern Celes Männer von untadelhaftem Rufe und Leben empfangen zu haben ? ” Mit sichtlicher Genugthuung fügt er dann hinzu, wie so viele ehemalige Schüler Celes entweder zu Abten, Prioren oder sonstigen Ehren- und Vertrauensposten in ihren Klöstern erhoben wurden. Bemerkenswert ist die von Busch 4 berichtete That- sache, dass besonders die Klöster der regulierten Benedik- tiner, der Karthäuser, Kreuzherren und Cisterzienser viele ehemaligen Zöglinge Celes zu ihren Ordensmitgliedern zählten — Orden , welche wegen der treuen Befolgung ihrer Ordensregel sich der besonderen Gunst de Grootes
1. Chron. Wind., S. 2i3. “ Spiritum suum Sanctum cum ipsis doctrinis cupiens eis imprimere ”. 2. Chron. Wind., S. 208. 3. Chron. Wind. 1. c. 4. Chron. Wind., S. 208. — 81 — und Celes zu erfreuen hatten. Ob diese Orden, wie zur Zeit Butzbachs in Deventer 1, auch damals schon nach Zwolle Ordensmitglieder mit dem speziellen Auftrage ent- sandten, um Jünglinge für ihren Orden anzuwerben, ist nirgends ersichtlich. Ohne Zweifel waren aber in dieser Hinsicht ausser Cele die Fraterherren thätig, indem sie aus ihren Häusern den betreffenden Orden geeignete Jünglinge zuschickten oder deren Aufnahme vermittelten 2. Wie wir schon früher gesehen 3, wurde ausser den genannten Orden ganz besonders das Zwoller Fraterhaus mit früheren Schülern bevölkert. Auffallend ist jedoch der Umstand, dass das Kloster Windesheim im Anfange nur Schüler der Deventerschen Schule zu Ordensmitgliedern hatte und erst verhältnismässig spät aus Zwolle Zuwachs erhielt 4. Wiewohl uns nun die eigentliche Ursache dieser allerdings sonderbaren Erscheinung nicht bekannt ist, so ist dieselbe durchaus nicht in einer etwaigen feindlichen Gesinnung Celes den Windesheimer Patres gegenüber zu suchen, da wir Zeugnisse dafür haben, dass er mit denselben in einem innigsten Freundschaftsverhältnisse stand und häufig mit ihnen verkehrte 5. Wie in fast allen Lebenslagen de Groote die Trieb- feder der Handlungen Celes war, so erkennen wir aus einem Briefe 6 an Cele auch in diesem Falle wiederum deutlich den Einfluss des Deventerschen Reformators. In demselben empfiehlt de Groote an Cele einen armen
1. D. J. Becker : “ Chronica ” eines fahrenden Schülers, Regens- burg 1869, S. 162. 2. Vergl. S. 20, Anm. 3. 3. Vergl. S. 55, Anm. 2. 4. Chron. Wind., S. 314. 5. Chron. Wind., S. 216, 220, 221. 6. Chron. Wind., S. 210. — Der ganze Brief ist herausgegeben, Archief VIII, S. 292. — 82 — Studenten , der in einen reformierten Orden eintreten will. Indem er ihn ersucht, auch andere für die Unter- stützung des jungen Mannes zu gewinnen, hebt er den ausserordentlichen Wert des Almosengebens in diesem Sinne hervor. “ Denn, so sagt er, jemanden zu bewegen in einen Orden einzutreten, in welchem die Regel befolgt wird, oder ihm den Weg zu bahnen zu einer solch grossen und erhabenen Sache, ist ein alles übersteigendes Almosen, weil es wahrlich eine Sache Christi ist ”. Eine deutlichere Direktion konnte der Deventersche Reformator seinem Freunde nicht geben, und dass er nicht diesen einzelnen Fall im Auge hatte, sondern dass die vielen Ordenskandi- daten der Schule Celes mit in seine Empfehlung einbe- griffen waren, beweist uns der Schluss seines Briefes, wenn er sagt : “ Gott sei gepriesen, dass er Dir die Macht gegeben hat, den Seinigen Gutes zu thun ”. Mit welcher Liebe und Hingebung Cele von der Gelegenheit Gebrauch machte, für die Sache Christi zu arbeiten, geht am klarsten aus der hohen Meinung, welche er von seinem Berufe hatte, hervor. Er betrachtete es nämlich als ein grösseres Verdienst, zukünftige Rektoren und Lehrer der Kirche und Prediger des Wortes Gottes gemäss der Vorschrift des Evangeliums in einem aposto- lischen Leben und in den heiligen Wissenschaften gehörig zu unterrichten, als dem Volke öffentlich zu predigen 1. Die Propaganda, welche Cele für die Orden machte, wird ihm von seinen Biographen zum grössten Verdienste angerechnet. Nach seinem Tode, so erzählen sie 2, als man eben in Windesheim damit beschäf-
1. Chron. Wind., S. 217. 2. Chron. Wind., S. 132 und 221. — Chron. Mont. S. Agnetis, S. 17. — 83 — tigt war, ein feierliches “ Requiem ” für seine Seelenruhe zu halten, erschien Cele dem Bruder Heinrich Mande und verkündete diesem, dass der grosse Eifer, mit welchem er die Schüler überredet habe ins Kloster zu gehen, eines der Verdienste gewesen, wegen derer ihm das Fegfeuer erlassen worden sei. Wenn nun aber jemand geeignet war, junge Ordens- leute heranzuziehen, so war es gewiss Cele. Er, der für die Welt tot und in dem die Welt abgestorben war, und “ dessen Seele vom Eifer für das Haus Gottes verzehrt wurde 1, liess gewiss nichts unversucht um das, worin er eine Neubelebung der Kirche Christi erkannte, zu beför- dern. Und doch vermied Cele dabei die naheliegende Gefahr, dass er in seinem Eifer für die Belebung der Orden durch gute Elemente zu weit gegangen wäre und seine Schüler unvernünftigerweise auf diesem Wege weiterge- schoben hätte. Ihm lag in Wirklichkeit nichts ferner, als ein derartiger Missgriff; denn in allen seinen Einfluss- nahmen auf die Berufswahl seiner Zöglinge zeigt er einen heiligen Ernst und eine weise, fast zu weitgehende Vorsicht. Dieselbe Hochachtung und Ehrerbietung, welche de Groote vor dem Priesterstande hatte, beseelte auch Cele. Nach dem Vorbilde seines Meisters wollte er nie die höheren Weihen empfangen, sondern blieb einfacher Kleriker 2. Er erachtete den Priesterstand als den höchsten, dessen Macht die eines Engels übersteige. In Anbetracht dessen stellte er in Bezug auf sittliches und tugendhaftes Leben die höchsten Anforderungen an die Kandidaten des Priesterstandes. Nach seiner Auffassung waren alle dieje- nigen, welche noch nicht ganz zu göttlichen und himmli-
1. Chron. Wind., S. 217. 2. Chron. Wind., S. 211. - 84 - sehen Dingen sich hingezogen fühlten und nicht im Stande waren hier auf Erden ein engelhaftes Leben zu führen, unwürdig in den geistlichen Stand einzutreten 1. Seinen Schülern aber pflegte er Sentenzen aus der hl. Schrift und den Kirchenvätern zu diktieren 2, um ihnen zu zeigen, wie sehr gefährlich und verderblich es sei, zum Priester- stande sich heranzudrängen. Ganz besonders eiferte er gegen diejenigen, welche aus unlauteren Absichten, sei es aus Ehrsucht, Habsucht, Herrschsucht oder Trägheit diesen Stand wählen wollten 3. Um einen noch tieferen Eindruck bei seinen Schülern hervorzurufen, wies er sie, auf die Beispiele so vieler Heiligen und frommen Männer hin. Unter anderen führte er ihnen die Ordensstifter Benedictus und Franziskus sowie auch Gerhard de Groote vor, die, wiewohl sie allen Anforderungen entsprachen, dennoch aus Furcht vor der schweren Verantwortlichkeit, der Grösse und Würde des Standes sich weigerten Priester zu werden 4. Als Gegenstück stellte er ihnen abschreckende Beispiele schlechter Priester vor Augen und schilderte deren Todesstunde in grellen Farben 5. Damit der Ein- druck aber ein bleibender sei, diktierte er ihnen die Legende von dem schrecklichen Tode des Bischofes Udo von Magdeburg 6.
1. Chron. Wind. 1. c. 2. Chron. Wind. 1. c. “ De statu vero sacerdocii ex scripturis divinis doctorumque sentenciis multa nobis dicere et pronunciare consuevit ”. 3. Vergl. de Grootes Brief an Heinrich Klingebeil : Chron. Wind., S. 82. In demselben entwickelt de Groote ganz dieselben Gedanken. 4. Chron. Wind., S. 212. 5. Chron. Wind. 1. c. 6. Chron. Wind. 1. c. Diese von den meisten Chronisten erzählte Geschichte beruht auf Verwechslung mit Udo von Zeitz; ein Bischof Udo von Magdeburg hat nicht existiert. Grube : Chron. Wind., S. 212,. Anm. 2. Siehe auch die dort angegebenen Quellennachweise. — 85 — Ergriffen von der Lehre und strengen Ansicht ihres Lehrers schreckten sehr viele Studierende vor dem Ein- tritte in den geistlichen Stand zurück, besonders aber vor der seelsorgerischeo Thätigkeit als Weltgeistliche 1, Auf die zielentsprechende Ausbildung derjenigen aber, welche trotzdem in ihrem Vorsatze Weltgeistliche zu werden beharrten, legte er, wie wir des Weiteren sehen werden, eine ganz besondere Sorgfalt. Wiewohl wir nun Cele bis jetzt fast ausschliesslich als Erzieher kennen gelernt haben, so sahen wir doch an mehr wie an einer Stelle, dass er den Unterricht keines- wegs von der Erziehung trennte, sondern dass er vielmehr dem pädagogischen Grundsatze huldigte, dass man durch den Unterricht und im Unterrichte am nach- haltigsten auf dem Gebiete der Erziehung wirken kann. Dem Charakter der Schule gemäss erstreckte sich der Unterricht sowohl auf profane, wie auf kirch- liche Wissenschaft 2, und daher kam es, dass Leute aller Stände und jeden Alters sich unter seine Zuhörer schaarten. Bevor wir jedoch näher auf die Lehrgegen- stände der Schule unter Cele eingehen können, ist es notwendig, um jedem Missverständnisse vorzubeugen, zuerst einige falsche Anschauungen über den Unterricht an der Zwoller Schule im allgemeinen zurückzuweisen. Auch wir erkennen de Groote, wovon wir eingehender noch später handeln, grossen Einfluss auf dem Gebiete
1. Chron. Wind., S. 212. “ Cordibus ergo plurimorum non parvum incussit horrorem super sacerdocii assumpcione presertim super ani- marum pastorali regimine ”. 2. Dieses geht schon aus der Verschiedenartigkeit der Schüler Celes hervor. Busch : Chron. Wind, S. 208, macht einen wesentlichen Unter- schied zwischen denselben, indem er sagt : “mukös clericos et scolares juvenes et seniores ” seien in Zwolle gewesen. — 86 — des Unterrichtes unter Cele zu 1 jedoch können wir denen unmöglich beipflichten, welche de Groote eine Beschränkung der an den damaligen Schulen gepflegten profanen Wissenschaft zuschreiben wollen. Von Raumer 2 und nach ihm andere berufen sich auf seine “ Propo- sita 3 ”, eine Schrift, in welcher er selbst sich eine Lebensregel vorschreibt, und worin er sich über die profane Wissenschaft folgendermassen äussert : “ Wende keine Zeit auf Geometrie, Arithmetik, Rhetorik, Dialektik, Grammatik, Poesie, Nativitätsstellen (judicalibus) und Astrologie. Alles dieses verwirft Seneca, um so mehr noch ein geistlich gesinnter Christ ; es bringt dem geistlichen Leben keinen Nutzen ”. Dieses Urteil de Grootes über die profane Wissenschaft, die er an einer anderen Stelle hindernd und zeitraubend nennt, ist aber kein allgemeines, die Mitglieder einer Genossenschaft bindendes, viel weniger ein Studienplan, welcher seinen an den damaligen Schulen wirkenden Anhängern als Norm dienen sollte. Es ist viel- mehr der persönliche Vorsatz eines Mannes, der ermüdet und übersättigt von profaner Wissenschaft sich völlig theo- logischem Studium zugewendet hat; und dieser Vorsatz sollte nur für ihn allein bindend sein. Zudem wäre es unmöglich gewesen, in einer Zeit, wo jeder Lehrgegenstand,, jedes Lehrbuch durch eine jahrhundertlange Tradition gleichsam als ein Heiligtum angesehen wurde, eine solche tiefgreifende Neuerung einzuführen. Wäre dieses der Fall gewesen, so würden uns die zeitgenössischen Quellen über Kämpfe berichten, welche jedenfalls denen an Heftigkeit
1. Vergl. S. 97 f. 2.,Geschichte der Pädagogik vom Wiederaufblühen klassischer Stu- dien bis auf unsere Zeit. I. Teil, 2. Aufl., Stuttgart 1846, S. 68 f. 3. Thomas von Kempis : Anhang zu s. Vita G. Magni “ Conclusa et Proposita, non vota in nomine domini a magistro Gerardo edita ”. - 87 - nicht nachstehen würden, welche gegen Ende des 15. Jahr- hunderts um das Doctrinale des Alexander de Villa Dei sich abspielten 1. Im übrigen sind wir durch Busch genugsam unterrichtet, dass Cele obige Vorsätze de Grootes absolut nicht auf seine Schule anwandte, da er uns an mehreren Stellen 2 von dem Fleisse berichtet, welchen Cele auf den Unterricht in “ scienciis scolasticalibus grammatica logica etica et philosophia ” — alles Lehrge- genstände, welche allen Partikularschulen gemein waren — verwandte. Busch, der nur in grossen Strichen uns Celes Thätig- keit auf dem Gebiete des Unterrichtes fixiert und in seiner originellen Weise nur bei dem länger verweilt, was Cele charakterisiert und seine Schule über die anderen erhebt, geht auf die allgemeine Einrichtung der Schule, gleichsam als auf etwas Bekanntes, nicht ein. Aber aus eben diesem Grunde können wir fast mit Sicherheit schliessen, dass die Zwoller Schule in allem dem, was Busch nicht beson- ders hervorhebt , mit den übrigen Schulen auf gleichem Fusse stand. Für die niederen Klassen war das Hauptlehrfach die lateinische Grammatik 3. Das Lehrbuch für die der latei-
1. Vergl. D. Reichling : Das Doctrinale des Alexander de Villa Dei, XII. Bd. der Mon. Germ. Paed. [zie ook hier] 2. Chron. Wind., S. 206. — Liber de Reform. S. 393. 3. Unter der Grammatik, welche in Zwolle gelehrt wurde, ist jedoch nur die lateinische und nicht, wie Moll (Kerkgeschiedenis II, II, S. 264.) und nach ihm viele andere behauptet haben, auch die der griechischen Sprache zu verstehen. Abgesehen davon, dass zu der Zeit Celes kaum an den Universitäten ein Lehrstuhl für griechische Grammatik zu finden war, beruht dieser Irrtum auf einem Druckfehler in der von Leipnitz heraus- gegebenen Reform. Monast. Gap. I, Leipnitz II, S. 477, wo Busch von sich selbst sagt, dass er in seinem 18. Jahre “ in Graeca Logica et Philo- sophia ibidem tunc lectis”, solche Fortschritte gemacht hätte, dass er seine Lehrer selbst übertroffen hätte. Mit Bezug auf diese Stelle heisst — 88 — nischen Sprache Unkundigen war der Cato, ein Buch, das neben dem Latein eine deutsche übersetzung hatte und hauptsächlich dazu bestimmt war, die Anfänger mit den gewöhnlichen täglichen Ausdrücken bekannt zu machen. Denn das Lateinsprechen war den Schülern geboten und vermutlich stand auch in Zwolle eine Strafe auf jeder übertretung. Für Fortgeschrittene gebrauchte man hier wie überall den Donat und des Alexanders Doctrinale. Vermutlich dauerte der Unterricht in der Grammatik bis zur fünften Klasse einschliesslich, in welcher dann zu gleicher Zeit Logica 1 gelehrt wurde. Die übrigen Lehrfächer der unteren Klassen ergaben sich aus dem Zwecke, den die Schule verfolgte. An der- selben wurden in den untersten Klassen ausser denjenigen, welche das Studium fortsetzen sollten, auch die Bürger- kinder unterrichtet, welche da nur eine Elementarbildung suchten oder sich höchstens für den Kaufmannsstand ausbilden sollten. Für diese war dann die Erlernung von Lesen, Schreiben und Singen die Hauptsache. Auf letzteres wurde besonderer Wert gelegt, weil, wie wir schon gesehen haben 2, die Chorales hauptsächlich Bürger- kinder waren. Aus einer allerdings viel späteren Schul- ordnung erfahren wir, dass der Rektor für besonderen Unterricht im Gesänge der jüngeren Intranei zu sorgen hatte. Cele verwandte auf die Pflege des Gesanges

es aber bei Leipnitz II, S. 806 “ graeca lege Grammatica; und in der von Grube neu herausgegebenen Reform, de Monast., S. 393, liest man “ in decimo octavo anno in Grammatica logica, etc. 1. Busch : Liber de Reform. Monast., S. 393 : “ Prefui eciam in scolis ibidem quinto loco, in quo inlerdum plusquam sexaginta ant octogmta scholares habui frequentantes, quibus grammaticam legi et logicam et in illis eos examinavi. 2. Siehe S. 61. - 89 - viel Mühe. Galt es doch den Gottesdienst zu verherrlichen und schreiende Missbräuche zu beseitigen. Er, der selbst ein vortrefflicher Organist war und an hohen Feiertagen die Herzen der Andächtigen “ gleich dem königlichen Sänger David durch sein herrliches Spiel zu rühren ver- stand 1 ”, konnte es nicht ertragen, dass der Gottesdienst durch ein wüstes Geschrei verunehrt wurde. Mit der ihm eigenen Strenge führte er die Mensuralmusik ein, verbot aber den sonst allgemein beliebten Diskant. Nur am Weih- nachtsfeste erlaubte er seinen Sängern denselben propter festi illius laeticiam bei den Lektionen und dem Benedi- camus zu gebrauchen 2. Sehr wahrscheinlich wurde Cele durch die Schrift eines Zeitgenossen, des Heinrich de Zelandia zu dieser Neuerung bewogen. Heinrich war einer der ersten Theo- retiker und Komponisten der Niederlande und hatte um das Jahr 1380 eine Abhandlung über Musik geschrieben 3, in welcher er eine wohlbegründete Mensurallehre (Lehre über Länge und Kürze der Töne) entwickelte. Auch mag Cele durch seinen häufigen Aufenthalt bei den Karthäuser- patres, welche ihren alten Gesang treu hüteten, auf die Missstände aufmerksam geworden sein und den Entschluss zu einer durchgreifenden Reform gefasst haben. Wenn wir aber die Reform des Kirchengesanges, von welcher uns Busch meldet, in ihrer vollen Tragweite erfassen wollen, so gehen wir ohne Zweifel nicht fehl, wenn wir uns Belehrung bei seinen Schülern holen. Zu diesen müssen an erster Stelle seine besondern Lieblinge, die Ghorherren von Windesheim gerechnet werden. Noch zu
1. Chron. Mont. S. Agnetis, S. 171. 2. Chron. Mont. S. Agnetis, S. 170. 3. Moll : Kerkgeschiedenis II, III, 314. — 90 — Lebzeiten Celes stellten diese ihren “ Ordinarius ”, d. i. die Regelung ihres Gottesdienstes auf 1. In dem Kapitel de modo et uniformitate cantandi stossen wir gleich auf ein strenges Verbot des Diskantes. Die Psalmen mussten deutlich und langsam gesungen werden, mit einer ganzen Pause in der Mitte eines jeden Verses. Sowohl ein zu schleppendes als auch ein zu schnelles Singen sollte ver- mieden werden, damit alles ordentlich und erbauend geschehe. Keiner durfte durch das Legen mehrerer Noten auf dieselbe Silbe seiner Eitelkeit fröhnen, sondern jeder Gesang sollte planus et simplici modo sein. Besonders sollte jedoch das strengste unisono beobachtet werden. Keiner durfte einige Töne tiefer oder höher singen als der andere. Deshalb war der Vorsänger verpflichtet in einer für alle passenden Tonlage, und wenn es notwendig war, höher oder tiefer als angegeben war anzustimmen. Nur an höheren Festen sollte man etwas feierlicher singen als an den gewöhnlichen Tagen. In diesen Verordnungen finden wir, was die Haupt- sache anbetrifft, die Anordnungen Celes wieder und glauben nicht fehl zu gehen, wenn wir annehmen, dass die Windesheimer die Theorie und die Praxis ihres früheren Meisters, der jetzt ihr ergebener Freund und Gönner war, streng befolgten. Durch die Windesheimer aber, die sich die Aufgabe gestellt hatten Klöster zu reformieren, wurde den Ansichten und der Lehre Celes an vielen Orten Eingang verschafft. Nehmen wir noch die grosse Anzahl von Celes Schülern hinzu, welche als ' Weltgeistliche oder in anderen einflussreichen Stellungen, sei es in Klöstern oder in der Welt, wirkten und hier die
1. Acquoy : Het Klooster H, 247, vergl. auch Moll : Kerkgeschie- denis II, III, 215 f. — 91 — Ideen Celes weiter verbreiteten, so dürfen wir Cele mit Recht in zweifacher Hinsicht einen “ Reformator der Kirchenmusik 1 ” nennen, insofern er einerseits die Auf- nahme und strenge Befolgung des Taktes 2, anderseits die Zurückführung des Choralgesanges zu seiner ursprüng- lichen hehren Einfachheit durch die Ausschliessung des Diskants herbeiführte. Wiewohl nun Cele ausserordentlichen Wert auf die Verherrlichung des Gottesdienstes durch guten Gesang und tüchtige Sänger legte, würde man irren, wenn man annehmen wollte, dass er den Kirchengesang stets durch Orgelspiel oder andere Instrumente hätte begleitet wissen wollen. Gegen den täglichen Gebrauch der Orgel beim Gottesdienst eiferten ganz besonders die Devoten 3, in den Kirchen der vorzüglichsten Vertreter derselben, der Chor- herren von Windesheim, war keine Orgel gestattet 4. Dionysius der Karthäuser 5 und die meisten seiner Zeit- genossen wollten ebenfalls nur an hohen Festtagen von dem Gebrauche der Orgel etwas wissen. Auch geben uns die Statuten des Domkapitels von Utrecht hierüber einen Anhaltspunkt, da der Organist der Domkirche nur bei der Messe und der Vesper an hohen Feiertagen verpflichtet war mit seinem Spiele den Gottesdienst zu verherrlichen 6. An andern Kirchen galt dieselbe Vorschrift. Auf der Provinzialsynode von Utrecht verbot der Kardinal Nicolaus von Cusa das Orgelspiel nach dem Evangelium in der
1. Chron. Mont. S. Agnetis, S. 170. Chron. Wind., S. 205. “ Bonus ecciesiastici cantus reformator”. 2. Chron. Mont. S. Agnetis, S. 178. “ Docuit insuper eos regulariter cantare ”. 3. Moll : Kerkgeschiedenis 11, III, 325. 4. Acquoy : Het Klooster H, 250. 5. Moll 1. c. 6. Moll 1. c. — 92 — Messe an gewöhnlichen Sonntagen 1. Aus dem Gesagten können wir denn auch die Nachricht des Chronisten vom St. Agnetenberge verstehen, wenn er mit sichtlicher Freude von Cele berichtet, wie dieser an hohen Festtagen durch sein treffliches Orgelspiel die Gläubigen erbaute. Ob nun der Unterricht in der Instrumental- musik und besonders im Orgelspiel in den Schul- plan Celes aufgenommen war, ist, wenn auch mit Sicher- heit nicht festzustellen, doch kaum zu bezweifeln. Denn erstens diente die Schule wenigstens für einen Teil der Schüler als “ seminarium magistrorum 2 ”, dann aber er- sehen wir aus dem Stadtrechte von Otmarsum vom Jahre 1512 3, dass wenigstens um diese Zeit der Unterricht im Orgelspiel in den Schulplan von Zwolle aufgenommen war. In demselben handelt es sich um die Anstellung eines Schulmeisters, und nachdem die Eigenschaften, welche man von ihm verlangt, aufgezählt sind, wird hinzugefügt “ der gut sein Cantum kennt und Orgel spielt nach alter Gewohnheit. Auch ist anzuraten einen Schulmeister zu wählen, der selbst die längste Zeit an der Zwoller Schule studiert hat”. Einen ferneren Beweis für unsere Annahme bietet uns der XX. Brief des Erasmus von Rotterdam. In demselben verspottet er den Schulplan von Zwolle, indem er einen Schulmeister, der dort eine Lehrerstelle haben will, an Ortwin Gratius schreiben lässt, dass er alles wisse, was dort gelehrt werde. Unter anderm heisst es : “ Etiam
1. Pool : Frederik von Hello, S. 158. 2. Roswydus : Chron. iMont. S. Agneils. S. 632. “ Zwollis celebrls schola fult seminarium magistrorum et doctorum ”. 3. Bydragen tot de Geschiedenis van Overyssel, Bd. IX, 367. “ Die syn cantum wal kan, ende opt orghel spellet na older ghewonte. Ende is to raeden, dat men eynen scolemelster sette, de solves hevet meest to Zwolle ter scolen ghegaen ”. - 93 - sum cantor et scio musicam choralem et figuralem et cum hoc habeo vocem bassam, et possum cantare unam notam infra gamma ut ”. Wenn nun noch keine hundert Jahre nach dem Tode Celes der Unterricht in der Instrumentalmusik an der Schule verbürgt ist, dann liegt der Schluss nahe, dass derselbe auch in der höchsten Blüteperiode der Schule unter Cele dort eingeführt war. Denn es ist schwer anzu- nehmen, dass derselbe zur Zeit des Humanismus in den dortigen Schulplan aufgenommen wurde, einer Zeit, in welcher man für ganz andere Sachen Interessen zeigte als für Gottesdienst und Kirchengesang. Auch weist der Brief des Erasmus auf eine längst bestehende Thatsache hin, denn sein Spott gilt an dieser wie an anderen Stellen der Zwoller Schule nur insofern, als sie an dem althergebrachten Schulplane mit unverbrüchlicher Treue, vielleicht mit Unrecht, was wir dahingestellt sein lassen wollen, festhielt. Zu dem Elementarunterrichte gehörten ferner wenig- stens die Anfangsgründe des Rechnens 1. Inwieweit Celes Schüler in diesem Fache fortgeschritten waren, ob sie noch nach der alten Methode mit Hülfe der Finger unter- richtet wurden, oder ob ihnen schon das arabische Ziffer- system bekannt war, wissen wir nicht sicher. Für einen gründlichen Rechenunterricht spricht jedoch Celes ängst- liche Sorge für die Heranbildung eines tüchtigen Klerus. Die Kenntnis des Computus oder der kirchlichen Zeit- rechnung galt nämlich zu allen Zeiten als ein wesentlicher Bestandteil der allgemeinen Bildung eines Klerikers. Dem- zufolge gehörten die allgemeinsten arithmetischen und astronomischen Begriffe zu den Hauptgegenständen einer
1. Siehe hierüber Specht : Geschichte des Unterrichtswesens, S. 75 ff., 128 ff. — 94 — Schule, an welcher Kleriker ihren Studien oblagen. Welch hervorragende Rolle aber zur Zeit Celes das Studium der Arithmetik und Astronomie in den wissenschaftlichen Kreisen spielte, zeigt uns in der frappantesten Weise der Studiengang de Grootes, der in allen diesen Fächern erfahren und tüchtig war 1. Dass Celes Schüler in allen Fächern gut unterrichtet waren, beweist uns auch die schnelle Beförderung der Studierenden der Zwoller Schule zu den akademischen Graden, welche in den artistischen Fakultäten verliehen wurden. Busch 2 und der Chronist des Agnetenberges heben es hervor, dass viele Schüler Celes, welche zur weitern Aus- bildung zur Universität zogen, in kurzer Zeit den Magister- oder Doktortitel erwarben. Dieses könnte aber nicht der Fall gewesen sein, wenn nicht Cele das ganze Quadrivium in seinen Lehrplan aufgenommen und seine Schule nach dem Muster der Artisten-Fakultäten eingerichtet hätte. Wie es jedoch mit diesen Lehrfächern in Zwolle gestellt war, wissen wir leider nicht, jedenfalls wird man sich den Universitäten angeschlossen haben. Die Erscheinung, dass ein Lehrer an einer Stadtschule einige Universitätsdisci- plinen mit seinen fortgeschritteneren Schülern behandelt, finden wir im Mittelalter mehrfach 3, denn eine streng ge- zogene Grenze zwischen dem Studium einer Particularschule
1. Acquoy : Ger. Mag. Epislolae XIV, S. 59 ff. 2. Chron. Wind., S. 208. “ Multi ex audiloribus eius, cum bona -doctrine fundamenta Zwollis jecissent, ad alciora studia universalia se transtulerunt brevi post tempore in numero magistrorum et doctorum computati ”. — Chron. Mont. S. Agnetis, S. 171. “ Multi etiam ex auditoribus ejus cum fundamentalia congrua jecissent, ad altiora studia longius evolarunt et studiose agentes in brevi sunt ad magis- terium provecti : quidam vero ampliori insistentes doctrinae meruerunt in numero doctorum computari ”. 3. Paulsen : Geschichte des gelehrten Unterrichts, S. 30. - 95 - und der Universität gab es damals praktisch nicht. Neu ist jedoch in Zwolle die strenge Durchführung des Planes, die Abgrenzung des Lehrstoffes für jede Klasse und die Beibehaltung dieser Organisation für die Folge. Hierfür zeugt uns der Umstand, dass unter Cele in den beiden höchsten Klassen jedes Fach seinen besondern Lehrer hatte. Wie uns Busch berichtet, standen die “ magistri parisienses ”, welche Cele dem Lehrkörper seiner Schule einverleibt hatte, “ primo et secundo locis privatis in lectionibus et examinatio- nibus vor 1. Dass diese Stelle Buschs aber nicht anders als in obiger Weise gedeutet werden kann, bezeugt uns die innere Organisation der Lütticher Schule. Diese im aus- gehenden Mittelalter so blühende Schule ist, wie wir später nachweisen werden, eine derjenigen niederdeutschen Schulen, welche die von Cele geschaffene Organisation der Zwoller Schule übernahmen. Da nun in Lüttich die Fach- lehrer für die oberen Klassen verbürgt sind 2, müssen wir annehmen, dass diese Einrichtung ursprünglich von Zwolle herstammt. Aller Wahrscheinlichkeit nach, haben diese Fachlehrer sich mit Cele in den Unterricht der materialen Disciplinen des Quadriviums geteilt. Cele behielt dann, wie wir von Busch erfahren, den Unterricht in der heiligen Schrift und den übrigen, in das Gebiet der Theologie fallenden Lehrfächer für sich. Die Frage, ob de Groote und seine Anhänger sich zu der scholastischen Philosophie bekannten oder auf Seite der Mystiker standen, wird verschieden beantwortet. Wir schliessen uns der Ansicht Gerretsens an, der in seiner
1. Chron. Wind., S. 206. 2. H. Kämmel in der Enc)klopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichts Wesens III (2. Auflage, Gotha 1880), S. 528. — Vergl. K. A. Schmid : Geschichte der Erziehung, II. Bd., II. Abt., S. 112. - 96 - Untersuchung über diese Frage 1 zu dem Resultate kommt, dass de Groote ein Anhängender thomistischen Philosophie gewesen ist. Mit viel grösserem Rechte kann man aber von Cele sagen, dass er sich zu der scholastischen Philo- sophie bekannte. Wie wir schon gesehen 2, war die Zelle eines Fraterherrn in Zwolle sein Lieblingsaufenthalt, weil er sich dort ungestört in das Studium des Traktates “ über die ewige Glückseligkeit ” vom heiligen Thomas vertiefen konnte. Sehr wahrscheinlich war er im Besitze der ganzen Summades heiligen Thomas; wenigstens ist uns noch ein Brief de Grootes an ihn erhalten, in welchem jener ihm den Ankauf dieses Buches in beredten Worten empfiehlt 3. Wie kühl und zurückhaltend Cele der Mystik sich gegen- über stellte, beweist uns klar eine Unterredung desselben mit dem heiligmässigen Ruysbroec. Der Ghronist des Klosters Groenendaal erzählt uns 4, dass diese bei dem schon erwähnten Besuche de Grootes und Celes stattge- funden habe; da Cele nicht zu überzeugen gewesen sei, habe Ruysbroec die Unterredung mit den Worten abge- brochen : “ Du Meister verstehst mich nicht und wirst meine Lehren nie in diesem Leben verstehen ”. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass Cele auch seine Schüler im Geiste der scholastischen Philosophie unter- richtet hat oder unterrichten liess. Überhaupt lag es in der Natur Celes, an dem Alten als gut Erkannten festzu- halten. Dieses zeigt sich auch in seinem Unterrichte, welcher speziell für die Kandidaten des Priesterstandes bestimmt war. Das Studium der Theologie, welches durch die Orden
1. Florentius Radewyns, S. 1-42. 2. Siehe S. 44. 3. Ep. LX. Preger, S. 34 ff. 4. Vergl. Delprat, De Broederschap, S. 36. — 97 — der Dominikaner und Franziskaner zur hohen Blüte gebracht war, war im XIV. Jahrhundert immer mehr zurückgetreten. Um die Wende des genannten Jahrhun- derts erheben wirklich kirchlich gesinnte Männer, wie Johannes Gerson und Nicolaus Clemangius, Klagen über die Vernachlässigung der Theologie. Während die niedere Geistlichkeit nicht einmal die geringen Anforderungen, welche die Kirche an ihre wissenschaftliche Bildung stellte, erfüllte, beschäftigten sich die an den Universitäten stu- dierenden höheren Geistlichen hauptsächlich mit dem Studium des kanonischen Rechts und der Naturwissen- schaften. Auch de Groote hatte sich vor seiner Bekehrung haupt- sächlich mit dem Studium des kanonischen Rechts, der Medizin, der Astrologie und selbst der Necromantie und Magie 1 beschäftigt. In seinem späteren reformatorischen Auftreten auf dem Gebiete des Unterrichts, welches sich in dem Verwerfen der weltlichen Wissenschaft und der Betonung des Studiums der Bibel kund giebt, liegt eine stille aber entschiedene Reaktion gegen die dama- lige wissenschaftliche Richtung und eine völlige Zurückkehr zu den kirchlichen Verordnungen. Den durchschlagenden Erfolg erzielte de Groote aber wiederum hauptsächlich durch die Schule Celes. Ver- wandte Cele, so berichtet uns Busch 1, eine grosse Sorgfalt auf das Studium der scholastischen Disciplinen, “ so war es für ihn nicht eine geringere, sondern eine stets wach- sende Sorge, dass seine Schüler auch in der hl. Schrift und in den Kirchenvätern gleiche Fortschritte machten ”. Die
1. Acquoy : Het Klooster I, S. 19. 2. Chron. Wind., S. 206 : “ Non tamen minorem ymmo sepe maiorem exercuit sollicitudinem, ut eciam in scripturis sanctis similiter proficerent. - 98 - Aufnahme der Exegese und der Moral in das Programm der Zwoller Schule war für die damalige Zeit etwas durchaus Neues und hierin dürfte ganz besonders der Einfluss de Grootes auf die innere Organisation der Schule zu finden sein. De Groote sagt in betreff der Wissenschaft 1 : “ Die Wurzel deines Studiums und der Spiegel deines Lebens seien zuerst die Evangelien, denn sie enthalten das Leben Christi ”. Die überzeugung von der Bedeutung der heiligen Schrift suchte de Groote auch auf seine Freunde und Anhängern zu übertragen 2. Abgesehen von anderen Beispielen zeigt sich dieses am Besten wiederum in Zwolle. In den Kreisen der Geistlichkeit erregte es ungeheures Aufsehen, als Cele anfing über die hl. Schrift öffentliche Vorlesungen zu halten, und ohne die thatkräftige Hülfe de Grootes würde man Cele gezwungen haben, diese Lehr- fächer fallen zu lassen. Busch giebt uns über diese Ange- legenheit genauen Aufschluss, indem er sagt 3 : “ Als aber Meister Johannes damit begann, die Episteln und die Evangelien in der Schule seinen Schülern und auch Laien, welche er zu seinen Zuhörern zählte, zu erklären und das Wort Gottes aus der hl. Schrift und den Kirchenvätern (libris divinis) öffentlich zu verkünden . . . , wagte es der Stadtpfarrer Reyner dieses zu verbieten, da er nicht wollte, dass das Wort Gottes durch jemand anders als durch ihn, seine Kapläne oder den Terminarius öffentlich erklärt oder gepredigt werde ”. Da nun Celes Macht gegen diese über- griffe des Stadtpfarrers nicht hinreichte, bat er de Groote um Rat und Hülfe. Dieser zögerte nicht, die Bitte seines
1. Thomas a Kempis : Vita G. Magni C. XVIII, par. 11. 2. So schreibt er an Johannes de Gronde : “ Placet mihi in Domino quia placet vobis biblia. Timui non latenus vobis placere quatenus mihi piacuisset ”. — Acquoy : Gerardi Magni Epistolae, S. 81. 3. Chron. Wind., S. 211. — 99 — bedrängten Freundes zu erfüllen, und da er persönlich zur Beilegung des Streites nicht nach Zwolle kommen konnte, schrieb er beiden einen Brief voll Begeisterung für das Recht des Zwoller Rektors und voll von heiligem Zorn über die Anmassungen Reyners :

“ Ha! was ist das ”, so schreibt er an Cele 1, “ was mir über die Zurückweisung von den Schul vortragen gesagt wird! darauf könnt Ihr nicht eingehen; es wäre wider Recht und Gerechtigkeit gehandelt, ohne gesetzlichen Grund einige von Euerem Auditorium und Eueren Vorträgen auszuschliessen und besonders solche, welche zu den Devoten gehören. Herr Reyner hat in diesem Stücke keine, als nur eine ange- masste Gewalt. Auch wundert es mich, dass er sich ein- mischt, wenn Frauen mit Devoten sich besprechen, oder wenn Laien gute Antworten (religiösen Rat) geben und gute Reden führen. Gott weiss es, dass ihm nur in Gewissenssachen richterliche Befugnis zusteht; und was er, abgesehen hievon, in diesen oder ähnlichen Dingen thut, das thut er als ein Räuber, der eine Gewalt über andere Menschen an sich reisst, die ihm nicht gebührt. Das habe ich ihm selbst auch geschrieben, und wenn es Euch gut dünkt, so öffnet nur diesen (an ihn beiliegenden) Brief und siegelt ihn dann von neuem ”.

 

Zu diesen Vorträgen benützte Cele die Sonn- und 
Feiertage 2. Nachdem morgens die Matutin in der Zwoller 
Kirche gesungen war, mussten alle Schüler im gemein- 
schaftlichen Hörsaale erscheinen. Alsdann erklärte Cele 
während einer Stunde die Epistel des Tages. Am Nach- 
mittage nach Beendigung der Vesper erklärte er ein anderes 



1. Preger : Epist. LXI, S. 45. — Ein Auszug aus diesem Briefe bei Busch : Chron. Wind., S. 211. 2. Chron. Wind., S. 206. — 100 — Buch der hl. Schrift oder der Kirchenväter 1. Bei derselben Gelegenheit diktierte er den zukünftigen Klerikern einige bemerkenswerte Sentenzen der Heiligen. Jeder Schüler war verpflichtet, solche Sentenzen und Erklärungen in ein Sam- melbuch “ rapiarium theologicale 2 ” einzutragen. Dieses sollte für ihr späteres Leben als religiöses Erbauungs- und Belehrungsbuch dienen. Jedenfalls hat Cele sich in diesen Vorträgen, was die Wahl des Stoffes anbelangt, dem geist- lichen Studienplane de Grootes enge angeschlossen 3. Nach den Evangelien folgen aber in demselben Rufins “ Vitae patrum ”, eine Sammlung von Lebensgeschichten ägyp- tischer Mönche, und Cassians “ 24 collationes patrum ”,. ferner die Briefe Pauli und die Apostelgeschichte. Ausser 4 den Meditationes des heiligen Bernhard, den Soliloquien des heiligen Augustinus und Anselms seien Auszüge aus den Werken der Heiligen “ flores sanctorum ” erbaulich und nützlich zu lesen. Ein Hauptgewicht legt de Groote aber auf das Studium von Gregors “ Moralia ”, desselben “ Regula pastoralis ” und des heiligen Augustinus “ De opere monachali ”. Was die beiden vorletzten Werke anbelangt, so wissen wir von Busch, dass auch Cele grossen Wert auf dieselben
1. In der von Roswydus im Jahre 1621 besorgten Ausgabe des Chron. Wind, steht, dass er auch mittags während einer Stunde das Evangelium erklärt habe : “ Sic et post duodecimam Evangelium similiter per horam . . . solitus erat exponere ”. Diese Stelle befindet sich in der von Grube besorgten Ausgabe nicht. An der Lütticher Schule fand an Sonn- und Feiertagen auch nur ein zweistündiger Religionsunterricht statt. — Vgl. Ziegler : Geschichte der Pädagogik, S. 52. 2. Ein solches Rapiarium hatte sehr wahrscheinlich jeder wissen- schaftlich gebildete Devote. Über die Rapiarien de Grootes, Florentius und Lubberts, siehe Dumbar : Anal., S. 46, 51. Siehe ferner Busch : Chron. Wind., S. 188, 202, 207, 367. — Moll : Kerk. Geschiedenis II, II, S. 271 ; II, IV, 217. — Acquoy : Het Klooster I, 163, 325, Anm. II, 301. 3. Thomas a Kempis : Vita G. Mag,, Gap. XVIII, par. II. — 101 — legte. Er empfahl 1 das Pastorale des heiligen Gregor ganz besonders denjenigen Schülern, welche später seelsorge- risch thätig sein wollten, und riet ihnen, wenn es ihre Mittel erlaubten, auch die Anschaffung von dessen Moral an. Als Grund zum fleissigen Studium derselben fügte er hinzu : “ Damit nicht der Blinde den Blinden führe und beide in den Abgrund der Hölle stürzen, sondern aus den Aussprüchen der Heiligen und deren Beispiele lernen möchten, wie sie selbst leben und andere lehren sollten. Zur Vervollständigung unserer Abhandlung über die Schule Celes erübrigt es uns noch, die Dauer des Studiums und die Unterrichtsmethode Celes näher zu erörtern ”. Die Studienzeit war nicht auf volle acht Jahre be- messen, wenigstens waren in den unteren Klassen keine Jahreskurse eingerichtet. In der ersten Klasse scheinen die Studierenden jedoch längere Zeit geblieben zu sein. Busch sagt von sich selbst, dass er der obersten Klasse drei Jahre angehört habe 2. Keiner wurde aus einer Klasse in die andere versetzt, ohne dass er vorher durch eine bestandene Prüfung als dazu befähigt erachtet worden wäre. Über- haupt scheint Cele sehr grossen Wert auf die Prüfungen gelegt zu haben, welche häufig während des Jahres statt- fanden : in den unteren Klassen nur um zu sehen, ob die Schüler ihr Pensum auswendig gelernt hatten, in den oberen Klassen jedoch um sich zu überzeugen, ob der Studierende das Vorgetragene richtig verstanden hatte 3. Wir können daher Hirsche unmöglich beipflichten, wenn er meint, dass die Methode Celes nur auf eine Kultur, eine
1. Chron. Wind., S. 212. 2. Chron. Wind., S. 220 : “ Et nobis tunc primariis aliorum locorum lecloribus qui tribus pene annis in primo loco sedimus. ” — Vergl. Liber de Reform., S. 393. 3. Liber de Reform., S. 393. — Chron. Wind., S. 206. — 102 — Entwickelung des Gedächtnisses hinauslief. Er hat ganz entschieden Unrecht, wenn er sagt 1, dass die Lehrer in der Zwoller Schule nur lectores und examinatores, die Schüler nur Zuhörer und Nachschreiber geblieben seien. Das Wenige, welches uns Busch über die Methode Celes sagt, weist auf das Gegenteil hin. Abgesehen davon, dass die Lehrfächer, welche von der fünften Klasse aufwärts doziert wurden, hauptsächlich Verstandes- und nicht Gedächtnis- sachen waren, brauchen wir nur auf die eigentliche Bedeutung der von Busch gebrauchten Ausdrücke für die Unterrichtsmethode Celes zurückzugehen 2, um einzu- sehen, dass es sein Bestreben war, nicht einfach vorzu- tragen, sondern auch das Vorgetragene zu erklären. Die Aufgabe eines mittelalterlichen Lehrers war eine zweifache, nämlich die lectio und die disputatio. “ Legere ” bedeutet aber nicht einfach vorlesen oder diktieren, sondern den Text nach Form und Inhalt erläutern 3. Da uns nun Busch ausdrücklich sagt, dass Cele beim Erklären der heiligen Schrift von jedem Schüler den Besitz des Textes verlangte 3, so können wir annehmen, dass er auch für die übrigen Fächer, wenn nicht ein gleiches verlangte, dann doch den an den Universitäten gehandhabten Modus befolgte, dass mindestens je drei Studierende einen Text
1. Real Encycl., S. 751. 2. Chron. Wind., 206. “ Divinam scripturam . . . solitus erat expo- nere ”. Confer., S. 211. “ Epistolas et evangelia cepisset exponere l. c. ” “ nolens ut verbum dei . . . publice legeretur. — Liber de Reform., S. 393. “ Grammatica . . . ibidem tunc lectis ”. — L. c. “ Quibus gram- maticam legi ”. 3. Paulsen : Geschichte des gelehrten Unterrichts, II. Afl., S. 34. — Vergl. Ducange 1885. “ Legere : docere.. profiteri. Gall. : enseigner, professer ”. 4. Chron. Wind., S. 207 : “ Unde epistolas et evangelia in festis per annum occurencia omnes habere voluit ”. — 103 — vor sich hatten 1 Cele, der wie sein Freund de Groote ein grosser Bücherliebhaber war, und dabei weniger auf schöne Ausstattung als auf genaue Abschriften sah, wird jedenfalls auch Wert darauf gelegt haben , dass seine Schüler im Besitze guter Texte waren. Korrigieren und richtig interpungieren derselben wird daher unter Aufsicht des Lehrers die erste Aufgabe des Schülers gewesen sein. Wie aus den Berichten Buschs hervorgeht 2, diktierte Cele in den Fächern, welche er selbst dozierte, wenn nicht den ganzen Text, dann doch das Hauptsächlichste des- selben. Es ist aber kaum anzunehmen, dass ein so tüchtiger Schulmann wie Cele seinen Lehrern eine andere Methode gestattete, als die, welche er selbst befolgte, und daher müssen wir annehmen, dass auch in den Fächern, welche für seine Schüler ebenso wichtig waren wie die Erklärung der heiligen Schrift, denselben der Text diktiert wurde. An mehreren Stellen sagt uns Busch 3, dass Cele darauf sah, dass seine Zuhörer sich in den Besitz des Textes setzten, damit sie später ein Nachschlagewerk zur Hand hätten 4, dass aber durch das Diktieren die Studierenden nicht zu blossen Nachschreibern gestempelt wurden, son-
1. Paulsen, Geschichte, S. 34. 2. Chron. Wind., S. 207 : “ Per totam scolam pronuntiavit singulis ad sua rapiaria cuncta scribentibus, S. 212. “ Id publice nobis in scolis . . . in scribendum pronunciavit ”. 3. Chron. Wind., S. 207 und 212. 4. Der Gebrauch des Pergamentes scheint zu der Zeit in der Schule von Zwolle schon abgeschafft gewesen zu sein, jedenfalls wegen des hohen Preises und der schwierigen Beschaffung desselben für eine solch grosse Anzahl Schüler. Dahingegen ist der Gebrauch des Papieres an der Zwoller Schule verbürgt, da, wie Busch (Chron. Wind., S. 206) be- richtet, Cele den armen Schülern nicht nur das Schulgeld nachliess, sondern ihnen auch Geld für die Beschaffung des für den Schulgebrauch notwendigen Papieres schenkte. Man kann aber schwerlich annehmen, dass Letzteres nur für den Religionsunterricht bestimmt war. — 104 — dem ihnen dadurch nur ein Mittel an die Hand gegeben wurde, leichter und sicherer das Vorgetragene zu erfassen und zu verstehen, beweisen die Disputationen, welche an der Zwoller Schule stattfanden. Die Disputatio war eine notwendige Ergänzung der “ lectio ” 1. Busch erzählt uns mit sichtlichem Vergnügen, dass dieselben an der Zwoller Schule recht fleissig betrieben wurden 2. Dieses fleissige Disputieren spricht aber für eine vorhergehende Erklärung desjenigen Lehrstoffes, worüber disputiert werden sollte.. Denn eine Disputation nach den scholastischen Regeln, und diese befolgte man in Zwolle ohne jeden Zweifel, erforderte eine gründliche Kenntnis der Sache und völlige Beherrschung des Lehrstoffes. “ Wenn die lectio ”, so sagt Paulsen, “ den wissen- schaftlichen Stoff überlieferte, so sollte die Disputatio in seiner Anwendung üben. Die Anwendung der Wissen- Schaft aber bestand im Lehren und überzeugen und in der Entscheidung von streitigen Fragen, welches letztere man als die Form der produktiven wissenschaftlichen Thätig- keit des Mittelalters ansehen kann. Es handelte sich darum, auf Grund gewisser und anerkannter Wahrheiten noch unentschiedene Dinge zur Entscheidung zu bringen ”. Durch nichts konnte der Schüler in der damaligen Lehrweise so zur Selbstthätigkeit angeregt werden als gerade durch die Disputation. Die verbürgte Existenz derselben an der Zwoller Schule — die Persönlichkeit Celes ist uns Gewähr genug dafür, dass dieselben pünktlich und gemäss den herkömmlichen Regeln gehalten wurden — ist die beste Widerlegung Hirsches, welcher sagt 3 : “ Am wenigsten aber finden wir dort (in Zwolle) und
1. Paulsen, Geschichte, S. 35. 2. Liber de Reform., S. 393. 3. Real EncycL, S. 751. — 105 — selbst nicht in schwachen Anfängen jene entwickelte Lehr- methode, welche in allen Studien des Unterrichts die Selbstthätigkeit der Schüler mit in Anspruch nimmt ”. Für die Gründlichkeit des Unterrichts an der Zwoller Schule spricht auch der Umstand, dass Cele besonders beim Religionsunterrichte sich stets auf die Autorität der Bücher stützte. Stets hatte er, wohl nach dem Beispiele seines Freundes de Groote, der selbst auf seinen Predigt- reisen Bücher in einer Tonne mit sich führte, die heilige Schrift und die Kirchenväter zur Stelle, um sofort die Belegstellen zur Hand zu haben 1. Welch grossen Wert Cele aber auf diese Methode legte, bekundet er in seinem Testamente, gemäss welchem er denjenigen Teil seiner Bücher, welchen er nicht an Klöster und Genossenschaften vermacht hatte, in einem an der Nordseite der Kirche St. Michael aus Stein und Eisen errichteten, mit guten Schlössern versehenen Gebäude aufstellen liess 2. Die Schlüssel zu dieser Bibliothek, in welcher viele Bücher theologischen und profanen Inhaltes 3 an Ketten ange- schmiedet lagen, waren in den Händen verschiedener frommen Priester und Laien, damit allen, welche dort studieren wollten, der Zutritt erleichtert wäre. Celes Bei- spiele folgten später einige fromme Priester und andere Ge- lehrte, indem sie ihre Bücher dieser Bibliothek vermachten. Diese öffentliche Bibliothek kam aber an erster Stelle wiederum den Lehrern und fortgeschrittenen Schülern der Zwoller Schule zu Gute, und Celes Vermächtnis, das ein über das Gewöhnliche hinausgehendes Bestreben
1. Chron. Wind., S. 220. 2. Chron. Wind., S. 220 f. 3. Chron. Mont. S. Agnetis, S. 174. “ Multos ipse sibi libros scho- lasticos et divinos congregaverat, quos in pios usus fecit post mortem distribui ”. — 106 — bekundet, war wohl hauptsächlich im Interesse der Schule geschehen. Wenn wir nun die Unterrichtsmethode Celes einer Prüfung unterwerfen, so finden wir, dass er nichts wesentlich Neues auf diesem Gebiete gebracht hat, sondern dass er sich der an den Universitäten angewandten Methode bediente. Mit dieser den Zeitverhältnissen ange- passten Methode erzielte Cele aber bessere Resultate, weil er aus ganzer Seele Schulmann war, und seine Pflichten bis in das Kleinste streng erfüllte. Dass sich Cele durch die Beibehaltung der allgemein angenommenen Methode wiederum als praktischer Schulmann zeigte, beweist der vorzügliche Erfolg, mit welchem seine Schüler an den Universitäten gekrönt wurden 1. Der Übergang von der Zwoller Schule zu den Universitäten war ein kaum bemerkbarer und desshalb der Erfolg ein desto sicherer. In Anbetracht dessen ruft Busch aus 2 : “ Die Universität Paris weiss es, die von Köln erkennt es an, Erfurt gesteht es, und der römischen Kurie ist es nicht unbekannt, wie viele gelehrte Männer die Zwoller Schule hervorgebracht hat ”. Der Chronikschreiber des Agnietenberges, welcher den Ruhm Celes in fast genau denselben Worten aus- drückt 3, fügt noch hinzu : “ Bis in die entferntesten Provinzen Deutschlands drang sein Ruhm, und an den Grenzen des Erdkreises verkündeten die Schüler desselben seine Lehre 4 ”. Fassen wir nun kurz die Ursachen zusammen, welche
1. Chron. Wind., S. 208. 2. Chron. Wind., S. 208. 3. S. 171. “ Novit Parisius magna, fatetur Colonia sancta, agnoscit Erfordia nec ignorat curia Romana, quantos ex se emiserit litteratos viros Suollensis ”. 4. S. 170. — 107 — den Ruhm der Zwoller Schule begründeten, so müssen wir an erster Stelle die Neuorganisation der Schule durch Cele nennen. Celes Schule unterschied sich aber von den übrigen Schulen des Mittelalters : a) durch die Umgestaltung der Particular- schule in ein achtklassisches System; b) durch die Aufnahme des Quadriviums in den Schulplan; c) durch die Einführung des Fachstudiums in den oberen Klassen; d) durch eine besondere Betonung des Reli- gionsunterrichtes, insbesondere eines vertiefteren Studiums der Exegese; e) durch eine daraus entspringende bessere Erziehung des Klerus im Geiste der katholischen Kirche. An zweiter Stelle trug aber in hervorragendstem Masse Celes Persönlichkeit zum Ruhme der Schule bei. Cele war ein geborener Schulmann, der mit einem heiligmässigen Leben wissenschaftliche Bildung und wis- senschaftliches Streben verband. Aus dem Gesagten geht hervor, dass die Charakteristik, welche Busch von seinem Lehrer entwirft, eine zutreffende ist :

“ Cele war ein ausgezeichneter Jugendbildner, ein treuer Lehrer für Altere, ein grosser Eiferer für das Haus Gottes und die Seelen, ein feuriger Prediger des göttlichen Namens, ein guter Reformator des Kirchengesanges und ein entschlossener Zurechtweiser der Zuchtlosen ”.

 
Der eigentliche Urheber und Begründer des 
Ruhmes der Zwoller Schule war aber de Groote 
— und zwar dadurch, dass er Cele der Schule 


— 108 — 

erhielt und ihm stets mit Rat und That zur Seite 
stand* Hierdurch erwarb er sich mit Recht den 
Ehrentitel eines “Patriarchen unseres alten 
Gymnasiums 1 ”. 



1. G. M. Pachtler, S. J. Die Reform unserer Gymnasien, Paderborn 1883, S. 23.

“ Unser alles und bewährtes Gymnasium stand bereits im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts fest. Sein Patriarch war Ger- hard de Groote, dieser wahrhaft “ grosse” Mann, dessen Verdienste bis heute noch viel zu wenig gewürdigt sind ; und seine unmittelbaren Väter waren in erster Linie Agricola, Hegius und Wimpheling ”.


IV. Kapitel.

Die Zwoller Schule von dem Tode Celes bis zu den Anfängen des Humanismus.

 

Als Cele im Jahre 1417 starb, hatte die Zwoller Schule 
ihre höchste Blüte erreicht. Sein Hinscheiden war für 
die Schule ein nie zu ersetzender Verlust. Nur der vorzüg- 
lichen Einrichtung der Schule, welche in Zwolle bis zur 
Einführung der Reformation (1582) beibehalten wurde, 
und der Thätigkeit der Fraterherren ist es zuzuschreiben, 
dass unter den schwierigen Verhältnissen, welche nach 
dem Tode Celes eintraten, das blühende Schulwesen nicht 
gänzlich zu Grunde ging. 

Im Anfange des XV. Jahrhunderts brachen schwere 
Zeiten über das Stift Utrecht herein. Eine sehr bösartige 
Pest schien von dem Lande nicht weichen zu wollen,. 
Hunderte wurden von ihr hinweggerafft; um das Unglück 
voll zu machen, gesellte sich dazu bald ein Bürgerkrieg, 
welcher dem fruchtbaren Lande unberechenbaren Schaden 
verursachte. Unendlich verhängnisvoller für das geistige 
Leben war das Utrechter Schisma (1423-1450) ; durch 
dasselbe wurde das kaum in seinen Wurzeln erstarkte 
religiöse Leben, welches durch de Groote und seine 
Anhänger hervorgerufen worden war, fast gänzlich ver- 
nichtet und damit dem blühenden Zwoller Schulwesen die 
Lebensader unterbunden. 

Hatte der Nachfolger Celes an und für sich schon eine 



— 110 —

schwere Stellung, wenn er die Schule auf derselben Höhe 
erhalten wollte, wie sein Vorgänger, so musste unter den 
vorhin geschilderten Umständen dieses Amt ihm doppelt 
schwer werden. Ohne Zweifel ist dann auch die Amtszeit 
des in die Fussstapfen Celes tretenden Rektors Livinus von 
Middelburg 1 eine der schwierigsten und unerquicklichsten 
gewesen. Sehr wahrscheinlich hatte Livinus schon in den 
letzten Lebensjahren Celes, als dieser durch Alter und 
Krankheit verhindert war seine Funktionen als Rektor 
warzunehmen, die Leitung der Schule übernommen. Da 
uns die Stadtrechnungen von 141 1 bis 1420 fehlen, so 
können wir hierüber etwas Sicheres nicht feststellen. 


1. Als Nachfolger Celes werden uns von den verschiedenen Autoren verschiedene Männer genannt. Wir begnügen uns hier die verbreitetsten Irrlümer zu widerlegen. Van Hattum : Geschiedenissen der Stad Zwolle, Bd. I5 S. 377 bezeichnet als solchen Johann Busch, den Windesheimer Chorherrn und Sächsischen Klosterreformator. Busch zählte jedoch beim Tode Celes kaum 18 Jahre und trat mit diesem Alter, wie er selbst bezeugt, gegen den Willen seiner Eltern, welche ihn zur Univer- sität nach Erfurt schicken wollten, in den Orden der regulierten Chor- herren in Windesheim ein. — Confer. Liber de Reformatione, S. 894. — Acquoy : Het Klooster van Windesheim, Bd. I, S. 289, 328. — Zu der bei Acquoy, S. 28g angegebenen Litteratur fügen wir hinzu : Grube K. : Johannes Busch, Augustinerprobst zu Hildesheim. Freiburg 1881. Kämmel : Geschichte des deutschen Schulwesens, S. 21 5, giebt einen Dietrich von Eupen als Nachfolger C^eles an. Ein solcher ist jedoch weder als Lehrer an der Zwoller Schule, noch als Rektor oder Prokurator des Zwoller Fraterhauses oder der zugehörigen Erziehungs- häuser bekannt. Jedenfalls ist der Fraterhaus-Rektor Dietrich von Herxen gemeint, der von Fr. Cramer : Geschichte der Erziehung und des Unterrichtes in den Niederlanden, S. 278, als Rektor der Zwoller Schule genannt wird. Aber auch dies ist ein Irrtum, welcher aus zwei Gründen leicht erklärlich wird : i, nahm man bis jetzt an, dass die Schule in Zwolle keine Stadtschule, sondern ganz in den Händen der Brüder des gemeinsamen Lebens gewesen sei ; 2. trug sowohl der Vorsteher der Zwoller Stadtschule als auch derjenige des Fraterhauses den Titel Rektor, was zu manchen Irrtümern Anlass gegeben hat. — über Dietrich von Herxen vergl. S. 112, Anm. I. — 111 — Von seinem Leben und seiner Thätigkeit ist uns weiter nichts bekannt, als was die Chronik des Zwoller Frater- hauses von ihm berichtet 1 Gemäss dieser war er ein Mann, der es mit seiner Pflicht ernst nahm und ganz im Geiste Celes die Schule leitete. Auch er gehörte zu den Devoten und stand somit unter der geistlichen Leitung der Fraterherren, zu deren Freunden er gezählt wurde 2. Schon in den ersten Jahren seines Wirkens litt die Schule sehr durch die schreckliche Pest, welche besonders in den Jahren 1421 3 und 1428 4 furchtbar die Stadt heimsuchte. Sehr wahrscheinlich war die Schule in diesen Zeiten, wie später bei ähnlichen Heimsuchungen, geschlossen. Über die Lehrkräfte, welche Livinus zur Seite standen, wissen wir weiter nichts, als dass sein Bruder Nicolaus von Mid- delburg eine Zeitlang als Lektor an der Schule thätig war 5
1. H. S. X. 92, fol. 14 und 23. — über seine Thätigkeit in Doesburg wo er zur Zeit des Utrechter Schismas durch Vermittlung der Brüder des gemeinsamen Lebens Rektor der Schule wurde, sagt die H. S., fol. 23 folgendes : “ Fuerat tunc ibidem rector Scolarium magister Livinus, qui consilio patris nostri et fratrorum nostrorum libenter amplexabatur, qui eciam discipulos suos devoter amonebat et informabat ad contemptum mundi ”. 2. Van Doorninck irrt wenn er Bydrage etc., Bd. IX, S. 98 gestützt auf Kist en Royaards Archief, Bd. VI, S. 287 sagt., Livinus sei erst Fraterherr im Reichen Fraterhause zu Z wolle gewesen, denn in der Chronik wird jeder Zugehörige der Genossenschaft “ Frater noster ” genannt. Da dieses Prädikat bei dem Namen des Livinus fehlt, und ihm auch kein grösserer Abschnitt gewidmet wird, wie dieses bei den übrigen Bewohnern der Domus divitum geschieht, so sind wir sicher, dass er nicht zu der Genossenschaft der Fraterherren gehörte, sondern zu den sogenannten Devoten gezählt werden muss. 3. Thomas a Kempis : Chron. Mont. S. Agnetis, Cap. 16. “ Anno Domini 1421 fuit notabilis pesiilentia Daventrie Zwollis Campis et vicinis oppidis, quae tempore aestivali tribus mensibus non parvum populum terrae extinxit ”. 4. Van Hattum, I deel, II stuk, S. 341. 5. Siehe S. 1 12, Anm. 2. — 112 — Die mehrjährige Thätigkeit des Livinus, als Rektor in Zwolle, wird insoweit charakteristisch für die Schule gewesen sein, als wir einen bedeutenden Einfluss der Brüder des gemeinsamen Lebens auf ihn vermuten müssen. Für diesen Einfluss zeugen nicht nur seine persönliche Freund- schaft mit dem Rektor des Fraterhauses Dietrich von Herxen 1 und der Eintritt seines Bruders Nicolaus in die Genossenschaft 2, sondern vor allem sein streng kirchliches Verhalten während des Schismas von Utrecht. Als im Jahre 1428 der Bischof von Utrecht, Friedrich von Blankenheim, starb, wählten die fünf wahlberechtigten, stark beeinflussten Kapitel am 11. November desselben Jahres Rudolf von Diepholz, Kanonikus von Köln und Probst von Osnabrück , zu dessen . Nachfolger. Papst Martin V. kassierte die Wahl, weil Rudolf zu dem Amte ungeschickt sei, und erhob den Bischof von Speier, Rabanus von Helmstad, auf den Stuhl des heiligen Willi- brordus. Rabanus jedoch übertrug, weil er sich den grossen Schwierigkeiten, welche er vorausahnte, nicht gewachsen fühlte, mit päpstlicher Genehmigung die Würde auf den Utrechter Domherrn Zweder von Kuilenburg.
1. Dietrich von Herxen, der Sohn reicher, sehr gottesfürchtiger Eltern, war um das Jahr i38i zu Herxen in der Nähe der Stadt Zwolle geboren. Er besuchte die Schule von Deventer, und nachdem er die dortigen Studien absolviert hatte, trat er auf Anraten des Priors von Windesheim Vos van Heusden in die Genossenschaft der Fraterherren zu Zwolle ein. Im Alter von 29 Jahren wurde er 1410 zum zweiten Rektor des Hauses gewählt, in welcher Eigenschaft er während 47 Jahren unermüdlich thätig war sowohl für die Ausbreitung der Genossenschaft als auch für das Gedeihen der Schule. Er starb am 21. März 1467 und wurde in Windesheim begraben. 2. H. S. X. 92, fol. 23 r. “ Hie magister Livinus frater fuit domini Nicolai de Middelborch, qui Nicolaus eciam ad tempus fuit lector Suolli in scolis et consilio patris nostri subditus factus et directus est sororum confessor de Oen in Velua. — 113 — Da nun Rudolf auf die Wahl nicht verzichten wollte, war das verhängnisvolle Schisma von Utrecht geschaffen. Auf Seite des vom Papste anerkannten Zweder stand ausser den Ordensgeistlichen ein Teil des Domkapitels von Utrecht nebst dem Herzog von Geldern und Philipp von Burgund ; Anhänger Rudolfs dagegen waren die Welt- geistlichkeit, der Herzog von Cleve, der Graf von Bent- heim , die Edelleute der Provinz Overyssel und die Hansastädte Deventer, Kampen und Zwolle. Man griff zu den Waffen, und auf beiden Seiten kämpfte man mit grosser Leidenschaft und barbarischer Zerstörungswut. Der Papst belegte die Anhänger Rudolfs mit dem Bann und sprach das Interdikt aus. Die Städte jedoch, welche sich in ihren Rechten gekränkt fühlten, hatten mittler- weile einen Protest gegen den Papst an alle Höfe Europas abgeschickt und kehrten sich keineswegs an Bann und Interdikt. Die Ordensleute, welche sich ihrem Gebote nicht unterwerfen wollten und streng an den kirchlichen Verordnungen festhielten, wurden aus den städtischen Gebieten und denen der Anhänger Rudolfs ausgewiesen 1. Im Jahre 1426 erging an die Brüder des gemeinsamen Lebens zu Zwolle ebenfalls das Ausweisungsedikt 2, und mit ihnen wurde der Schulrektor Livinus als Anhänger Zweders aus der Stadt verbannt. Die Fraterherren gingen zuerst nach Hulsbergen bei Hattem und dann nach Doesburg, wo sie von den Bürgern mit offenen Armen empfangen
1. Moll : Kerkgeschiedenis van Nederland, II, I, S. 176-213. Über die Zustände in Zwolle während des Schismas vergl. van Hattum, Bd. I, Teil II, Cap. XV; besonders S. 355 ff. 2. H. S. X. 92, fol. 22 V. “ Religiosi ergo et omnes devoli utriusque sexus nolebant divina celebrare neque interesse divinis propter obedien- liam Pape seilicet quando fuit denunciatum in profesto sti Lamberti, ideo crudeliier valde primum expulsi fuerunt a monasteriis et civitatibus anno domini 1425 ”. — 114 — wurden 1 Hierhin folgte ihnen Livinus, der durch den Einfluss der Brüder die Stelle als Rektor an der dortigen Schule erhielt 2. Durch seine Umsicht und Tüchtigkeit brachte er auch diese Schule zu grosser Berühmtheit 3. Er hatte, wie sich die Chronik ausdrückt, das Zwoller Studium nach Doesburg verpflanzt, und dort blühte es auch noch nach der Rückkehr der Fraterherren nach Zwolle (1432) weiter. In dem Berichte über seine Amts- thätigkeit in Doesburg wird ganz besonders seine vorzüg- liche Kenntnis der Musik hervorgehoben 4.
1. H. S. X. 92. fol. 22 V. “ Anno sequenti hujus occasione fratres nostri in parasceve videlicet XXVI perrexerunt primum ad montem Sti Jheronimi, deinde in Doesborch venerum et conduxerunt domum ibidem. Cumque essent ibi . . . invenerunt graciam apud cives et funda- verunt ibi domum bonam et collegerunt et accepiaverunt bonos juvenes. 2. H. S. X. 92, fol. 23 r. “ Fuerat tunc ibidem (sc. Doesborch) rector scolarium magister Livinus qui consilium patris nostri et fratrum nostrorum iibenter ampiexabatur ”. 3. H. S. X. 92, fol. 14 r. “ Tempore interdicti fratres nostri perrexe- runt Doesborch et magister Livinus cum eis, ita ut Suollense Studium illuc pariter transferetur, quod ibi viguit eciam post reditum fratrum nostrorum in Suollis ”. 4. Irrtümlicherweise wurde er auch für den Dichter des Liedes : “ Och heer der hemelen Stichter ”, welches sich im Mittelalter einer grossen Beliebtheit erfreute, gehalten (Kist. en Royaard, Archief VI, S. 287, van Doorninck : Bydrage, Bd. IX, S. 98). Auf Grund der Chronik steht es jedoch unumstösslich fest, dass nicht er, sondern Dietrich von Herxen der Dichter desselben ist. Acquoy: de Kroniek, S. 38, wies zuerst auf den Irrtum hin. Die hierauf bezügliche Stelle in der Chronik X. 92, fol. 23 lautet : “Composuit eciam pater noster (Seil. D. von Herxen) Carmen theutonicale pro laicis et sororibus, quod sie incipit : Och heer der hemelen stichter en alle der wereld verlichter Wanneer ick my binnen scouwe so en vinde ik nyet dan rouwe ”. Das Lied wurde 1854 durch Hoffmann von Fallersleben in den “ Niederländische geistliche Lieder des XV. Jahrhunderts ” (S. 129-131) herausgegeben. — Vergl. Acquoy 1. c. — 115 — Livinus ging nicht mit den Brüdern nach Zwolle zurück, sondern legte, nachdem er wahrscheinlich noch eine Zeit lang dem Doesburger Schulwesen vorgestanden hatte, sein Amt nieder, um seine letzten Tage Gott ungestört zu widmen. Er ging nach Deventer, wo er auch starb 1. Es ist leicht begreiflich, dass zur Zeit des Interdiktes die Schule zu Zwolle arg danieder lag. Wegen der Unsicher- heit der Wege wurden die fremden Schüler abgehalten, dieselbe zu besuchen, die grossen Konvikte der Brüder waren geschlossen, und zudem fehlte der Schule ein Lehrer, dessen Ruhm die studierende Jugend dorthin gezogen hätte. Der Magistrat suchte dem übel, so gut es ging, zu steuern durch die Ernennung eines neuen Schul- rektors, den er in der Person eines gewissen Meister Kerstken gefunden hatte. In der Anstellungsurkunde vom 10. Oktober 1425 2 heisst es : “ dass er die Schule haben und verwahren soll um die Kinder und Kleriker zu lehren und zu regieren in der Schule, in der Kirche und sonst wie es sich gehört, bis zu Zantgangen (10. Oktober) des kommenden Jahres 1426”. Da vermutlich keine genügende Anzahl Schüler da waren, dass der Rektor von dem Schul- gelde und den üblichen Abgaben allein hätte leben können 3 sicherte ihm die städtische Behörde ausser dem Schulgelde ein jährliches Gehalt von 25 leichten Gulden nebst einer Elle Tuch für eine Kapuze (covelle) zu. Kerstken scheint nicht hinreichend sangeskundig gewesen zu sein, um das
1. H. S. X. 92, fol. 23. “ Magister ergo Livinus post multos labores in scolis Suollensis et Doesborgensis et directiones scolarium ad ckum ipse postmodum sibi vacabat et deo habitans Daventrie ubi tandem feliciter obiit ”. 2. Registrum antiquum, fol. 29. (Archiv der Stadt Zwolle.) 3. Wenn in Kriegs- oder Pestzeiten die Schule wenig besucht war, hielt die Stadt den Rektor durch einen Zuschuss aus der Stadtkasse schadlos. — 116 — bisher mit dem Recktorat verbundene Amt des Kantors in der Kirche wahrnehmen zu können, da am gleichen Tage — zunächst auch bis zu Zantgangen 1426 — ein gewisser Hermann zu diesem Zwecke angestellt wurde. Derselbe verpflichtet sich 1 “ den Schülern Gesang zu lehren und in der Kirche den Chor zu regieren zur Zeit der Mette, der Messe und der Vesper, überhaupt mit den Klerikern dort zu singen zu jeder Zeit, wie es üblich und gebräuch- lich ist ”. Für seine Dienstleistung erhält er jährlich 40 Arn- heimsche Gulden. Der weitere Inhalt der Anstellungsurkunde Hermanns wirft übrigens ein interessantes Licht auf die damalige Verlegenheit der Zwoller Stadtbehörde. Es heisst nämlich in dieser Urkunde : “ Weiterhin soll Hermann im Dienst bleiben gegen Entlohnung nach gleichem Jahresgehalt. Wenn aber diese Sache länger als bis nächstes Jahr dauern und der Gesang in der Kirche eingestellt werden sollte, so soll er für die Dauer dieses Zustandes auf halben Jahresgehalt gesetzt sein, während bei Aufrechterhaltung des Kirchengesanges in der vor Eintritt dieser Sache üfblichen Weise der Gehalt ohne Beeinträchtigung (sonder argelist) ihm ausbezahlt werden soll. Zugleich hat uns Hermann versprochen, dass er im Dienst bleiben will, so lange bis diese vorgenannte Sache beendigt ist”. Es unterliegt keinem Zweifel, dass bei dem Ausdruck “ diese Sache” von dem Interdikte die Rede ist. Für die Lage der Stadt ist es sehr bezeichnend, dass die Behörde in Unsicher- heit schwebte, ob ihr die Weltgeistlichkeit treu blieb oder nicht, da von einem eventuellen Einstellen des Kirchen- gesanges die Rede ist. Ob sie hier an das wechselnde Kriegsglück und einen wahrscheinlichen Sieg des Zweder
Siehe Anstellungsurkunde, Beilage II. — 117 — über seinen Gegner Rudolf gedacht hat, ist wohl schwer zu entscheiden. Meister Kerstken und Meister Hermann blieben in ihrer Stellung bis zum Jahre 1427 und zwar nur bis Ostern 1. Ihr Nachfolger im Amte, ein Meister Jacob von Holland, vereinigte die beiden Amter des Rektors und des Kantors in seiner Person, blieb aber nur bis zu Mitte des Jahres 1429 2. Die Stadtrechnungen nennen als seinen Nachfolger Meister Jacob von Campen und registrieren diesen Namen bis ins Jahr 1482. Die Chronik des Zwoller Fraterhauses meldet aber, dass zur Zeit des Interdiktes, als ein gewisser Heinrich von Herxen Schüler und Lektor der Schule war, Jacob van Hattum, magister parisiensis, Rektor derselben gewesen sei 3. Nach der Chronik kehrt dieser Heinrich von Herxen im September 1482 mit den Fraterherren als Novize aus der Verbannung von Doesburg nach Zwolle zurück 4. Ist er also im Jahre 1482 Novize, so muss sein kurz vorausgehender Aufenthalt an der Zwoller Schule gerade in die Zeit fallen, für welche die Stadt- rechnungen den Rektor Jacob von Campen aufführen, während die Chronik als solchen Jacob van Hattum
1. J. R. 1427. “ Item Meister ICerstken van een half jaer diensten dat hy die schoele regierde XVI Gulden, XXI Placken. — Item gedaen Hermanne, die't choor mitten clercken regiert XL arnheimsche Gulden facit C Gulden. 2. J. R. 1429. “ Item den schoelmeister Jacob den Hollander voir syn loen thent Zantgangen toe XXII j Gulden ende meister Jacob van Campen die nu die schoel regiert betaelt syn loen van Zantgangen thent Pauli XX Gulden, V Placken facit XLII Gulden, XVII Placken. 3. H. S. X. 62, fol. 5i r. “ Cum ergo (Henricus nempe) aspiraret ad altlora et plura discenda et venisset Suollis, ordinatus mox fuit a rectore ad locum secundum, qui tunc fuit magister parisiensis Jacobus de Haitem valde bonus Informator juvenum sicut ex libris quos composuit pro Scolaribus clare patet ”. 4. H. S. X. 92, fol. 24 r. — 118 — bezeichnet. Jedenfalls haben wir es jedoch hier mit einer und derselben Person zu thun, da eine Verwechselung der Bezeichnung nach den nahe beieinanderliegenden Städte in der einen oder andern Quelle leicht möglich ist. Von der Thätigkeit des genannten Rektors in Zwolle wissen wir nichts näheres, als was die Chronik des Fraterhauses von ihm bezeugt. Diese nennt ihn einen ausgezeichneten Jugend- erzieher und Verfasser mehrerer guter Schulbücher 1. Wie schon oben bemerkt, fällt in die Zeit dieses Rektorates die Lektorthätigkeit des Heinrich von Herxen. Heinrich kam, gemäss der Chronik des Fraterhauses, erst im reiferen Alter nach Zwolle, um den höheren Studien obzuliegen. Er war ein Mann von eisernem Willen und grossem Wissensdurste ; nie war er ohne Buch und selbst bei der Feldarbeit las er Boetius de Consolatione Philo- sophiae 2. Da er sich also eine gute Vorbildung verschafft hatte, wurde er bald in die zweite Klasse aufgenommen,, und aus Gehorsam gegen seinen Blutsverwandten Dietrich von Herxen stimmte er zu, eine Zeit lang an der Schule als Lektor zu wirken 3. Da er aber verlangte sich ganz Gott zu widmen, und ihm das Lehramt missfiel, trat er in die Genossenschaft der Brüder des gemeinsamen Lebens ein 4.
1. Siehe S. 1 17, Anm. 3. 2. H. S. X. 92, I. c. 3. H. S. X. 92, fol. 5i V. “ Unde non longe post, quia jam optimc fundatus et bonus clericus effecius est fuit requisiius et ex obedientia patris nostri domini Theoderici qui ex cognatione ei attinebat consensit ut ad tempus esset lector in scolis. Qua occasione quia jam diucius scolasticis disciplinis insistebat percucurrit plura dicta philosophorum et poeiarum, sed non hiis inhesii per corruptum affectum, ymmo tractus amore magis veriiatis ui errorem eorum intelligeret et confutaret. 4. H. S. X. 92, fol. 5i V. “ Post hoc inflammatus desiderio integralius serviendi Deo et posponendi occupaiiones scolasticorum distractivas, cepit intente revolvere ubi et quando congruentius et fructuosius hoc actitare posset ”. — 119 — in welcher er von 1475 bis 1482 das Amt des Prokurators 1 und von da ab das des Rektors 2 verwaltete. Seine Nieder- legung des Lektoramtes vor dem Eintritt in die Genossen- schaft bestätigt die weiter oben hervorgehobene Thatsache, dass die Fraterherren an der Schule keine Lehrthätigkeit ausübten. Der Rektor Jacob von Campen oder von Hattum blieb an der Zwoller Schule bis im Herbst des Jahres 1482. Zu dieser Zeit gewann gemäss den Stadtrechnungen die städtische Regierung einen neuen Rektor 3. Dieser neue Rektor war Johann von Dalen K Er war Geistlicher und Licentiat beider Rechte 4 Bei seinem Amtsantritte war die Schülerzahl noch eine verhältnismässig geringe, was daraus hervorgeht , dass ihm die städtische Behörde für das erste Jahr seines Dienstes eine Besoldung von vierzig Arnheimischen Gulden auswarf 5. Für die folgenden Jahre wurde ihm jedoch nur ein Gehalt von 35 Arn- heimischen Gulden versprochen 6 und zwar mit der Bedingung, dass wenn die Schülerzahl 500 übersteige,
1. H. S. X. 92, fol. 57 r. 2. H. S. X. 92, fol. 5i r. 3. M. R. (S. Monat. “ Item doe die Schoelmeisier gewonnen wart, daer mede verdronken lll j qr. 4. Seine Anstellungsurkunde befindet sich fol. 76 v im Registrum Antiquum, Archiv der Stadt Z wolle, herausgegeben durch van Door- ninck. Bydragen Bd. IX, S. 99. Diese Urkunde ist ohne Datum. Van Doorninck nimmt an, dass dieselbe zwischen 1435-37 ausgestellt ist, weil sie sich zwischen Aktenstücken dieser Jahre befindet. 5. In der Siiftungsurkunde einer Vikarie vom Jahre 1468 nennt er sich : “ Liceniiatus ex jure canonico et subdiaconus ecclesie Trajectensis. 6. In der J. R. von 1434 finden wir folgenden Posten : “. Iiem Meister Johan den schoelmeister pro rcgimine scolarium XLVIII gülden, KI placken, VI br. 7. Beilage III. Da ihm das versprochene Gehalt nur bis zum Jahre 1434 ausbezahlt wurde, und für die Folge weder in den M. R. noch in den J. R. von einer Zulage seitens der Stadt etwas zu finden ist, so müssen 120 es der Stadt anheimgestellt bleibe, ihm die genannte Summe zu verabfolgen oder nicht. Die Anstellung des Johann van Dalen war für das Zwoller Schulwesen ein unberechenbarer Gewinn. Mit ihr beginnt die zweite Blüteperiode der Schule, welche bis zu dem Auftreten des Alexander Hegius in dem benachbarten Deventer dauerte. Durch die Bemühungen van Dalens und die der Fraterherren stieg die Schule bald im In- und Auslande zu dem früheren Ruhme wieder empor *1. Das wissenschaftliche Leben an der- selben 2 und in dem Reichen Fraterhause hatte gleich nach Beendigung des Schismas einen neuen Impuls bekommen. Im Reichen Fraterhause lag Dietrich von Herxen unermüdlich dem Studium der heiligen Schrift und der Kirchenväter ob. Sehr grossen Wert legte er auf die übersetzungen derselben in die Volkssprache. Diese verfertigte er teils selbst 3, teils betraute er andere damit. Unter seinem Rektorate herrschte in den Schreibstuben ein regeres Leben als je zuvor. Der eifrigste Schreiber war der Bruder Arnold von Vollenhove, von dem die Brüder zu sagen pflegten, dass es unmöglich sei, alle von ihm wir annehmen, dass schon im Jahre 1435 die Schülerzahl 5oo überstiegen hat. In diesem und in den folgenden Jahren erhielt er pro Capucio VIII gülden, VII j placken.
1. Van Hattum, I. deel, II. stuk, S. 377 und 401. — Delprat, S. 90. 2. Vergl. S. 123 ff., über Joh. Wessel Gansfort. 3. H. S. X. 92, fol. 14. “ De diligentia ejus in scribendo et com- ponendo. Quam continuus et diligens fuit in opere patet eciam ex libellis et tractatulis quos composuit et scripsit, et ex collacionibus quas de diversis materiis collegit et apte in teutonicali lingua iranstulit. Quos tractatas apud nos habemus et multa alia devota scripta et exercicia nobis dereliquit, qui libri et tractatuli congruum esset hie recitarentur nisi nimis longum foret, porro apud nos habentur scripti in uno volumme faciliter ibi inveniendi. — 121 — geschriebenen Bücher auf eine Karre zu laden 1, Es würde uns zu weit führen, hier alle Verdienste, welche die Brüder für die damalige Wissenschaft sich erworben haben, auch nur zu nennen ; jedoch ist es notwendig, um den plötzlichen Aufschwung der Schule begreiflich zu machen, auf den grossen Einfluss, den dieselben sowohl auf die Lehrer als auf die Schüler ausübten, hinzuweisen. Da Lehrer und Schüler unter der geistlichen Leitung der Brüder standen und in deren Studienhäusern freundliche Aufnahme und liebreiche Pflege fanden 2, so gingen durch den steten Verkehr naturgemäss die Ansichten der Brüder über Studium und Pflege der Wissenschaft auch in jene Kreise über. Rechnen wir hierzu das grosse Ansehen, welches die Brüder unter den Frommen jener Tage genossen, und den weit verbrei- teten Ruf ihrer Erziehungsmethode 3, dann ist es leicht zu begreifen, dass trotz der häufig auftretenden Pest der Zuzug zu ihren Erziehungshäusern und zu der Schule ein ungewöhnh'ch grosser war. Manche jedoch, von der Un- sicherheit der kriegerischen Zeit beängstigt, wollten sich nicht auf den Weg begeben, ohne zuerst die Versicherung
1. H. S. X. 92, fol. 24 V. “.<. Gerhardus de Vollenhoe, ipse omni tem- pore valde fidelis erat in opere manuum, bonus scriptor et continuus in opere : Solent de eo fratres dicere, quod carruca non posseni vehi libri quos scripsit ipse, postquam ergo senuit et vix per berillum videre poterat, ut pennam temperaret, tamen non cessabat ab opere scribendi, ita quod ex longo usu scribendi dum extenderet manus digiti sui com- ponebaniur ultro quasi haberet pennam ad usum scribendi ”. 2. Siehe S. 58, Anm. 3 und 4. 3. Vergl. Acquoy : De Kroniek, S. 19. — Tücking : Geschichte des Gymnasiums von Neuss, S. 7 und 9. — Jessen : Vorgeschichte der latein. Schule zu Hardersleben. Hardersleben 1867 (Prog.), S. i3. — Vergl. über den Einfluss der Brüder auf die Schulen besonders Hirsche in Herzogs Real Encyclopädie, S. 751. — Ferner Paulsen, S. 114 ff. Schmid, II. Bd. II, 164 ff. - Janssen, Bd. I, 65 ff. — Ziegler, S. 5i f. Von Raumer : Geschichte der Pädagogik I, 66 ff. — Kämmel, 207-281. — 122 — vollständigen Schutzes in den städtischen Gebieten von selten der Stadt Zwolle in Händen zu haben 1. In dieser Angelegenheit wandten sich mehrere an den Schulrektor Johann van Dalen. Der eifrige und ordnungsliebende Mann that sofort die nötigen Schritte, um von der städtischen Behörde das Verlangte zu erwirken. Diese, stets bedacht auf die Ehre der Stadt und ihren Ruhm, welcher seit mehr als einem halben Jahrhundert wegen der Schule weit über die Grenzen des Stiftes Utrecht ver- breitet war, gewährte am St. Katharinentage (25. Nov.) des Jahres 1440 seine Bitte 3, indem sie allen fremden Studenten einen Freibrief ausstellte. Mit dieser Garantie für ihre Sicherheit versehen, strömten aus allen Gegenden Studierende in solcher Anzahl herbei, dass die beiden Alum- nate der Brüder nicht mehr genügten 4. Nacheinander entstanden mehrere andere Studien- resp. Erziehungs- häuser, welche teils unter der Leitung der Fraterherren, teils unter der eines frommen Priesters 5 standen. Die Zahl der Studierenden überstieg bald 500. Aber für die Ruhe und den inneren Frieden der Stadt waren die fremden Elemente, welche bei den Bürgern ihr unter- kommen gesucht hatten, nicht vorteilhaft 6. Ihr Mutwille und ihre Zügellosigkeiten kannten keine Grenzen : Wider- setzlichkeit gegen den Rektor und die Lehrer, sowie häufige Reibereien mit den Bürgern waren an der Tages- ordnung 7. Die Verwilderung nahm in der Weise zu, dass
1. Van Hattum : Geschiedenis, I deel, 11 stuk, S. 377. 2. Siehe Beilage IV. 3. Kapitel “ Studienhäuser in Zwolle ”. 4. Ibidem. 5. Kapitel “ Verwilderung der Studenten -”. 6. Van Hattum : I deel, II stuk, S. 401. — Vergl. Bydragen tot de Geschiedenis von Overyssel. Bd. IX. S. 100. — 123 — der Rektor sich gezwungen sah, die Hülfe des Landesherrn, des Bischofes von Utrecht, anzurufen und von ihm grössere Machtvollkommenheit zur Bestrafung der übelthäter zu verlangen. Der Bischof Rudolph von Cuilenburg will- fahrte seinem Gesuche durch einen strengen Erlass vom 9. April 1450, in welchem er ihm die Macht verleiht, die Ungehorsamen selbst mit Hülfe der städtischen Polizei zu bestrafen. Die Amtsdauer des Johann van Dalen ist von beson- derem Interesse durch den Aufenthalt des berühmten Johann Wessel Gansfort als Schüler und Lehrer der Schule. Wenn wir das Jahr 1419 1 als Wessels Geburtsjahr an- nehmen, so glauben wir nicht zu irren, wenn wir seine Thätigkeit an der Schule um das Jahr 1440 2 ansetzen. Sein Lehrer in den höchsten Klassen war Johann van Dalen selbst 3, welcher als Rektor verpflichtet war in der ersten Klasse zu unterrichten. Über Wessels Leben geht uns die Chronik des Fraterhauses mit wertvollen Notizen an die Hand. Seine Wohnung fand Wessel mit fünfzig andern Jünglingen in dem Konvikte der Fraterherren, genannt “ domus parva 4 ”. In demselben pflegte er besondere Freundschaft mit einem sehr frommen Jünglinge, Johann von Köln 5. Dieser war, ehe er die ZwoUer Schule be-
1. E.lUlmann: Reformatoren vor der Reformation, Gotha 1866. II. Bd., S. 239 und 260. — Herm. Schmidt in Herzogs Real Encycl. Bd. XVI, S. 792. 2. Acquoy : FCroniek S. 20 irrt offenkundig, wenn er annimmt, Wessel sei mit Joh. von Köln 1480 im Bruderhause zu Zwolle gewesen. Wessel (f 1489) war damals 60 Jahre alt und lebte abwechselnd in Zwolle und in dem Kloster Adwerd in stiller Zurückgezogenheit. 3. Vergl. Ullmann : Reform. II. Bd., S. 243. “ Wer Wessels Lehrer zu Zwolle in den Anfangsgründen der Wissenschaft gewesen, ist nicht zu ermitteln vy. 4. Siehe S. 67 fl\ 5. H. S. X. 92, fol. 45 r. <.<. Eodem tempore aderat quidam devotis- simus juvenis dictus Johannes de (^olonia, qui dum esset in saeculo.

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